Frisch Auf Göppingen Mit oder ohne Brack in die Zukunft?

Wer prägt die nächste Ära von Frisch Auf Göppingen? Der aktuelle Coach Rolf Brack, der im Dezember 64 wird – oder ein neuer Mann? Noch will diese strategische Entscheidung beim Handball-Bundesligisten keiner treffen.
Göppingen - Es gibt in Göppingen tatsächlich noch Menschen, die seit dem Amtsantritt von Rolf Brack am 27. September aus Protest nicht mehr in die Halle gehen. Die Vorbehalte dieser verschwindend geringen Zahl an Hardlinern rühren aus der Zeit, als das Trainer-Urgestein von den Fildern das ungeliebte Fusionsteam SG Frisch Auf Göppingen/Scharnhausen betreute. Über 20 Jahre später ist die große Mehrheit des traditionsbewussten grün-weißen Anhangs heilfroh, dass sich der anerkannte Handball-Experte zum Comeback entschlossen hat und mächtig Bewegung ins bisweilen etwas betriebsblinde Frisch-Auf-System bringt.
Auf dem Spielfeld hat Brack den Negativtrend gestoppt. Gegen potenzielle Kellerkinder hatte sein Vorgänger Magnus Andersson 4:6 Punkte geholt. Nach dem Trainerwechsel gab es gegen deutlich stärkere Gegner 5:7 Zähler, dazu den Einzug ins DHB-Pokal-Viertelfinale. „Die Entwicklung ist durchaus positiv“, sagt der Sportliche Leiter Christian Schöne. Und auch der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Weiß lobt vor dem Heimspiel an diesem Sonntag (15 Uhr/Sky) gegen den SC Magdeburg: „Es geht langsam aufwärts.“ Vor allem die Art und Weise, wie die Mannschaft auftritt, hat sich gewandelt und entspricht wieder dem vom Verein kommunizierten Leitbild mit den Attributen Emotionen, Herzblut, Leidenschaft. Mit einer Ausnahme: Das ernüchternde 32:38 gegen die Füchse Berlin zeigte, dass sich eine Mannschaft mit zum Teil nur mittelmäßigen Spielern nicht im Handumdrehen umbauen lässt, Verkrustungen nicht auf Knopfdruck zu lösen sind.
Brack sieht sich nicht als Feuerwehrmann
„Ich bin kein Feuerwehrmann, ich bin ein Langfrist-Trainer“, betont Brack. Sein Vertrag läuft am Saisonende aus, so lange hat der akademische Oberrat auch seine Tätigkeit an der Uni Stuttgart um 50 Prozent reduziert. Doch er brauche zwei bis drei Jahre, bis er ein Team nach seiner Spielidee entwickelt habe. Das zeigten auch seine Stationen TSV Scharnhausen (1984 bis 1994), VfL Pfullingen (1998 bis 2004) und HBW Balingen-Weilstetten (2004 bis 2013).
Die große Frage ist: Bekommt er in Göppingen die Zeit dafür? Will Frisch Auf mit ihm in eine neue Ära starten?
An Brack selbst würde es nicht scheitern. „Ohne Wenn und Aber, ich würde gerne weitermachen“, sagt er voller Entschlossenheit. Im Dezember wird er 64. Doch er sprüht vor Energie und Ideen. Und was sagen die Verantwortlichen bei Frisch Auf? Setzen sie auf den erfahrenen Fachmann, der auch unbequem ist, ungeschminkt seine Meinung sagt, der Typen braucht, die an ihre Grenzen gehen, bedingungslos nach Erfolgen jagen und die jede Niederlage persönlich nehmen? Oder entscheiden sie sich für eine andere Lösung – nach Velimir Petkovic (61), Andersson (51) und Brack etwa für einen jüngeren deutschen Trainer wie zum Beispiel Markus Gaugisch (43/vereinslos) oder Andre Haber (31/SC DHfK Leipzig)?
Trainer-Entscheidung erst Ende Dezember
Vor Ende Dezember werde keine Entscheidung fallen, meint Aufsichtsratschef Weiß: „Der Trainer muss sich bewähren, und er bekommt die Chance dazu.“ Und Schöne ergänzt: „Am Ende geht es immer um Ergebnisse, aber auch um die Frage, wie stellt sich der Verein künftig strategisch auf.“ Was er damit sagen will: Es ergibt wenig Sinn, den Vertrag mit Brack nur um ein Jahr zu verlängern, um danach womöglich wieder etwas ganz Neues zu machen. Es geht darum, mit Weitblick zu entscheiden, wem die Schlüsselrolle zukommt, Frisch Auf in die Zukunft zu führen und dem Traditionsclub neue Leuchtkraft zu verschaffen.
Dies wäre auch möglich mit einem Rolf Brack als Sportdirektor, doch das hält er selbst für weniger zielführend: Er verweist nach 35 Jahren Erfahrung im Trainergeschäft auf seine Stärken in der Trainings- und Wettkampfsteuerung. Der finanzielle Aspekt kommt hinzu: Wie ließe es sich mit dem schwäbischen Hang zum Sparen vereinbaren, neben einem Sportlichen Leiter (mit Schönes Arbeit ist der Verein zufrieden), einem neuen Toptrainer auch noch Brack zu bezahlen? Zumal es derzeit nicht einmal für einen Co-Trainer reicht und die erst kürzlich vereinbarte Zusammenarbeit mit Torwart-Trainer Aleksandr Vorontsov aufgrund unterschiedlicher Philosophien schon wieder beendet wurde. Es gibt viele Fragen. Die wichtigste sollte Frisch Auf nicht zu spät beantworten: Denn am Saisonende läuft nicht nur der Kontrakt des Trainers aus, sondern es enden auch sieben Spielerverträge.
Unsere Empfehlung für Sie

Oskar-Beck-Kolumne Bratwurst mit Gurkensalat
Warum werden die Schiedsrichter als Pfeifen beschimpft? Weil sie auch Unverdauliches servieren – wie unser Kolumnist Oskar Beck anschaulich aufzeigt.

Tiger Woods Golfstar bedankt sich für Unterstützung nach schwerem Unfall
Tiger Woods hat sich nach seinem schweren Autounfall erstmals selbst zu Wort gemeldet. Via Twitter bedankte sich der Golfstar am Sonntag für die Unterstützung seiner Kollegen und Fans.

Olympia-Qualifikation Handball Rückkehr des Kieler Blocks sorgt für Zuversicht
Mit dem stärksten Aufgebot kämpfen die deutschen Handballer beim Olympia-Qualifikationsturnier vom 12. bis zum 14. März um das Ticket für Tokio.

Nordische Ski-WM in Oberstdorf Leitwolf Karl Geiger motiviert das ganze Team
Karl Geiger hat sich aus dem Formtief gekämpft und bereits zwei Medaillen bei der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf geholt. Diese Geschichte soll das deutsche Team nun beflügeln.

Handball-Kader für die Olympia-Quali Bundestrainer Gislason freut sich über drei Rückkehrer
Bei den Olympischen Spielen wollen Deutschlands Handballer um eine Medaille kämpfen. Zuvor aber muss in der nächsten die Qualifikation für Tokio geschafft werden. Wir stellen den Kader vor.

Erste Fußball-Torschützin des Monats Bärbel Wohlleben und die Frage der Frisur
Bärbel Wohlleben zieht am Sonntag die Lose für die DFB-Pokal-Halbfinalspiele. Die ehemalige Fußballerin war erste Torschützin des Monats der Sportschau – und musste sich eine dummer Frage gefallen lassen.