Der Vorsprung auf einen Abstiegsplatz beträgt nur drei Pluspunkte. Handball-Bundesligist Frisch Auf Auf Göppingen will vor dem Start nach der EM-Pause wachsam bleiben – und sucht einen neuen Mann für die Königsposition.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Göppingen - Mit Verspätung legt Handball-Bundesligist Frisch Auf Göppingen nach der EM-Pause los. Erst am kommenden Sonntag (16 Uhr) startet die Mannschaft von Trainer Hartmut Mayerhoffer beim TSV GWD Minden in die restlichen 15 Saisonspiele – mit gemischten Gefühlen.

 

Ausgangslage: Vom ambitionierten Saisonziel Platz sieben ist Frisch Auf Göppingen (15:23 Zähler) satte zehn Pluspunkte entfernt. Das Polster auf einen Abstiegsplatz beträgt nur drei Pluspunkte, wobei der Tabellen-Vorletzte Eulen Ludwigshafen (12:30 Punkte) bereits zwei Spiele mehr ausgetragen hat. „Wir müssen wachsam bleiben“, fordert Trainer Mayerhoffer. Und auch der Sportliche Leiter Christian Schöne sagt: „Wir können die Tabelle lesen.“ Nichts wird auf die leichte Schulter genommen, doch der Anspruch muss es sein, dass der Blick nach oben geht. „Wenn wir die beiden Nachholspiele gewinnen, hätten wir nur drei Punkte Rückstand auf Platz acht. Aber Rechenspiele bringen nichts“, erklärt Schöne. Zumal in den beiden Nachholspielen beim TVB Stuttgart (23. Februar, 13.30 Uhr) und daheim gegen die Rhein-Neckar Löwen (9. April, 19 Uhr) alles andere als Punkte garantiert sind. Schöne: „Wichtig wird sein, dass wir einen guten Pflichtspielstart 2020 hinlegen.“ Was nicht einfach wird: Von den nächsten vier Spielen gehen drei auswärts über die Bühne, nur gegen den Bergischen HC (13. Februar, 19 Uhr) hat Frisch Auf Heimrecht.

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Personalsituation: Von den drei EM-Teilnehmern kam nur der slowenische Nationaltorwart Urh Kastelic gesund zurück. Linkshänder Nemanja Zelenovic (Serbien) plagt eine Fersenprellung, Spielmacher Josip Peric (Bosnien-Herzegowina) hat mit muskulären Problemen im Oberschenkel zu kämpfen. Hinter beiden Rückraumspielern steht ein Fragezeichen für den Auftakt in Minden. Obwohl Rückraumass Sebastian Heymann nach seinem Kreuzbandriss Mitte Oktober 2019 gute Fortschritte macht, kommt ein Einsatz in der laufenden Saison nicht mehr infrage. Eine Nachverpflichtung (das Transferfenster schließt am 15. Februar) wird es aus finanziellen Gründen nicht geben. Schöne: „Der Etat ist ausgeschöpft.“

Transfers: Frisch Auf wird neben Heymann auf der Königsposition im linken Rückraum für die kommende Saison einen neuen Spieler verpflichten. Denn nach Informationen unserer Redaktion wird Ivan Sliskovic den Verein verlassen und zum portugiesischen Champions-League-Club FC Porto wechseln. Nur der Medizincheck beim von Ex-Frisch-Auf-Coach Magnus Andersson trainierten Verein steht beim Kroaten noch aus. Auch beim dänischen Rechtsaußen Tim Sörensen stehen die Zeichen eindeutig auf Trennung. Seine Position dürfte der 19-jährige Junioren-Nationalspieler Axel Goller (VfL Pfullingen) einnehmen, der bereits ein Zweifachspielrecht besitzt. Große Hoffnungen setzt Frisch Auf auf den bereits verpflichteten isländischen Nationalspieler Janus Smarason (Aalborg Handbold). Er wird sich mit Tim Kneule die Spielermacherposition teilen, Josip Peric dafür den Club verlassen.

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Ausblick: Der Vertrag mit Trainer Mayerhoffer wurde schon Anfang Dezember vorzeitig um zwei Jahre bis 2022 verlängert. Schöne verteidigt diese – zumindest was den Zeitpunkt betrifft – nicht unumstrittene Maßnahme: „Wir machen eine solche Entscheidung nicht von zwei oder drei gewonnen oder verlorenen Spielen abhängig, sondern von der grundsätzlichen Arbeitsweise. Und da sind wir zufrieden.“ Auf absehbare Zeit wird es auch eine Veränderung an der Spitze des Aufsichtsrats geben – Ulrich Weiß (76) plant schon seit Längerem, kürzer zu treten. Insgesamt muss sich Frisch Auf fragen, wohin der Weg führen soll. Fakt ist: Die Europapokal-Erfolge aus dem vergangenen Jahrzehnt (EHF-Cup-Siege 2011, 2012, 2016, 2017) konnten nicht verstetigt werden. Im Gegenteil: Die Tendenz geht nach unten. Für Schöne eine Folge der finanziellen Entwicklung in der besten Liga der Welt. „Wir sind auf unserem Niveau in etwa geblieben, doch andere Vereine wie der SC DHfK Leipzig, der HC Erlangen und die MT Melsungen sind vorbeigezogen.“ Die Tendenz gehe in die Großstädte und zu von Mäzenen unterstützten Clubs wie eben Melsungen. „Wir sind ein kultiger Traditionsverein, der seine Nische sucht“, so Schöne weiter. Die zu finden und erfolgreich zu sein, wird die Herkulesaufgabe der nächsten Wochen, Monate und Jahre.