Der Mann ist nicht zu beneiden: Ausgerechnet in seinem 470. und letzten Pflichtspiel für Frisch Auf Göppingen muss Kapitän Manuel Späth gegen seinen künftigen Verein ran. Im schlimmsten Fall wirft er den TVB Stuttgart in die zweite Liga.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Göppingen - Manuel Späth hatte es so sehr gehofft. Gehofft, dass es am letzten Spieltagbeim Handball-Bundesliga-Derby zwischen seinem aktuellen Club Frisch Auf Göppingen und seinem künftigen Club TVB 1898 Stuttgart an diesem Samstag (16 Uhr/EWS-Arena) um nichts mehr geht. Doch der 27:23-Auswärtssieg des TBV Lemgo bei der TSV Hannover-Burgdorf am Mittwoch machte ihm einen Strich durch die Rechnung: „Ich bin enttäuscht. Das war ja fast schon Arbeitsverweigerung von Hannvover“, sagte Späth, der die Partie zu Hause am Fernseher verfolgt hat. Jetzt also braucht der TVB in Göppingen noch einen Punkt, um sicher den Klassenverbleib zu schaffen. Zumindest aber sollte sich die Mannschaft von Trainer Markus Baur keine hohe Niederlage einfangen. Der Vorsprung auf den Bergischen HC beträgt zwar zwei Punkte und 15 Tore, doch der Abstiegskonkurrent empfängt am Samstag ebenjene TSV Hannover-Burgdorf, die gegen Lemgo demonstrierte, warum sie nach 2:28 Punkten in Serie auf dem besten Weg ist, zum Gespött von Handball-Deutschland zu werden.

 

Vorbildlich: Späth ist ein Vollprofi mit Herz und Leidenschaft

Was das für Manuel Späth bedeutet? Er steht vor dem schwierigsten Spiel seiner Karriere. „Ein Finale zu spielen, ist auch nicht einfach, aber diese Konstellation hat es schon in sich“, sagt der 31-Jährige selbst. Im schlimmsten Fall wirft der Kreisläufer seinen künftigen Verein in die zweite Liga. Natürlich steht er noch bis zum 30. Juni bei Frisch Auf unter Vertrag. Natürlich ist er ein Vollprofi, ein Vorbild, ein Kämpfer mit tadelloser Einstellung. Doch andererseits geht es für den EHF-Pokalsieger nur noch darum, ob die Saison auf Platz neun, zehn oder elf abgeschlossen wird. Also im Prinzip um nichts. Es wäre doch also ein Leichtes, Späth diesen 60 minütigen Gewissenskonflikt zum Abschied zu ersparen. Erst gar kein Gerede aufkommen zu lassen, wenn er zwei-, dreimal freistehend am Tor vorbeiwirft.

Doch Späth wird spielen. Schon allein deshalb , weil Frisch Auf personell auf dem Zahnfleisch daherkommt. Auch mit Späth stehen Trainer Magnus Andersson am Samstag gerade einmal acht Feldspieler zur Verfügung. „Mir bleibt gar nichts anderes übrig, als am Ball zu sein. Also werde ich versuchen, alles um mich herum auszublenden“, meint der gebürtige Ruiter.

Rekordverdächtig: In elf Jahren nur ein Pflichtspiel verpasst

Das Derby wird seine letzte Partie für Frisch Auf sein. 470 Pflichtspiele hat Späth dann im grün-weißen Dress absolviert. Seit er 2006 vom Regionalligisten TSV Neuhausen/Filder kam, hat er nur ein einziges Mal gefehlt: In der vergangenen Saison beim Spiel in Kiel, als seine Ehefrau Vanessa Tochter Nora zur Welt brachte. Eine eindrucksvolle, rekordverdächtige Bilanz im Profisport. Wie sich der Zweimeter-Mann das erklärt? „Ich ernähre mich bewusst, betreibe Verletzungsprävention, aber manchmal habe ich einfach auch mal auf die Zähne gebissen. Ganz schmerzfrei ist man nie“, erzählt Späth.

Angesehen: Hohe Wertschätzung bei den Fans

Er ist nicht mit dem ganz großen handballerischen Talent gesegnet. Sein Wille, sein Einsatz, sein Fleiß, seine Leidenschaft und seine umgängliche, bescheidene Art sind es, warum ihn die Göppinger Handball-Fans in ihr Herz geschlossen haben. Zweimal wählten sie Späth zum Spieler des Jahres, stets stand er unter den ersten drei auf dem Treppchen. „Gerade weil ich in der Jugend praktisch nie in einer Auswahl gespielt habe, bin ich noch stolzer auf das, was ich erreicht habe“, betont er. 40-mal spielte der Rechtshänder für die Nationalmannschaft und erzielte dabei 43 Tore.

Titelhungrig: Abschied mit vier Europapokalsiegen

2011, 2012, 2016 und 2017 feierte er jeweils den EHF-Pokal-Sieg mit Frisch Auf. Die letzten beiden als Kapitän. „Der erste Triumph 2011 war extrem bedeutsam, weil es der erste Titel für den Verein seit 1972 war. Der letzte im Mai kam sehr unerwartet, getragen von einer gigantischen Stimmung gegen zwei richtig starke Gegner“, schwärmt Späth. Der Endspielsieg gegen die Füchse Berlin am 21. Mai bedeutete für den Abwehrspezialisten den perfekten Abschied, zumal Frisch Auf danach auch in der Liga die Kurve nach oben bekam.

Heimatverbunden: Späth bleibt der Region erhalten

Jetzt also noch der Showdown gegen seinen künftigen Club. Beim TVB hat er einen Zweijahresvertrag (plus Option für ein Jahr) unterschrieben. Er gilt auch für die zweite Liga. Die Alternative wäre das Ausland gewesen. Aus Frankreich lagen zwei Angebote vor. „Ich bin vom Projekt TVB Stuttgart überzeugt“, betont Späth. Doch zunächst stehen die verzwicktesten 60 Minuten seines Handballlebens an.