Höhepunkte und Tiefschläge: Das Experiment von Anja Treiber, sich fünf Tage lang, nur von Selbstgemachtem zu ernähren, geht dem Ende zu. Die Bilanz eines Selbstversuchs.  

Digital Desk: Anja Treiber (atr)

Stuttgart - Fünf Tage, fünf Erkenntnisse:

 

- Grundsätzlich ist es möglich, sich nur von Selbstgemachtem zu ernähren. Ich bin schließlich nicht verhungert!

- Vom Grundnahrungsmittel Brot bis zum kleinen Schoko-Snack zwischendurch: Es kostet sehr viel Zeit und Mühe, ALLES selbst zuzubereiten.

- Wenn man gut plant und nicht jeden Tag ein anderes aufwendiges Gericht essen möchte, lässt sich der Aufwand aber auf ein akzeptables Maß reduzieren.

- In manchen Fällen lohnt sich das selbst Zubereiten besonders. Brot backen zum Beispiel ist ein Kinderspiel. Es dauert nur 15 Minuten und das Brot ist genauso lecker, aber günstiger als beim Bäcker.

- Geht nicht, gibt’s nicht: Sogar Schokoküsse kann man selbst machen, auch wenn ich das in dieser Woche nicht mehr geschafft habe, irgendwann werde ich das ausprobieren.

Mein persönliches Fazit: Diese Woche war eine tolle Erfahrung. In Zukunft werde ich zwar sicher nicht mehr jeden Schokoladenkeks, den ich esse, auch selbst backen. Aber vielleicht einige mehr als zuvor. Den letzten Abend meines Selbstversuchs werde ich auf jeden Fall auf dem Sofa verbringen – mit nicht selbst gemachten Schokoküssen!

Zurück auf Los

An Tag fünf gehe ich zurück auf Los. Das Experiment, sich ausschließlich von Selbstgemachtem zu ernähren, hat mit einem Couscoussalat begonnen, es soll mit einem solchen enden. Weil er einfach verdammt lecker war.

Meine ganze Woche war sehr, sehr lecker!

Prosecco-Wackelpudding – oder was ist das?

Oft haben die Kollegen neidisch auf meinen Teller geschaut, während sie an ihren staubigen Kantinen-Falafeln nagten, verkochte Nudeln schlürften oder über die Geschmacksrichtung eines Wackelpuddings rätselten. Prosecco? Zitrone? Apfelwein? Nein. Es war Ananas-Götterspeise. Keiner hat es herausgeschmeckt.

Ich sitze daneben und fühle mich irgendwie gut. Triumpf! Genau das ist einer der Gründe, warum ich meinen Selbstversuch gestartet habe. Ich will schmecken und wissen, was in meinem Essen drin ist. Und es geht. Es kostet Kraft, aber es ist möglich nur das zu essen, was ich selbst gekocht oder gebacken habe. Schließlich bin ich nicht verhungert.

Geht nicht, gibt’s nicht!

Und es gibt offenbar nichts, das nicht geht. Die ganze Woche über kämpfe ich mit Heißhungerattacken auf Schokoküsse. Googelt man „Schaumküsse selbst machen“, findet man zahlreiche Videoanleitungen, die nicht immer hilfreich, aber meistens ziemlich lustig sind.

Hier erklärt uns HilfreichTV, wie man ein Schokokuss-Brötchen herstellt.

Leute! Wer dazu eine Anleitung braucht, dem ist nicht mehr zu helfen. Ich habe mich dagegen entschieden, Schokoküsse selbst herzustellen, um sie anschließend in mein Vollkornbrot zu matschen.

Stattdessen habe ich mir im Supermarkt eine Packung gekauft, die ich zwar geöffnet habe, die aber bis Freitagabend unangetastet auf meinem Küchentisch stehen bleibt.

Großes Köchinnen-Ehrenwort!

Einkaufen: 20 Minuten

Zubereitungszeit: 0 Minuten (Tausend Dank, liebe Küchenfee!)

Aufräumen: 0 Minuten (Tausend Dank, liebe Küchenfee!)

Fazit: Der Donnerstag war viel lustiger als der Mittwoch. Ein Hoch auf HilfreichTV!

Es! Geht! Mir! Gut!

