Sebastian Heymann macht äußerlich einen topfitten Eindruck. Auch im Gespräch bestätigt der Rückraumspieler von Handball-Bundesligist Frisch Auf Göppingen diesen Eindruck: „Ich bin sehr zufrieden, wie alles läuft. Ich habe im Kraftraum gute Grundlagen gelegt. Jetzt läuft es von Training zu Training besser.“ Nur mit seinem Comeback auf dem Spielfeld wollen er und der Verein nichts überstürzen. „Wir setzen Basti nicht unter Druck. Wir tun gut daran, wenn wir nichts riskieren und er nicht zu früh in den Wettkampf einsteigt. Dafür ist er zu wertvoll“, sagt Athletiktrainer Dieter Bubeck.
Derby kommt wohl noch zu früh
Doch die Rückkehr ins Bundesliga-Geschehen ist absehbar. Wahrscheinlich wird Heymann nach dem Derby beim TVB Stuttgart (2. März, 19.05 Uhr/Porsche-Arena) noch die Länderspielpause nutzen, um dann im Heimspiel am 18. März (20.30 Uhr/EWS-Arena) gegen die SG Flensburg-Handewitt wieder auf der Platte zu stehen. Sehr wahrscheinlich, dass der 24-Jährige erst einmal in der Abwehr die ersten Gehversuche unternimmt. Im Angriff ist die Belastung für den 1,98-m-Riesen höher.
Zumal das Sprungbein des Rechtshänders betroffen war. Im Mai 2022 riss er sich das vordere Kreuzband am linken Knie. Bei seinem ersten Kreuzbandriss im Oktober 2019 hatte es ihn am rechten Knie erwischt. „Ich muss beim Springen und Landen einfach Vertrauen in mein Knie haben. Wer mich kennt, weiß, dass ich sehr ehrgeizig bin und so früh wie möglich wieder spielen will. Aber bei einer Pause von rund zehn Monaten kommt es auf einen Tag oder eine Woche auch nicht an“, bremst sich Heymann selbst.
Erfahrungswerte helfen
Dass er die Leidenszeit schon einmal mitmachte, sieht der Nationalspieler (17 Länderspiele, 30 Tore) als großen Vorteil. „Ich wusste, was auf mich zukommt, das hat mir vom Kopf her extrem geholfen. Und ich weiß, dass mein rechtes Knie superstabil hält“, sagt Heymann. Wenn es nach seinem zweiten Kreuzbandriss in der Reha mal zwickte, verfiel er nicht gleich in Panik. „Ich kannte diese Phasen mit Höhen und Tiefen, ich wusste, wie die Wundheilung verläuft, ich war nicht ängstlich. Dieses Wissen hat mir beim zweiten Mal vieles erleichtert.“
Heymann werde megafit aufs Feld zurückkehren, prophezeit sein Athletiktrainer. „Basti ist ohnehin ein Modellathlet, aber er hat körperlich noch einmal eine Schippe draufgelegt“, sagt Bubeck. „Man bekommt Angst, wenn man ihn sieht“, ergänzt Chefcoach Markus Baur mit einem Schmunzeln. Oberkörper, Arme, Beine sind noch muskulöser. In den vergangenen Wochen ging es darum, „die Muskulatur zu dehnen, auf Länge zu bringen, die Schnellkraft reinzupacken“, wie es Heymann selbst formuliert.
Regelmäßiger Austausch mit Gislason
Immer wieder steht er auch mit Bundestrainer Alfred Gislason in Kontakt. „Wir sind regelmäßig im Austausch, das letzte Update bekam er von mir Anfang Februar“, sagt der gebürtige Heilbronner. Der Isländer hält viel von Heymann. Die vergangene WM hat deutlich gezeigt, dass auf den Halbpositionen im Rückraum Bedarf an durchschlagskräftigen Spielern mit Shooterqualitäten besteht. Diese bringt ein gesunder Heymann mit, genauso wie Spielverständnis und ein sehr gutes Eins-gegen-eins-Verhalten. Gemeinsam mit Spielmacher Juri Knorr könnte er ein verheißungsvolles Gespann für die Zukunft sein. „Natürlich ist die Heim-EM 2024 ein Traum von mir. Es gibt nichts Größeres für einen Sportler, als solch ein großes Turnier im eigenen Land zu spielen, doch das ist noch in weiter Ferne“, hält Heymann den Ball flach.
Deutlich früher als die EM findet das Final Four um die Krone in der European League statt (27./28. Mai in Flensburg), für das er sich mit Frisch Auf Göppingen qualifizieren möchte. Dazu müssen allerdings nach dem letzten (bedeutungslosen) Hauptrundenspiel am 28. Februar (18.45 Uhr/EWS-Arena) gegen Montpellier HB erst noch die Hürden im Achtel- und dann im Viertelfinale genommen werden (Gegner noch offen). Heymann ist optimistisch, dass der Sprung ins Endturnier klappt: „Es ist noch ein weiter Weg, aber wenn wir dabei sein sollten, dann spielt man solch ein Turnier, um es zu gewinnen. Egal, ob wir Außenseiter sind oder nicht.“
Vertrag bis 2024
2017 hat er mit Frisch Auf schon einmal den EHF-Pokal gewonnen. Sein Vertrag läuft noch bis 2024, die Option, nach dieser Saison einen Tapetenwechsel vorzunehmen, ließ er verstreichen. „Unabhängig davon, dass es in meiner aktuellen Situation überhaupt keinen Sinn ergibt, über einen Wechsel nachzudenken, fühle ich mich bei Frisch Auf rundum wohl.“ Im kommenden Sommerurlaub will er sich gemeinsam mit seiner Freundin Anna Gedanken machen, wie und wo es für ihn nach der Saison 2023/24 weitergeht. Dann weiß er auch, ob sein linkes Knie genauso gut hält wie sein rechtes.
So geht’s weiter
Bundesliga
TVB Stuttgart – Frisch Auf (2. März, 19.05 Uhr), Frisch Auf – SG Flensburg-Handewitt (18. März, 20.30 Uhr), GWD Minden – Frisch Auf (25. März, 17.30 Uhr), Frisch Auf – Bergischer HC (2. April, 16.05 Uhr).
European League
Letztes Hauptrundenspiel: Frisch Auf – Montpellier HB (28. Februar, 18.45 Uhr). Achtelfinale: 21. März/28. März. Viertelfinale: 11. April/18. April. Final Four in Flensburg: 27. Mai/28. Mai. (jüf)