In 90 Prozent der Fälle ist die eigentliche Ursache für FTD unbekannt, in zehn Prozent ist die Frontotemporale Demenz genetisch bedingt. Drei Gene sind bereits bekannt. „Bei Alzheimer und FTD scheinen ganz unterschiedliche Botenstoffsysteme gestört zu sein“, sagt Diehl-Schmid. Während bei Alzheimer das sogenannte cholinerge System betroffen sei, das unter anderem für die Freisetzung des Botenstoffs Acetylcholin zuständig ist, gebe es bei FTD Hinweise auf Störungen bei den Botenstoffen Serotonin und Dopamin. Bei FTD versuchen Ärzte bislang daher einen etwaigen Serotoninmangel mit Serotoninwiederaufnahmehemmern auszugleichen. Sie werden auch zur Therapie von Depressionen verwendet. „Sind Patienten mit FTD aggressiv, bekommen sie Beruhigungsmittel. Und das war auch schon das ganze verfügbare Arsenal an geeigneten Medikamenten bei FTD“, so Diehl-Schmid. „Da die Ursachen noch weitestgehend im Dunkeln liegen, gibt es noch kein Mittel.“

 

Bekannt ist, dass der Nervenzellentod bei einem Teil der Patienten vermutlich durch Ablagerungen des Tau-Proteins im Gehirn verursacht wird. In München und einigen weiteren FTD-Zentren in Deutschland läuft nun eine Pilotstudie, eine sogenannte Tau-Immunisierungsstudie, mit rund 30 FTD-Patienten an. „Teilnehmen werden nur Patienten, bei denen die Sprachstörung das führende Symptom ist, da bei diesen Patienten mit größter Wahrscheinlichkeit eben die Tau-Ablagerungen die Krankheit verursachen“, so Diehl-Schmid. In der Studie soll die Reaktion des Immunsystems der Patienten auf eine „Impfung“ mit einem synthetischen Tau-Protein untersucht werden sowie der Effekt auf das Fortschreiten der Symptomatik.

Vor allem Angehörige haben den Leidensdruck

Doch was ist mit den Angehörigen? Bei FTD sind vor allem sie es, die den Leidensdruck haben, sagt die Münchner Medizinerin. Sie kennt die Problematik nur zu gut, hat sie doch bereits 2002 die erste Angehörigengruppe für Frontotemporale Demenzen in Deutschland gegründet. Die Angehörigengruppe stellt Hilfe, Information und Beratung für Angehörige bereit. „Die Patienten fühlen sich zumeist relativ wohl. Aber Angehörige von FTD-Patienten müssen unbedingt auf ihre körperliche und psychische Gesundheit achten und sich, wenn möglich, Hilfe bei einem Psychologen oder Psychotherapeuten holen“, rät Diehl-Schmid.

Verhaltensweisen ändern sich manchmal mit der Zeit. Mitunter zum Besseren, so dass Angehörige sie als nicht mehr so belastend empfinden, so Diehl-Schmid. Viele Angehörige brauchen Unterstützung bei der Betreuung, wie sie ambulante Dienste, Nachbarschaftshilfe, ehrenamtlich Helfer und andere soziale Einrichtungen anbieten. Es fehlen aber meist gute Betreuungsmöglichkeiten, wenn die Patienten nicht mehr zu Hause leben können.