Wer folgt auf Peter Heesen als Cheflobbyist der Staatsbediensteten? Sein bisheriger Vize hat die wesentlichen Truppenteile offenbar schon hinter sich.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Einige Funktionäre des Deutschen Beamtenbundes (DBB) mögen es erwartet haben – viele waren jedoch überrascht, dass Peter Heesen keine dritte Amtszeit als DBB-Vorsitzender anstrebt. Nach der erfolgreichen Tagung Anfang Januar in Köln hatten sie damit gerechnet, dass er trotz seiner 64 Jahre am 12. November erneut kandidiert. Doch kürzlich hat Heesen für Klarheit gesorgt. Demnach muss der Gewerkschaftstag in Berlin einen Nachfolger an die Spitze der einflussreichen Beamtenlobby wählen.

 

Kaum ist das Rennen gestartet, scheint bereits der Sieger festzustehen: Demnach hat Klaus Dauderstädt, seit 2003 stellvertretender Vorsitzender, die wichtigen Truppenteile nach StZ-Informationen offenbar hinter sich. Als Erster hatte der Vorsitzende der größten DBB-Gewerkschaft Komba, Ulrich Silberbach, den Sozialversicherungsexperten öffentlich nach vorne geschoben. Aber auch hinter den Kulissen sind die Absprachen schon weit gediehen.

Eine jüngere Frau an der DBB-Spitze – das hätte was

Allerdings ist Dauderstädt 63 Jahre alt und symbolisiert damit kaum den großen Neuaufbruch des Beamtenbunds. Dieses Signal ginge wohl eher von einer weiteren heiß gehandelten Kandidatin, DBB-Vize Kirsten Lühmann, aus. Eine jüngere Frau an der Spitze der noch immer männerbündischen Organisation – das hätte was. Zwar hat die 47-Jährige vor längerer Zeit erklärt, nicht gegen Dauderstädt anzutreten. Dennoch wartet die Gesamtorganisation gespannt darauf, was sie tatsächlich vorhat.

Im Mai tagt wieder Bundesvorstand, im Juni der Bundeshauptvorstand. Spätestens bis dahin müssen alle Kandidaten ihren Hut in den Ring werfen. Der Druck auf Lühmann wächst also, Position zu beziehen. Sie hat keine leichte Wahl zu treffen: Als SPD-Bundestagsabgeordnete hofft sie wohl auf eine herausgehobene Position in einer neuen Regierung mit SPD-Beteiligung. Als Beamtenlobbyistin hingegen müsste sie die Parteikarriere gänzlich aufgeben, denn der DBB-Vorsitz wäre eine Lebensaufgabe.

„Mit der SPD fährt der DBB nicht prinzipiell schlecht“

Obwohl der Beamtenbund seit jeher der Union nahesteht, würde Lühmann das SPD-Parteibuch bei einer Kandidatur nicht nennenswert schaden, urteilt der baden-württembergische Landesbundchef Volker Stich. „Diese Zeiten sind vorbei“, sagt er. „Mit der SPD als Volkspartei, die einen funktionierenden Staat will, fährt der DBB nicht prinzipiell schlecht.“ Man denke nur an die Männerfreundschaft zwischen Peter Heesen und dem früheren Innenminister Otto Schily. Angesichts der politisch veränderten Landschaft wäre es ohnehin unklug, nur auf die Union zu setzen. Diese sei zudem „kein Schutzschild“ gegen Sparattacken auf die Beamten. „Hier in Baden-Württemberg habe ich in der CDU nur streckenweise Freunde – nicht auf Dauer.“

In fünf Jahren wäre ein Stuttgarter heißer Kandidat

Nur theoretisch kommt für Lühmann eine dritte Möglichkeit in Betracht: Da Dauderstädt lediglich eine Interimslösung für maximal fünf Jahre wäre, könnte die Polizeioberkommissarin vielleicht erst später ganz nach oben rücken wollen – falls es nichts wird mit der SPD. Dies wäre freilich riskant, weil dann weitere Kandidaten als DBB-Vorsitzende denkbar sind – etwa der frühere Stuttgarter Finanzamtsleiter Thomas Eigenthaler, der Mitte 2011 an die Spitze der Steuergewerkschaft gerückt ist und bis 2017 genug Erfahrung und Reputation im Beamtenbund gesammelt hätte.

Dauderstädt ist alles andere als ein Charismatiker, der – wie Peter Heesen – den Raum für sich einzunehmen vermag. Auch als Visionär ist er noch nicht aufgefallen. Das ist allerdings wenig verwunderlich, weil sich neben dem unumschränkten Vorsitzenden bisher niemand groß profilieren konnte. Gleichwohl gilt Dauderstädt als ebenso versiert und gebildet. Sein Führungsstil wird als sehr kollegial und vermittelnd beschrieben, sodass tiefgreifende Veränderungen in Zukunft nicht mehr im Konflikt erarbeitet werden müssten. Auch aufgrund dieser Eigenschaft hatte ihm Heesen vor eineinhalb Jahren die wichtige Satzungsreform federführend überlassen, was als großer Vertrauensbeweis galt.

Volker Stich will ehrenamtlicher Vize werden

Mittlerweile steht die Struktur des modernisierten Beamtenbundes weitgehend fest. So wird die Tarifunion integriert, und an die Seite des Bundesvorsitzenden treten zwei neue hauptamtliche Stellvertreter. Volker Stich – den DBB-Kenner auch als möglichen Heesen-Nachfolger auf der Rechnung haben – lehnt Anfragen, ob er einen der hauptamtlichen Chefposten übernehmen wolle, ab. „Dann müsste ich den Landesbund Baden-Württemberg aufgeben und ganz nach Berlin gehen“, sagte er der StZ. „Dafür stehe ich nicht zur Verfügung.“ Allerdings soll die DBB-Führung auf dem Gewerkschaftstag noch um sechs ehrenamtliche Stellvertreter ergänzt werden. Einen dieser Posten kann sich Stich wiederum als Repräsentant der Landesbünde vorstellen. Und es sieht ganz so aus, dass er dafür einen breiten Rückhalt erhält.