 Wer es nicht erträgt, andere Menschen leiden zu sehen, sollte diesen Text nicht weiter lesen. Ich habe keine Lust mehr! Mein Essen für Donnerstag habe ich am Mittwochabend zusammen mit Kurt Cobain gekocht – und wenn der aus den Boxen schmettert, ist es schlecht um mich bestellt.

Smells like Blumenkohl-Curry!

Mit Liebe gekocht? Von wegen! Mit geschwollener Halsschlagader habe ich den Blumenkohl geköpft und die Kartoffeln und Zwiebeln für das Blumenkohl-Kartoffel-Curry gehackt und in den Topf geschmissen. Milch und anderes Zeug dazu, umrühren, köcheln lassen, fast fertig. Auch den Äpfeln für die Muffins ist es nicht besser ergangen. Irgendwohin muss man ja mit seinen Emotionen.

Es war mir vor diesem Selbstversuch jedenfalls nicht bewusst, wie abhängig ich mich von Fertigprodukten gemacht habe – und das, obwohl bei mir noch nie Tiefkühl-China-Pfanne oder Fertigpilzsoße etc. auf den Teller gekommen ist. Bei mir sind es die Kleinigkeiten. Hier mal ein Keks aus meinem Vorrat in der Schreibtischschublade, dort mal ein Schokoriegel nach dem Mittagessen. Aber auch diese Snacks habe ich mir ja bis Freitag verboten. Ich esse nur, was ich selbst gemacht habe. Es war eine blöde Idee!

Galoppierende Kochlöffelallergie!

Es nervt mich einfach, dass jetzt schon so etwas Simples wie satt werden mit Anstrengung verbunden ist! Mitleidige Blicke treffen mich, wenn ich durch die Pressehaus-Flure schlurfe. „Anja, wie geht’s Dir? Ist wirklich alles in Ordnung?“, fragen mich die Kollegen. Ja! Es! Geht! Mir! Gut! Ich habe nur einfach keine Lust mehr. Es strengt mich an, es nervt mich. Ich will, dass es vorbei ist.

Wenn meine Onlinekollegen nicht genauso leiden würden wie ich, wäre genau jetzt der Moment gekommen, in dem ich einfach den Kochlöffel hinschmeißen würde.

PS: Die nächste Kolumne wird wieder zuversichtlicher. Versprochen! Dann koche ich hiermit:

Einkaufen: 10 Minuten

Zubereitungszeit: 1,5 Stunden

Aufräumen: 30 Minuten

Fazit: Es ist alles gesagt!

Was kostet mich der Spaß überhaupt?

Mich lässt das Gefühl nicht los, dass mich mein Selbstversuch, nicht nur viel Freizeit und einen Teil meines sonnigen Gemüts kostet, sondern auch ein Loch in meinen Geldbeutel reißt.

Vielleicht schlägt mir aber auch meine Wahrnehmung ein Schnippchen, weil ich anders als sonst jeden Tag an der Supermarktkasse stehe?

Was ist günstiger?

Das will ich herausfinden. Ich krame die alten Kassenbons heraus und zücke den Taschenrechner. Das Brot, das ich am Sonntagabend gebacken habe, soll als Beispiel dienen. Was ist günstiger? Mein selbst gebackenes Körner-Brot oder das, was ich sonst immer bei meinem Lieblingsbäcker kaufe?

Und so schaut die Rechnung aus!

0,85 Euro (500 g Dinkelmehl)

+ 0,60 Euro (80 g Sesam)

+ 0,48 Euro (80 g Sonnenblumenkerne)

+ 0,60 Euro (80 g Leinsamen)

+ 0,29 Euro (1 Hefewürfel)

+ 0,05 Euro (bisschen Essig und Wasser)

= 2,87 Euro kostet mein etwa 1 kg schweres Brot, das ich am Sonntagabend selbst in die Röhre geschoben habe. Das sind 0,00287 Euro pro Gramm.

Mein Lieblingsbrot (ebenfalls ein dunkles Brot mit Körnern), das ich beim Bäcker kaufe, kostet 3,40 Euro und ist 750 g schwer. Das macht 0,0045 Euro pro Gramm, wenn ich mich nicht verrechnet habe...

