Führungskrise in Leonberg OB Cohn krank: Müssen es nun Ehrenamtliche richten?

Im Moment steht Martin Georg Cohn nicht zur Verfügung. Aus welchem Grund, das wurde bisher nicht bekannt gegeben. Foto: Jürgen Bach/Archiv

Die Lage im Leonberger Rathaus spitzt sich zu: Der Oberbürgermeister Martin Georg Cohn fällt den ganzen Mai aus. Der Gemeinderat wählt für den Notfall aus den eigenen Reihen drei Stellvertreter.

Leonberg: Thomas K. Slotwinski (slo)

Die Leonberger Stadträte müssen am Donnerstag eine Extraschicht einlegen. In einer Sondersitzung werden sie aus ihren Reihen drei ehrenamtliche stellvertretende Bürgermeister wählen. Diese kämen zum Einsatz, sollte die hauptamtliche Verwaltungsspitze, also der OB und die beiden Bürgermeister, gänzlich abwesend sein.

 

Dass dieser Fall eintritt, ist nicht unwahrscheinlich. Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) ist den kompletten Mai krank geschrieben. Der städtische Pressesprecher Sebastian Küster bestätigte jetzt auf Anfrage entsprechende Gerüchte, die seit Anfang der vergangenen Woche die Runde machen.

Einen Grund für die Krankschreibung nannte Küster nicht, auch nicht ob sie mit den jüngst erhobenen Vorwürfen der möglichen Vorteilsnahme gegen Cohn zusammenhängen. Im Juni werde der Oberbürgermeister die Geschäfte wieder aufnehmen.

Dass die Stadtverwaltung nun ruckartig eine Sondersitzung zur Wahl dreier ehrenamtlicher Stellvertreter einberufen hat, dürfte auch mit kritischen Nachfragen der Freien Wähler und der CDU zu tun haben. Beide Fraktionen hatten sich im Rathaus erkundigt, was passiere, wenn Klaus Brenner plötzlich ausfalle. Der Baubürgermeister führt nach der Krankmeldung des Oberbürgermeisters nun alleine die Geschäfte der Verwaltung mit rund 1000 Beschäftigten.

Plötzliche Auszeit des OB

Die eigentliche Stellvertreterin Josefa Schmid (FDP) wurde im vergangenen Juni wegen angeblich „gravierender Dienstpflichtverletzungen“ von Cohn freigestellt. Seither befindet sie sich bei vollen Bezügen im Zwangsurlaub, ihr Fall liegt beim Regierungspräsidium in Stuttgart zur Prüfung. Wann diese abgeschlossen sein könnte, darüber macht die kommunale Aufsichtsbehörde mit Hinweis auf das Persönlichkeitsrecht keine Angaben. Die lange Verfahrensdauer begründet das Regierungspräsidium auch damit, dass die Staatsanwaltschaft gegen Cohn und Schmid ermittle. Beide hatten sich gegenseitig angezeigt. Erst nach Abschluss der Arbeit der Staatsanwälte könne das Regierungspräsidium aktiv werden.

Das Thema ehrenamtliche Bürgermeister ist in Leonberg nicht ganz neu. Schon im Dezember wurde das Szenario eines Totalausfalls erörtert. Anlass damals war eine plötzliche dreiwöchige Auszeit, die sich der OB als Finanzdezernent inmitten der Haushaltsberatungen genommen hatte. Über die Hintergründe klärte er seinen Gemeinderat erst nach seiner Rückkunft auf: Auf dringendes Anraten seines Arztes habe er sich die Pause gegönnt. Dies müsse selbst einem Oberbürgermeister zugestanden werden.

Die drei größten Fraktionen sind am Zug

In der Folge beschloss der Gemeinderat, dem Modell verschiedener kleinerer aber auch ähnlich größerer Städte zu folgen und aus den Ratsreihen ehrenamtliche Bürgermeister zu bestimmen, die zu Sitzungen einladen und diese auch leiten können. Die Wahl hätte im Juni auf der Tagesordnung gestanden und ist nun angesichts Cohns längerem Krankenstand vorgezogen worden.

Der Rat hat sich darauf verständigt, dass die drei größten Fraktionen einen Vertreter stellen. Sollten hierbei die Chefs zum Zuge kommen, wären dies Bernd Murschel von den Grünen, Axel Röckle von den Freien Wählern und Elke Staubach von der CDU.

Dass sie die schwierige Situation an der Verwaltungsspitze offensiv angegangen sind, halten Freie Wähler und CDU für gerechtfertigt wie nötig. „Wir hätten natürlich auf eine solche Schlagzeile gut verzichten können“, sagt Axel Röckle. „Aber die Wirklichkeit ist wie sie ist.“ Dass das Einsetzen eines ehrenamtlichen Bürgermeisters nur eine Notlösung ist, daran lässt der Fraktionschef der Freien Wähler keinen Zweifel: „Bei uns reißt sich keiner um den Job, zumal wir drei hochdotierte hauptamtliche Bürgermeister auf den Planstellen sitzen haben.“

Auch Oliver Zander ist alles andere als zufrieden: „Es ist schlimm, dass es überhaupt soweit kommen musste“, sagt der Chef der Leonberger CDU. Wie dringend eine „funktionierende Verwaltungsspitze“ nötig sei, macht er anhand der drohenden Karstadt-Schließung deutlich: „Herr Cohn hat gesagt, er würde sich im Wirtschaftsministerium für einen Karstadt-Erhalt stark machen und hebt ja auch immer seine guten Kontakte in die Chefetage der Betreibergruppe ECE in Hamburg hervor. All das bleibt jetzt liegen. Und vieles andere auch.“

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