Vor zwei Jahren ist Giovannah Stephanie Rahantaniaina 8000 Kilometer weit nach Deutschland gereist. Jetzt macht sie ein Freiwilliges Soziales Jahr im Altenpflegeheim Otto-Mörike-Stift.

Weissach - Eine neue Sprache lernen, in einer fremden Kultur leben und auf ganz andere Menschen treffen. Davor hatte ich erst richtig Angst“, erzählt Giovannah Stephanie Rahantaniaina. „Aber jetzt bin ich sehr glücklich, hier in Flacht zu sein.“ Vor zwei Jahren hat sie noch mehr als 8000 Kilometer entfernt in ihrem Heimatland Madagaskar gelebt. Heute macht sie ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Otto-Mörike-Stift in Flacht.

 

Das Stift beschäftigt regelmäßig FSJler aus anderen Ländern. Bei der Samariterstiftung sei das sehr verbreitet, erklärt die Leiterin in Flacht, Stefanie Liebig. Die Mitarbeiter werden vom Diakonischen Institut zugewiesen. „Ich empfinde das als sehr wertvoll, Menschen verschiedener Nationalitäten hier zu haben“, sagt Liebig. Eine Voraussetzung sei das selbstverständlich nicht, „wir nehmen auch FSJler von hier“. Die Bewerberlage von Interessenten aus Deutschland sei allerdings sehr gering. Aktuell arbeiten im Otto-Mörike-Stift zwei Freiwillige aus Madagaskar und aus Indonesien, als nächstes erwartet die Einrichtung eine neue Mitarbeiterin aus Nepal.

Eine Bewerbung – und prompt eine Stelle

Die 25-jährige Giovannah Rahantaniaina ist in Madagaskar aufgewachsen, ging dort zur Schule und machte anschließend eine Ausbildung zur Hebamme. Mit den Jahren zog es sie jedoch immer weiter weg von zu Hause. „Mein Traum war es, nach Europa zu reisen und etwas ganz Neues zu erleben“, erzählt sie. Deutschland habe ihr schon immer gut gefallen, deswegen machte sie sich 2015 auf die große Reise und nahm eine Au-pair-Stelle für ein Jahr in Leutkirch im Schwarzwald an.

Danach wollte Giovannah Rahantaniaina unbedingt noch mehr von Deutschland sehen und weiter mit Menschen zusammenarbeiten. Sie bewarb sich für ein FSJ im Altenpflegeheim Otto-Mörike-Stift und wurde direkt angenommen. „Ich habe mich sehr über die Zusage gefreut, trotzdem hatte ich ein bisschen Angst vor der neuen Aufgabe“, sagt die junge Frau. Doch nach dem ersten Arbeitstag war alle Aufregung verschwunden. „Meine Kollegen haben mich direkt aufgenommen und mir viel geholfen. Auch die Bewohner haben mich sofort akzeptiert und mir alles erklärt, auch die schwäbischen Begriffe.“

Eine multikulturelle Wohngemeinschaft

In Antananarivo, der Hauptstadt Madagaskars, hatte Giovannah Rahantaniaina vor ihrer Reise bereits einen Deutschkurs am Goethe-Institut besucht. „Aber hier in Deutschland lernt man die Sprache viel besser. Die Arbeit mit Menschen zusammen hat mir dabei sehr geholfen.“

Während ihres FSJ lernt sie den Beruf des Pflegehelfers kennen. Essen im Pflegeheim austeilen, Blutdruck und Puls messen und auch die Körperpflege der Bewohner gehören zu ihren täglichen Aufgaben. „Oft ist es sehr anstrengend“, berichtet die freiwillige Mitarbeiterin. „Aber trotzdem macht mir die Arbeit Spaß, und bei Problemen helfen mir meine Arbeitskollegen.“ Zusammen mit vier anderen freiwilligen Mitarbeiterinnen aus Madagaskar, Kenia, Kirgistan und Nepal lebt Giovannah Rahantaniaina in einem Wohnheim direkt in Flacht. „Mit meinen Mitbewohnern ist es immer lustig, oft gehen wir in unserer Freizeit nach Stuttgart auf die Königsstraße. Ich habe mich schnell hier eingelebt“, erzählt sie.

„Ich will noch so viel von Deutschland sehen“

An das deutsche Essen musste sie sich aber erst einmal gewöhnen. „In Madagaskar essen wir drei Mal am Tag warm und ganz viel Reis, hier im Pflegeheim gibt es abends meistens nur Brot mit verschiedenen Auflagen. Aber ich mag schwäbisches Essen, vor allem Spätzle mit Rotkraut“, schwärmt sie. Auch die kalte Winterzeit war anfangs Neuland für die 25-Jährige. „Bei uns in Madagaskar gibt es keinen Winter, es ist immer sehr warm und fast nie unter 20 Grad. In Deutschland habe ich zum ersten Mal in meinem Leben Schnee gesehen“, erzählt sie begeistert. Trotz der vielen positiven Erfahrungen während ihrer Zeit in Deutschland hat sie Sehnsucht nach ihrer Familie in Madagaskar. „Vor allem an Feiertagen vermisse ich meine Eltern und Geschwister sehr. Aber wir haben viel Kontakt und telefonieren oft.“

Nach dem FSJ möchte Giovannah Rahantaniaina eine Ausbildung als Krankenschwester machen, am liebsten in München. „Ich will noch so viel von Deutschland sehen, bevor ich wieder zurück nach Hause fliege“, erzählt sie. „Die Möglichkeiten hier muss ich unbedingt ausnutzen.“