Mit dem selbst gebackenen Brot habe ich also bares Geld gespart. 1,63 Euro (minus die Kosten für den Strom, den mein Backofen verbraucht hat).

Für die paar Euro meine Freizeit aufgeben?

Das hat mich neugierig gemacht und ich rechne auch bei dem Nudelsalat und dem Oliven-Brotaufstrich nach, die ich am Dienstagabend noch gemacht habe. Auch hier bin ich günstiger als vergleichbare Fertigprodukte aus dem Supermarkt.

Und das obwohl ich bei diesem Einkauf nicht im Discounter war und nicht immer das billigste Produkt im Sortiment gekauft habe, sondern Lebensmittel, die ich gut finde und auch sonst kaufe.

Was diese Rechnung natürlich nicht berücksichtigt ist die Zeit, die ich für diesen Selbstversuch opfere. Bislang stand ich täglich eine bis drei Stunden in der Küche. Rein aus Geldgründen würde ich mir diesen Stress nicht antun!

Einkaufen: 15 Minuten

Zubereiten: 1 Stunde

Aufräumen: 5 Minuten (Den Rest macht die Spülmaschine, die meine Oma bis heute nicht hat.)

Fazit: Die Stimmung kippt! Gestern Abend hatte ich überhaupt keine Lust zu kochen. Besser leben hätte definitiv auf dem Sofa stattgefunden. Ich habe den Aufwand auf das Nötigste beschränkt – und trotzdem ein gutes Essen, um durch den Mittwoch zu kommen. Merke: Ansprüche herunterschrauben. Ein Nudelsalat tut’s auch!

Tag 2: Schokokekse in letzter Minute

Die Kekse sind abgezählt! Foto: Treiber

Heute wird ein grandioser Tag! Ich habe 39 Schokokekse gebacken. Vier davon habe ich gleich gegessen, bleiben 35. 50 Stück hatte mir das Rezept eigentlich verheißen. Aber offenbar sind in meiner Vorstellung Walnüsse größer als in der von Dr. Oe. Ich nehme es ihm nicht krumm. So oder so, Tag zwei mit Schokolade kann nur besser werden als Tag eins ohne Schokolade. Liebe Leser, das war furchtbar! In all meinen Vorbereitungen habe ich den Nachtisch vergessen. Und während mein Couscous-Salat viel besser aussah, als das, was meine Kollegen auf ihrem Kantinen-Teller hatten, musste ich ihnen beim Nachtisch schlemmen traurig zuschauen. Wie gemein!

Das erste, was ich also nach Feierabend gemacht habe, war: Kekse backen. Und jetzt ist der Schokohunger gestillt. Bis 22.30 Uhr stand ich in der Küche, habe mir ein Mittagessen gekocht (an Tag zwei gibt es Kartoffel-Auflauf) und einen zweiten Nachtisch, schließlich hatte ich am Montag keinen. Ich habe mich das erste Mal an Eis versucht. Es schmeckt lecker, ist aber steinhart. Cremig ist anders. Von dem lauen Sommerabend draußen vor meinem Küchenfenster habe ich an diesem Abend nichts mitbekommen.

Planung ist alles

Auch der Kartoffel-Auflauf ist fertig und ich stelle fest, dass ich das erste Mal etwas gekocht habe, das nicht sofort auf den Tisch kam. Aber Planung ist alles, habe ich aus der Schoko-Misere gelernt. Eigentlich müsste ich für den Rest der Woche einen Speiseplan erstellen. Ein gut organisierter Mensch, der eine riesengroße Speisekammer hat, macht das wahrscheinlich so, geht einmal einkaufen und kocht. Ein gut organisierter Mensch, der eine riesengroße Speisekammer hat und noch mehr Zeit sparen will (oder auch muss), macht sich vielleicht einmal in der Woche eine Badewanne voll Nudelsalat und zehrt fünf Tage lang davon.

So lautete auch der Tipp von Kollegen, von denen viele Mitleid mit mir haben und mir etwas Gutes tun wollen. Eine Kollegin hat mir sogar ein Rezept geschickt, wie ich haltbare Gemüsebrühe machen kann. (Noch einmal vielen Dank an dieser Stelle!)

