Neuntklässler des Marbacher Schillergymnasiums haben mit einer eigenen Theaterinszenierung eine magische Atmosphäre erzeugt.
Das Publikum hatte kaum Platz genommen, da war der Theaterabend fast schon wieder vorbei. So jedenfalls könnte es manchem Besucher vorgekommen sein, der am Samstag als Gast in der Aula des Friedrich-Schiller-Gymnasiums Platz genommen hat. Nicht wie üblich auf bequemen Stühlen, sondern auf bereitgelegten Gymnastikmatten oder Hockern. Schließlich waren die Gäste nicht zum entspannten Konsumieren da, sondern sie wurden geistig wie körperlich – mit sich immer wieder verändernden Bühnen – gefordert.
Die acht kurzen Theatersequenzen, die die Kimko-Klasse 9 (Kunstprofilklasse intermediale Kommunikation) unter das Motto „Sichtbar-Unsichtbar – Kannst du es sehen“ gestellt hatte, wurden zwar in nicht mal einer Stunde abgehandelt, doch die Wirkung der angesprochenen Themen, dürfte besonders nachhaltig sein und die Besucher mit einer Fülle an Anregungen nach Hause entsendet haben. Eine Wirkung die gewollt ist, denn das Stück „lädt das Publikum ein, die Grenzen dessen zu hinterfragen, was als wahr wahrgenommen wird und sich darauf einzulassen, was nicht der Wahrheit entspricht“.
Große Herausforderung
Die Darstellenden fordern keine Antworten, „sondern öffnen ein Fenster für die Betrachtung des Zwiespalts, der das Verständnis unserer Welt prägt“. So jedenfalls will es die Kimko-Projektgruppe Presse verstanden wissen, die die Absicht entsprechend im Programm formuliert hat. Einfach dürfte es nicht gewesen sein, umzusetzen, was in den Köpfen der knapp drei Dutzend Schülerinnen und Schülern existierte. „Das war auch die größte Herausforderung. Wir wussten bis gestern selbst noch nicht, wie das gesamte Stück wird. Man sieht es erst, wenn alle Puzzleteile zusammengefügt werden“, kommentierte die Kimko-Lehrerin Nicola Höllwarth das langwierige Procedere, „darstellende Kunst auf die Bühne zu bringen“.
Doch dazwischen lagen intensive Stunden des Probenwochenendes, die in eine Veranstaltung gipfelten, die sensibel und kreativ acht Denkanstöße auf die Bühne brachte, die meist um die diversen Facetten des Menschseins kreisen. So etwa das Thema Ausgrenzung aufgrund von Andersartigkeit. Die Darstellenden versuchten es auf stark reduzierte Weise und verzichteten sogar auf die Sprache. Wie sie es dennoch schafften, eine deutliche Sprache zu sprechen, ist eindrucksvoll wie kreativ zugleich.
Eine berührende Darbietung
Unter die Haut geht die Sequenz mit dem Titel „Unter der Oberfläche“. Eine junge Frau erhält die Diagnose „unheilbarer Krebs“. Eindrucksvoll und mit außergewöhnlichen Ideen zeigen die drei Schauspielerinnen wie sich der Körper allmählich selbst zerstört. Doch die glitzernde Seele will nicht aufgeben – eine berührende Darbietung.
Eine innere Zerreißprobe thematisieren die Darstellenden mit dem „Schritt ins Ungewisse“. Durch die Bestätigung, einen Platz an der Traum-Uni zu erhalten, gerät ein Mädchen ins Wanken und wird – dargestellt durch die personifizierte Ungewissheit und Sicherheit – von der einen Seite auf die andere gezogen.
Seit Oktober probten die Kimko-Lehrerinnen Anja Abele und Nicola Höllwarth mit ihren Schützlingen, die mit dem Kunstprofil auch Kunstformen außerhalb der bildenden Kunst erarbeiten. Außer dem Theaterteam und der Presseprojektgruppe arbeitet auch die Gruppe der Kuratoren mit. Sie alle erlebten mit dem Erarbeiten ihres Theaterstoffes, „welche schlummernden Talente in ihnen wohnen und wie sie es schaffen, über sich hinauszuwachsen. Das ist besonders schön mitzuerleben“, beschreibt Höllwarth den Lernprozess, der mitunter auch schwierig sein könne. „Die Jugendlichen lernen, mit viel Freiheit umzugehen und ständig Entscheidungen zu treffen. Aber auch Krisen und Frust durchzustehen, weil nicht gleich die erste Idee zielführend sein muss.“