Die Fritz-Leonhardt-Realschule an der Wurmlinger Straße ist derart beliebt, dass über 30 potenzielle Schüler eine Absage erhalten haben. Eine Mutter beklagt sich über die angebotenen Alternativen.

Degerloch - Die Entscheidung musste schnell fallen: Vom neuen Schuljahr an geht ihr Sohn auf die Birken-Realschule in Heumaden. Dabei hatte Nicole Ottinger andere Pläne für ihren Spross: Nach der Grundschule sollte er die Fritz-Leonhardt-Realschule in Degerloch besuchen. Doch weil das viele, beziehungsweise zu viele wollen, haben die Ottingers von der weiterführenden Schule Mitte April eine Absage bekommen. „Die zur Verfügung stehenden Räume reichen nicht für die Aufnahme aller Schüler aus“, heißt es in dem Absagebescheid der Schule.

 

Dass sie nicht die einzigen sind, sondern es ihres Wissens nach allein in der Klasse ihres Sohnes sechs weiteren Kindern auch so ging, war für Nicole Ottinger kein Trost. Noch viel weniger waren es die Alternativen, die mit der Absage vorgeschlagen wurden: Gemeinschaftsschulen wie die genannte Anne-Frank-Realschule in Möhringen, die Plieninger Körschtalschule oder die Schickhardt-Realschule im Stuttgarter Süden sind für Ottinger schon wegen des Konzepts nicht geeignet. Bei den anderen Schulen, die weit nach Ende der Anmeldefrist noch freie Plätze haben, scheitert es für Ottinger am Weg: Um zur Robert-Koch-Realschule in Vaihingen zu gelangen, wäre ihr Sohn auf dreierlei Verkehrsmittel angewiesen und 40 Minuten unterwegs. Dann wären da noch die Schloss-Realschule im Stuttgarter Westen und die Neckar-Realschule im Norden. Auch sie sind für Ottinger indiskutabel: „Ich finde es nicht sinnvoll, einen Zehnjährigen quer durch die Stadt zu schicken.“

Rektorin überrascht

Die Fritz-Leonhardt-Schule wäre für die alleinerziehende Mutter aus Birkach schon deshalb ideal gewesen, weil sie auf Nicole Ottingers Arbeitsweg liegt und für ihren Sohn mit einer etwa zehnminütigen und umsteigefreien Busfahrt erreichbar wäre. Aber sie hatte die Schule auch ganz bewusst für ihren Nachwuchs ausgesucht, nachdem sie sich bei einem Infotag der Realschule über deren Konzept kundig gemacht hatte.

Dass es eventuell gar nicht genug Platz für alle geben könnte, wurde laut Ottinger bei diesem Infotag und auch auf ihre Nachfrage hin nie thematisiert. „Für mich war es eine Riesenüberraschung, dass wir dieses Jahr so vielen absagen mussten“, sagt Karin Grafmüller und bezeichnet es als eine ihrer undankbarsten Aufgaben. Über 30 Absagen hat die Rektorin der Fritz-Leonhardt-Realschule für das kommende Schuljahr erteilen müssen – mehr als eine Schulklasse. Drei fünfte Klassen á 30 Kinder werden es im Herbst sein. Dass keine kleinen Birkacher dabei sein werden, war auch für die Rektorin nicht abzusehen: „Birkach hat immer zum Einzugsgebiet gehört; bisher haben wir immer nur diejenigen von weiter weg abgelehnt.“

Mittelfristig vielleicht vierzügig

Das Problem, vor dem Eltern wie Nicole Ottinger nun stehen, kann Grafmüller nachvollziehen. Hoffnung machen mag sie jedoch auch künftigen Generationen von Fünftklässlern nicht. Denn selbst wenn die Albschule tatsächlich geschlossen wird, wie es die Stadt derzeit plant (siehe dazu Artikel unten), und die freigewordenen Grundschulräume der Fritz-Leonhardt-Schule zugute kommen – mehr Kinder will Grafmüller nicht aufnehmen: „Wir sind nicht auf Vierzügigkeit ausgelegt.“ Trotzdem werde dringend Platz benötigt. Aber eben, um den Schülern, die aufgenommen werden konnten, mehr bieten zu können.

Die Leiterin des Schulamts, Ulrike Brittinger, hält hingegen mittelfristig eine Prüfung, ob die Fritz-Leonhardt-Realschule vierzügig werden müsste, für denkbar. Dass die nun offenkundige Überfüllung der Schule den Plänen zur Grundschulfusion in Degerloch quasi in die Hände spielt, ist laut Brittinger Zufall: „Die Schule hat auf die Anmeldungen ja gar keinen Einfluss. Sie ist einfach sehr beliebt.“ Aber es gebe Alternativen: „Wir sehen die Stadt als Gesamtes. Und da haben wir Aufnahmemöglichkeiten mit zumutbaren Wegen.“

Der Schulweg ist bei ihrer Notlösung Birken-Realschule gar nicht mehr das Problem von Nicole Ottinger. Hier hakt es bei der fehlenden Nachmittagsbetreuung. Aber sie habe jetzt anmelden müssen – und muss, solange ihr Sohn in Heumaden die Schulbank drückt, auf die Unterstützung ihrer Eltern zählen. Denn ein Ausbau der Betreuungszeiten ist an der Schule nicht geplant, wie deren Leiterin Annette Weber sagt: „Der Bedarf schien nicht so dringend.“ Sie verweist auf die Angebote vom Jugendtreff und der Mobilen Jugendarbeit.