Die schwedische Indie-Rock-Band Friska Viljor versprüht in der ausverkauften Röhre allerbeste Laune - und ganz viel Liebe.
Stuttgart - Mit einer tief ins Gesicht gezogenen Kapuze stand Joakim Sveningsson am Dienstagabend vor der Röhre und schaute verwundert. Eine lange Menschenschlange wartete vor dem Einlass, zudem verkündete ein kleines Schild: „ausverkauft“. An einem Dienstagabend. In Stuttgart.
Sveningsson, eine Hälfte der Stockholmer Band Friska Viljor, war bereits davon wohl so gerührt, dass er später auf der Bühne sagte: „Stuttgart fühlt sich fast ein bisschen wie Heimat an“. Und er ergänzte: „Entschuldigt bitte, dass ihr so lange draußen warten musstet! Das wollten wir nicht! Wir sind keine Rock-Divas!“
Und so spielten er und Daniel Johansson, unterstützt von drei Freunden an Schlagzeug, Bass und Keyboard dann auch auf. Mit den drei ersten Songs „If I die now“, „Wohlwill“ und „Gold“ gaben sie dem Publikum sofort, was es wollte. Treibende Gitarrenmelodien zum Mitwippen und Umherhüpfen, zum Mitsingen und Mitträllern – spätestens, wenn es an all die Ahahs, Ohohs und Lalalas geht.
Lieder schreiben im Suff
Laut Gründungsmythos der Band endete vor sechs Jahren eine durchzechte Nacht der beiden Schweden in einem Tonstudio. Vereint im Liebeskummer, die Beziehungen beider waren zerbrochen, musizierten sie gemeinsam. Und was dabei herauskam, gefiel ihnen so sehr, dass sie beschlossen: Wir machen weiter, schreiben die Lieder aber nur noch im Suff. Friska Viljor heißt übersetzt übrigens „gesunden Willen“.
In Stuttgart verbreiteten sie von Beginn an gute Laune. Weil sie mit einem ansteckenden Grinsen herumsprangen, aber auch weil sie mit ihrem liebevollen Indie-Pop-Rock ein Lächeln auf die Gesichter des Publikums brachten. Mit Sveningssons kratziger Stimme und ihren etwas schrägen Chorgesängen, zwei der Markenzeichen von Friska Viljor, klingen sie dabei zwar nie perfekt, aber immer voller Endorphine.
Da zu Suff und Liebe natürlich auch Melancholie gehört, hat die auch ihren festen Platz in Friska Viljors Repertoire. Begleitet nur von Gitarre, Melodica und Trompete besangen sie zwischendurch auch den Kummer in tieftraurigen Songs wie „Useless“.
Eine kleine Träne auf der Bühne
Doch die aufmunternden Melodien überwogen deutlich. Auch bei ihrem mitreißenden Electro-Stück „Monday“. Schließlich sang die versammelte Röhre-Glücksgemeinschaft später bei „Arpeggio“ zusammen „Let’s do something, out of the ordinary“ – und fühlte sich wohl so, als würde sie an diesem Novemberdienstagabend wirklich etwas ganz Ungewöhnliches tun. Es gipfelte darin, dass beim letzten Stück, Friska Viljors größtem Hit „Shotgun Sister“, alle in höchster Kopfstimme mitschmetterten. Und Sveningsson so gerührt war, dass er eine kleine Träne verdrückte und sagte: „Stuttgart, ihr lasst uns besser fühlen als wir wirklich sind.“
Mit ihrem aktuellen Album „The Beginning of the Beginning of the End“ touren Friska Viljor noch kräftig weiter. Am Samstag (12.11.) sind sie in Augsburg, zwei Tage später in Würzburg. Die Reise lohnt.