Im Juni 2013 startete vor der Schwabenlandhalle Fellbach eine kleine Sportgruppe. Nun sind es mehr als 40 Senioren, die beim Bewegungsprogramm „Fünf Esslinger“ mitmachen. . Am 22. Juni wird Jubiläum gefeiert.
Arme schütteln, Hüften kreisen lassen und auf einem imaginären Seil balancieren: Das Trainingsprogramm der Senioren auf dem Vorplatz der Schwabenlandhalle Fellbach lief am Donnerstagvormittag noch keine fünf Minuten, da zeigte sich auch schon die Sonne zwischen den Wolken – als wollte sie die engagierten Männer und Frauen mit ihren warmen Strahlen beim morgendlichen Work-out unterstützen. Dass das nicht immer so läuft, weiß Gerda Forster, die Frau der ersten Stunde, nur zu gut.
Gerda Forster rief das Programm in Fellbach ins Leben
Die heute 78-Jährige war es, die das Bewegungsangebot mit dem Titel „Fünf Esslinger“ – ein Format für Menschen mit und ohne Demenz und andere Einschränkungen – in Fellbach ins Leben rief. „Wir machen es jetzt seit zehn Jahren an beinahe jedem Donnerstag. Da hat es auch schon geregnet oder gestürmt. Oft war es auch bitterkalt, aber davon haben wir uns nicht abhalten lassen“, sagt die Fellbacherin. Der Platz bei der Schwabenlandhalle sei bestens geeignet, weil bei schlechter Witterung das Vordach genutzt werden könne. „Es wirkt so, als hätte damals der Architekt schon an unsere ‚Fünf Esslinger’ gedacht“, sagt Gerda Forster.
Mittlerweile machen teils bis zu 70 Leute mit
Das Bewegungsprogramm „Fünf Esslinger“ startete im Juni 2013 mit einer kleinen Gruppe an der Schwabenlandhalle. In der Zwischenzeit ist die Gruppe auf 40 bis 50 Teilnehmer gewachsen. Zudem sind weitere Gruppen in Schmiden, Oeffingen und am Haus am Kappelberg dazugekommen, aber die „Keimzelle“ vor der Schwabenlandhalle feiert nun am 9. Juni bereits zehnten Geburtstag. Ein wenig später, am Donnerstag, 22. Juni, soll auch ein kleiner Festakt mit Grußworten zum Jubiläum stattfinden, danach wird natürlich wieder Sport gemacht.
Gerda Forster kannte das Programm mit Balance-, Kraft- und Bewegungsübungen – es basiert auf dem Konzept nach den von Martin Runge entwickelten „Fünf Esslingern“ – aus Waiblingen. Weil ihr das von dem Mediziner entwickelte Format gefiel und sie bereits Übungsleiterin war, ließ sie sich kurzerhand auch für die „Fünf Esslinger“ ausbilden. Nach dem Umzug von Waiblingen nach Fellbach wurde sie dann angesprochen, ob das nicht was für Fellbach wäre. „Ich habe bei meinem Mann, der an Alzheimer erkrankt war, erlebt, wie gut ihm das Programm tat. Deshalb musste ich nicht lange überlegen“, sagt die 78-Jährige. Sie weiß auch, warum das Format so schnell zum Erfolgskonzept wurde: „Es ist komplett niederschwellig. Kein An- oder Abmelden, ohne Kosten. Im Freien. Und eben für Menschen mit Beeinträchtigungen.“ Deshalb ist auch die Demenzfachberatung des Rems-Murr-Kreises mit involviert. Genauso wie die Stadt Fellbach und der Treffpunkt Mozartstraße.
„In Schmiden und Oeffingen richten es die dortigen Sportvereine aus, und die Stadt ist für die Finanzierung zuständig. In Fellbach sind wir vom Treffpunkt Mozartstraße zuständig“, sagt Ursula Bolle, Leiterin des Treffpunkts Mozartstraße. „Das Angebot läuft super. Es mussten auch schon 70 Leute in Gruppen aufgeteilt werden, so groß ist der Zustrom.“ Zum Glück gibt es mit Anni Rieger, Gerda Forster, Peter Haucke und Brigitte Wieland auch genügend Übungsleiter, um so vielen Teilnehmern gerecht zu werden. Dabei gelte das Motto: „Wer nicht trainiert, wird schneller alt.“ Selbst während Corona konnte unter Einhaltung von Sicherheitskonzepten in Kleingruppen und mit Abstandskreuzchen auf dem Boden weiter geturnt werden. „Die Leute waren sehr dankbar, weil es der sozialen Vereinsamung entgegenwirkte“, sagt Ursula Bolle.
Wer mitmacht, will fit bleiben und unter Leute kommen
Zurück zum sonnigen Vor-Ort-Besuch. Befragt nach ihren Beweggründen, bei dem Angebot mitzumachen, betonen ausnahmslos alle, wie wichtig es ihnen sei, an die frische Luft und vor allem unter Leute zu kommen. Auch Franz-Karl Falch, seit neun Jahren dabei und einer der eher wenigen Männer, muss nicht lange überlegen: „Ich mache das, um fit zu bleiben und um andere Menschen um mich zu haben.“ Schließlich werde auch miteinander gescherzt, Abschlussgeschichten erzählt und öfters mal kehre man nach getaner Arbeit noch gemeinsam ein, um gemütlich einen Kaffee zu trinken.
Da geht Birgit Hegen dieses Mal nicht mit. Sie und ihr Mann, der ebenfalls mitmacht, haben etwas anderes vor. Aber die eine Stunde in der Woche lässt die 63-Jährige eigentlich fast nie ausfallen. Mit im Gepäck hat sie ihren Rollator. Gerda Forster hat sie – wie viele andere auch – vor zehn Jahren für die „Fünf Esslinger“ angeworben. „Ich habe eine Krankheit, die meine Beweglichkeit einschränkt, aber ich kann trotzdem mitmachen, eben so viel, wie geht“, sagt sie.