34 Jahre lang hat Angela Riße die Geschicke des Sozialdiensts katholischer Frauen in Stuttgart geleitet. Sie war gerade mal 30 Jahre alt, als sie als Geschäftsführerin startete. Dass sie mit mulmigem Gefühl aufhört, liegt nicht an ihrer Nachfolgerin.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Die Umzugskartons sind noch leer. Bis zum 30. September will Angela Riße „volle Kanne“ arbeiten. Das Aufräumen erledigt sie im Ruhestand. 34 Jahre lang ist Riße Geschäftsführerin des Sozialdiensts katholischer Frauen (SkF) gewesen. Als 30-Jährige hatte sie in der Führungsposition bei dem Verein angefangen, der damals Katholischer Sozialdienst hieß. „Etwas blauäugig“ habe sie sich 1988 ans Werk gemacht. Gleich standen große Bauvorhaben an, die es zu managen galt. Sie packte es. Auch ihre Schwangerschaft führte nicht zum sonst typischen Karriere-Aus. Der 1993 geborene Sohn Lukas ging in die Ganztageskrippe des SkF.

 

Die Wohnungsnotfallhilfe für Frauen ist in ihrer Zeit aufgebaut

Der Verein ist in Stuttgart gerade für belastete und von Armut betroffene Frauen eine wichtige Anlaufstelle. Er hat zum Beispiel Angebote für Alleinerziehende, alleinstehende und wohnungslose Frauen. Die Wohnungsnotfallhilfe, aber auch die Flüchtlingshilfe sowie die berufliche Förderung von Frauen seien immer „Herzensangelegenheiten“ für sie gewesen, sagt Riße.

Dass Alleinerziehende weiterhin das größte Armutsrisiko haben, findet Riße „tragisch“. Doch die Palette an Maßnahmen sei immerhin breiter geworden, so dass zum Beispiel Auszubildende (anders als früher) Hilfen zum Leben beziehen dürften.

Angela Riße sei „eine Institution“

Angesichts der aktuellen Herausforderungen, der Inflation und der Energiekrise, ist Riße etwas„mulmig“. Was da wohl alles auf die Gesellschaft zukommt – und auf den SkF? Man könne eine Feuerwehrfunktion wahrnehmen, mehr aber nicht, sagt die langjährige Sprecherin des Liga-Fachausschuss’ zu Armut. Auch in anderen Gremien hat sie sich viele Jahre eingebracht, wie im Gleichstellungsbeirat der Stadt. Sie sei eine Frau, die sich „unermüdlich für Frauen in Not“ eingesetzt und viel für diese erreicht habe, hat OB Frank Nopper sie in der letzten Sitzung gewürdigt. Sie werde eine Lücke hinterlassen, sagte Bürgermeisterin Isabel Fezer. Riße zeichne „hoher Sachverstand, viel Menschlichkeit, Ruhe und Kompetenz“ aus.

Rißes Nachfolgerin Svenja Gruß hat schon angefangen, aber in anderer Funktion: Sie führt die Geschäfte des SkF als hauptamtliche Vorständin. Die 48-Jährige war zuletzt Geschäftsführerin der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). Auch sie will „eine Stimme für sozial benachteiligte Frauen, Kinder und Familien“ sein. Gruß war vor ihrer Zeit bei der KAB 15 Jahre lang beim SkF: Sie hat als Sozialpädagogin Mütter nach der Geburt beraten, Alleinerziehende unterstützt, war in der Schwangerenberatung tätig – bis ihre Kinder (vier eigene und ein Pflegekind) so groß waren, dass sie eine Stelle mit mehr Verantwortung wollte.

Familienfreundlichkeit als wichtige Aufgabe

Was sie stets am SkF geschätzt habe: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Das ist ihr nun auch als Vorgesetzte wichtig. Man müsse für junge Frauen als Arbeitgeber attraktiv sein. Sie plant, selbst immer wieder im Homeoffice zu sein. Zwei ihrer 16 bis 23 Jahre alten Kinder wohnen noch zu Hause. „Die Familie ist für mich auch eine wichtige Ressource“, sagt Gruß.