Christine Dürr aus Leinfelden-Echterdingen war wegen des Lockdowns anderthalb Jahre nicht bei ihrem Stammfriseur in Stuttgart-Degerloch. Nun hat sie Haare gelassen und hilft damit kranken Kindern.

Echterdingen/Degerloch - Luftig und leicht: Christine Dürrs fransiger Bob passt zum sonnigen Frühlingswetter. Die 47-Jährige aus Echterdingen hat sich kürzlich erst eine neue Frisur verpassen lassen, und mit ihrem Äußeren scheint sie mehr als zufrieden zu sein. Dass die Strähnen am Hinterkopf ein kleines bisschen kürzer sind, als sie eigentlich zum Look passen würden, stört sie gar nicht. Im Gegenteil. „Die fünf Zentimeter wollte ich noch rausholen“, sagt sie und lächelt dabei breit. Beim Haarschnitt ging es nämlich um jedes Fitzelchen. Sie hat ihren langen Zopf gespendet.

 

Gut anderthalb Jahre lang, seit der Zeit vor dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020, war Christine Dürr zuvor nicht beim Friseur gewesen. „Meine Haare wachsen sehr üppig“, erzählt sie, und so kam in der langen Zeit ein beachtlicher Corona-Zopf zusammen.

„Normalerweise gehe ich alle drei Monate zu Friseur“, betont sie. Auf Facebook wurde sie auf die Möglichkeit der Haarspende aufmerksam und sagte sich: „Wenn, dann richtig.“ Gesagt, getan. Den Zopf hat sie sich in ihrem Stammsalon in Stuttgart-Degerloch hoch oben am Hinterkopf abtrennen lassen. Ganze 45 Zentimeter kamen so zusammen.

Online findet man Partnersalons

Christine Dürrs Haare haben die Reise ins Münsterland angetreten. Die Manufaktur Rieswick stellt laut eigener Angaben auf der Homepage www.haare-spenden.de aus den Strähnen Perücken für Kinder her und unterstützt diverse Organisationen, etwa die Deutsche Krebshilfe. Online kann man sich über das Thema informieren und auch Partnersalons finden. Gelistet ist dort unter anderem „Bellissima da Valentina“ in Echterdingen. Dort werden ebenfalls alte Zöpfe abgeschnitten. Auf der Facebook-Seite des Salons gibt es etliche Vorher-Nachher-Bilder jüngeren Datums. Um bis zu 55 Zentimeter haben Frauen in diesem Frühjahr dort ihr Haar für den guten Zweck kürzen lassen. Auch bei Overmann in Degerloch hat man Erfahrung mit Perücken und gespendeten Mähnen. Im März 2020 wurde dort eine Aktion ausgerichtet: Zopf gegen Gratis-Frisur.

Ihrer Wallemähne trauert Christine Dürr nicht nach. „Die Länge war dann irgendwann lästig“, sagt sie. Außerdem hofft sie, dass ihr Beispiel weitere Menschen dazu bewegt, die Schere anzusetzen und zu spenden. „Das ist einfach nicht bekannt. Viele Leute lassen ihr Haar abschneiden, und dann ist es verloren“, sagt sie. Um zu Perücken verarbeitet werden zu können, müssen die abgeschnitten Haare mindestens 25 Zentimeter lang, gewaschen, trocken, gekämmt und zu einem Zopf geflochten sein.

Manche Anbieter verarbeiten auch ausschließlich naturbelassenes Haar ohne Farbe oder Tönung. Christine Dürr betont: „Haare schneiden zu nicht weh.“ Und es wachse ja nach. Ihren nächsten Salontermin hat sie schon vereinbart, wie sie sagt. Zum 80. Geburtstag der Mutter im August will sie frisch frisiert erscheinen – dann ohne die kleine Kante am Hinterkopf.