In ganz Deutschland müssen jährlich rund 95.000 Personen zur MPU, weil sie ihren Führerschein abgeben mussten. Der Tüv Süd will den Ruf des sogenannten Idiotentests nun verbessern.

Stuttgart - Der Verkehrspsychologe Thomas Wagenpfeil verallgemeinert nicht gern. Das hat wohl mit seiner Profession zu tun: Er ist Psychologe und be- oder gar verurteilt zunächst nicht (jedenfalls nicht so, dass ein Patient es mitbekommen würde). Wenn er aber über die Verkehrssünder spricht, die zu einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) müssen, dann redet Thomas Wagenpfeil Klartext und sagt ohne viel psychologische Zurückhaltung und Feinfühligkeit: „Das ist ganz klar ein männliches Problem.“ Die Zahlen beweisen dies: 85 Prozent der Teilnehmer sind Männer.

 

Landläufig ist die MPU auch als „Idiotentest“ bekannt – der TÜV Süd hat sich nun auf die Fahnen geschrieben, das Image dieser Untersuchung aufzubessern und hat aus diesem Grund die Presse eingeladen. Um zu zeigen, dass es „keine schlimme Sache“ ist, wie Wagenpfeil sagt. Für genug alkoholische Getränke ist an dem Abend auch gesorgt – schließlich soll die schreibende Zunft am besten gleich am eigenen Körper erfahren, wie der Alkohol die Konzentrationsfähigkeit einschränkt.

Jährlich müssen 95.000 Personen zur MPU

Vor dem feucht-fröhlichen Teil gibt es allerdings erst einmal die trockene Theorie. Nicht zu lange solle er reden, erklärt der Verkehrspsychologe, die Pressesprecherin habe ihn ermahnt: „Sonst langweilen sich die Journalisten.“ Also spricht erst mal der Kollege, Axel Uhle, Mitglied der Geschäftsleitung beim Tüv Süd und Verkehrspsychologe. Er blättert durch die Präsentation, erzählt, dass im Jahr 2013 deutschlandweit 95.000 Personen eine MPU mitmachen mussten. Zahlen für die Stuttgarter Region kann er nicht nennen. „Gibt es nicht“, sagt er. „Aber die Zahlen verteilen sich gleichmäßig auf das ganze Land“, erklärt sein Kollege Thomas Wagenpfeil.

28 Prozent müssen wegen Trunkenheit am Steuer zu der Untersuchung. Überhaupt ist Alkohol der häufigste Grund, weshalb der Führerschein entzogen und eine MPU angeordnet wird, teilt der Tüv Süd mit. Wer mit einem Alkoholwert von 1,1 Promille oder mehr im Blut in Baden-Württemberg am Steuer erwischt wird, muss mit einem mindestens sechs Monate währenden Entzug der Fahrerlaubnis rechnen – im Gegensatz zu einem Fahrverbot von einem bis drei Monaten, das bereits ab einer Höhe von 0,5 Promille verhängt werden kann. Wer seine Fahrerlaubnis wieder zurück haben möchte, muss nach einer etwa einjährigen Sperrfrist beweisen, dass er keine Gefährdung für den Straßenverkehr ist. Das muss der Verkehrssünder in drei Schritten tun: Bei einem Konzentrations- und Reaktionstest, durch eine verkehrsmedizinische Untersuchung und bei einem einstündigen Gespräch mit einem Verkehrspsychologen. 34 Prozent fallen beim ersten Mal durch.

Vorbereitung muss sein

Es gehe um eine dauerhafte Einstellungs- und Verhaltensänderung, betonen die beiden Verkehrspsychologen. Im persönlichen Gespräch machen sich die Psychologen ein genaues Bild davon, ob bei ihren Klienten Einsicht tatsächlich vorhanden ist – oder ob die Reue nur gespielt ist. „Im Internet werden Schauspielkurse extra für die MPU angeboten“, sagt Wagenpfeil und winkt ab: „Bringt nichts, wir finden heraus, ob wir angelogen werden.“ Stattdessen verweist er auf sein Buch, dass gerade in der 16. Auflage erschienen ist. Eine Vorbereitung müsse in jedem Fall sein, sagt er: „Aber seriös!“

Ganz seriös geht es zum Selbstversuch unter strenger Beobachtung der Profis: Der Reaktionstest sollte zumindest für Menschen, die regelmäßig beim Flippern ihre Fingerfertigkeiten zeigen, kein Problem sein. Allerdings falle da auch selten jemand durch, erklären die Tüv-Mitarbeiter. Spannender ist der Promilletest, den die Fachleute vorbereitet haben. Ein kleines Bier und drei 0,1 Liter Gläser Weißwein in von einer Stunde bringen die durchschnittliche Frau auf einen Alkoholwert von 0,4 Promille im Blut – und selbst damit lässt sie das Auto besser stehen.