Festwirt Peter Grandl verweigert jeden Kommentar, wenn es um die jährliche Feier der Realschulabsolventen bei ihm geht. Die Berichterstattung sei zu negativ. Dabei hat es selbst die Polizei aufgegeben, vor Ort Präventionsarbeit gegen übermäßigen Alkoholkonsum zu leisten.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Gesetzlich geregelt ist: Wer 16 Jahre alt ist, darf Alkohol trinken, solange es kein harter Stoff ist. Wenn die schriftlichen Realschulprüfungen in Baden-Württemberg zu Ende gehen wie an diesem Dienstag, dann kann das auch mal deutlich über den Durst sein, ohne dass der Jugendschutz etwas dagegen tun könnte. Traditionell wird das seit einigen Jahren bei Festwirt Peter Grandl in dessen Hofbräu-Zelt auf dem Frühlingsfest so zelebriert.

 

Die Bilanz des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) vom Dienstag: 30 Volltrunkene, die versorgt werden mussten (Stand 18 Uhr). Obwohl es im Zelt rappelvoll war, geriet das DRK nicht an seine Grenzen. „Wir waren der Lage jederzeit Herr“, sagt Waltraud Mohr, Einseitzleiterin der Wasenwache.

Ernüchterter in ihrem Versuch, die Jugendlichen vor dem Vollrausch zu bewahren, scheint da die Polizei zu sein. Die Beamten hatten in den Vorjahren versucht, mit Präventionsständen vor dem Festgelände über die Risiken des Alkoholmissbrauchs aufzuklären. Das hat sie mittlerweile aufgegeben. „Viele der Jugendlichen kommen schon betrunken an und sind für unsere Arbeit dann nicht mehr empfänglich“, sagt Ulrich Sauter vom Dezernat Suchtprävention. Infostände, die über Suchtgefahren aufklären, gibt es darum während des Frühlingsfests nur noch mittwochs. Da erwartet die Polizei offenbar, dass mehr Besucher zumindest noch vor dem Volksfestbesuch nüchtern sind.

Nicht so am Realschulabsolvententag. Da glühen einige der jungen Bierzeltbesucher auf dem Weg von der S-Bahn zum Wasen mit hartem Alkohol vor, weil im Hofbräu-Zelt an diesem Tag kein Schnaps ausgeschenkt wird. Festwirt Peter Grandl gab unserer Zeitung zur Veranstaltung keinerlei Auskünfte. Der Grund dafür sei die angeblich negative Berichterstattung. In den vergangenen Jahren waren vor Ort auch Szenen beobachtet worden, die die Grenzen des ausgelassenen Feierns weit überschritten.

„Hier ist es voll geil!“

Ein Security-Mann, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, war dafür auskunftsfreudiger. Er erzählte, dass er alle Hände voll zu tun habe, weil einige der betrunkenen Jugendlichen ihn und seine Kollegen sehr respektlos behandelten und beschimpften. Außerdem finde er es auch ziemlich eklig, junge Menschen, die schwer vom Alkohol gezeichnet sind, aus dem Zelt tragen zu müssen.

Dass er vermutlich nicht übertrieben hat, untermauern solche Eindrücke: Ein Jugendlicher verwechselt einen Holzpfeiler, der das Zelt stützt, offenbar mit einer Frau, umarmt ihn innig. Damit sorgt er unter den Umstehenden zumindest für Belustigung.

Natürlich übertreiben es die meisten Festzeltbesucher nicht derartig. Die Jugendlichen scheinen viel Spaß zu haben, tanzen auf den Bierbänken, singen die Partylieder mit und wollen vor allem den Prüfungsstress erst mal vergessen. Das gelingt auf unterschiedliche Weise: Einige hängen sich in den Armen. Manche torkeln alleine betrunken herum. Andere knutschen.

Eine 17-Jährige trinkt ihr erstes Radler, strahlt über beide Wangen und will einfach die Stimmung genießen. „Hier ist es voll geil!“, ruft sie und prostet ihrem Freund zu. Zur Prüfung an die Gerhard-Hauptmann-Realschule in Leonberg ist sie extra schon im Dirndl gekommen, damit sie sich nicht noch extra umziehen muss, bevor es zur Party geht. Und wenn ihr ein Betrunkener blöd komme, würde ja ihr „Schatz“ schon auf sie aufpassen. Der grölt nur: „Heute lassen wir die Sau raus!“

Schön, wenn sie sich unabhängig davon wirklich auf ihn verlassen kann. Denn ein paar Meter weiter ist das schwitzende Sicherheitspersonal schon wieder mit einem Betrunkenen beschäftigt. Was der Mann sagt, ist in seinem Zustand kaum verständlich. Vielleicht hätte es ihm gut getan, besser über die Gefahren von Alkohol aufgeklärt worden zu sein.