Kaum hält der Frühling Einzug, liegt auch schon der erste Spargel auf den Markttischen. Häufig aus dem Ausland, manchmal aber auch schon aus Deutschland. Da haben dann gelegentlich die Bauern nachgeholfen – mit dem Kühlwasser aus Kraftwerken.

Stuttgart - Ja ist denn schon Frühling? Meteorologisch bereits seit dem 1. März, astronomisch von Donnerstagabend, 23.45 Uhr, an – und gefühlt, seit vor ein paar Tagen auf dem Stuttgarter Markt auf einmal diese weißen, fein drapierten Stangen lockten. Der Spargel ist schon wieder da, manche aus weit entfernten und unbekannten Ländern, aber auch deutscher. Beim Preis zuckt der Schwabe natürlich noch ein bisschen zusammen – zwischen 12,50 Euro und 18,50 fürs Kilo, das ist happig für ein Gemüse, das zu 90 Prozent aus Wasser besteht. Aber wer gerne bei Spargel, Schinken, Flädle und fetter Soß’ den Lenz besingen will, der muss halt blechen.

 

„Die große Menge ist es noch nicht“, sagt Christian Koch, der seit 13 Jahren als badischer Spargelmann auf dem Stuttgarter Marktplatz Württemberger beglückt, „ein paar Kilo am Tag vielleicht.“ Gerade packt er „sieben von dene Dicke do“ für einen Kunden ein. Aber wie geht das eigentlich, deutscher Spargel Mitte März? Kochs deutsche Spargel kommen derzeit noch aus Bayern. Der Experte erklärt, wie die das machen: dreifache Abdeckung, damit es mollig bleibt im Boden, eine Folie direkt auf den Dreck, eine zweite mit ein paar Zentimeter Luft dazwischen obendrüber und dann noch eine dritte, als eine Art Zelt über fünf Reihen hinweg.

Heizrohre in den Spargelfeldern

So wird es oft gemacht, aber es geht auch anders – ganz anders. Symbiotisch sozusagen. Kraftwerke aller Art geben bekanntlich jede Menge Wärme ab. Für das Einleiten von Kühlwasser in Flüsse müssen die Betreiber Gebühren bezahlen. Da gab es dann vielerorts die Idee, das aufgewärmte Kühlwasser nicht direkt in den Fluss, sondern erst einmal in Heizrohren durch Spargelfelder zu leiten. Dadurch wird der Boden warm, das Wasser kühl, und alle sind glücklich. In Castrop-Rauxel in Nordrhein-Westfalen hat der Bauer Alfons Hester das Konzept einst auf die Spitze getrieben, pro Stunde 100 000 Liter Kühlwasser aus einem Kohlekraftwerk durch ein 30 Kilometer langes Leitungssystem durch seine Felder gedrückt. Das soll ihm 2400 Liter Heizöl gespart haben – am Tag.

Der Stuttgarter Spargelmann Krach kann nicht sagen, ob sein Frühgemüse kraftwerksgedopt ist, aber es ist durchaus möglich. Von morgen an sollen nun die ersten frisch gestochenen badischen Spargel den bayerischen langsam ablösen. Auf dem Großmarkt in Bruchsal nimmt das Angebot zu, und bis zur Hochsaison wird dann der Preis von knapp 20 Euro für ein Kilo auf fünf Euro sinken. Sagt Christian Koch, der jetzt wieder drei Tage die Woche zu einer Zeit aufsteht, zu der manche erst schlafen gehen und um kurz nach fünf Uhr auf dem Marktplatz seinen Stand aufbaut.

Gut für die Gesundheit

Dann geht es los mit dem Gemüse, dem man ja segensreiche Wirkungen nachsagt. Entwässernd, gut für Leber, Galle und Nieren. Wem das nicht genügt – der Spargel soll auch die Durchblutung im Urogenitaltrakt erhöhen. Klingt schrecklich, dieser Bereich soll aber im Frühling ziemlich aktiv sein. Das behaupten Studien, die aber auch schon widerlegt sind. Der Spargel könnte also aphrodisierende Eigenschaften haben. Ob es dazu auch Flädle und Schinken braucht, ist nicht bekannt.

Wer glaubt, dass deutscher Spargel Mitte März sehr früh wäre, der irrt. Vor einem Jahr lag nach einem Winter, der keiner war, der erste deutsche Asparagus officinalis bereits am 19. Februar auf dem Markttisch von Christian Koch. „Den wollte damals aber kaum einer haben“, erinnert sich der Spargelmann. „Das war dann doch zu früh.“