Mir ist diese ganze Planerei eigentlich zu doof. Ich weiß am Dienstag noch nicht, was ich am Freitag essen will, geschweige denn, dass ich die ganze Woche das Gleiche essen möchte. Aber ich ahne bereits, dass das so, wie ich das mache, tatsächlich nur fünf Tage auszuhalten ist, weil ich jeden Abend bis 22.30 Uhr in der Küche stehe. Und das will ich auf keinen Fall! Wenn das Wetter am Abend schön bleibt, gibt es morgen eben Butterbrote. Ich brauche eine Küchenauszeit!

Her mit Ihren Tipps!

Von Kollegen und Freunden haben mich viele Tipps erreicht. Wenn Sie auch welche haben, kommentieren Sie doch einfach diesen Text. Ich freue mich auf Ihre Hinweise!

Einkaufen: 25 Minuten

Zubereiten: 2,5 Stunden

Aufräumen: 0 Minuten; Denn anders als in Omas Zeiten schwingen auch Männer heute den Spüllappen.

Fazit: Ich bin müde! Morgen will ich nicht schon wieder bis 22.30 Uhr in der Küche stehen! Wie ich das hinkriege, überlege ich mir später.

Tag 1: Bröselige Brühwürfel auf mein Haupt!

Ich koche und backe gerne, aber selten, weil es zeitraubend ist. In den kommenden fünf Tagen zwinge ich mich dazu. Wie in Omas Zeiten will ich vom Brot über die Marmelade bis zum Schokokeks möglichst viel selbst machen. Warum? Weil ich zu oft schon entnervt im Supermarkt stand und an unverständlichen Zutatenlisten verzweifelt bin. Mir ist gutes Essen wichtig. Und es nervt mich, dass viele Produkte aus dem Regal offenbar im Chemielabor entstanden sind. Und noch mehr nervt mich, dass ich sie trotzdem kaufe.

Keine Brötchen vom Bäcker, kein Paprika-Streichkäse aus dem Kühlregal, keine Mango-Marmelade extrazart: In den kommenden fünf Tagen will ich testen, wie viel Zeit und Nerven es mich kostet, vom Frühstück bis zum Abendessen alles selbst zu kochen und zu backen.

Los geht’s

Mein Wochenende war anstrengend. Weil das Experiment aber am Montagmorgen startet und meine Arbeitskollegen mir sicher nicht ohne Frühstück im Magen begegnen wollen, muss ich Sonntagabend noch ran an den Gemüsehobel. Wir haben 20 Uhr und auf der To-Do-Liste stehen ein Brot, ein Brotaufstrich und ein Couscous-Salat. Damit komme ich immerhin über die Mittagspause. Nach 15 Minuten habe ich das Brot unfallfrei im Backofen. Mein T-Shirt (Schürze geht gar nicht!) sieht noch mittelgut aus und ich habe Spaß.

Ich mache mich ans Gemüseschnippeln für den Couscous-Salat. Und dann muss ich mir die erste Niederlage eingestehen. In meinem Rezept soll der/die/das Couscous in Gemüsebrühe aufquellen. Und die habe ich

natürlich nicht selbst gemacht. Zermalmte Gemüsebrühwürfel auf mein Haupt! Aber immerhin kenne ich alle Begriffe, die auf der Rückseite des kleinen Gläschens stehen – und kann sie aussprechen. Das geht also in Ordnung, finde ich! Außerdem soll der Brühwürfel schon in den 1890er Jahren erfunden worden sein, lese ich bei Wikipedia. Also hatte auch meine Oma fertige Gemüsebrühe in ihrem Küchenschrank. Während die Hefe das Brot im Ofen nach oben treibt, suche ich nach weiteren Ausreden – und mein schlechtes Gewissen verfliegt.

Auf manche Dinge kann man nicht verzichten

Dann noch schnell den Karotte-Feta-Frischkäse-Aufstrich in den Kühlschrank stellen. Auch hier habe ich weder den Feta noch den Frischkäse selbst gemacht. Zweite Niederlage. Mein erstes Fazit ist: Ich kann zwar Kühe und Schafe melken, aber auf gar keinen Fall kann ich alle, alle, alle Produkte selbst herstellen. Und auf Feta VERZICHTEN kann ich noch viel weniger. Dritte Niederlage.

Aber nach knapp zwei Stunden stehen drei strahlende Siegertypen (mit kleinen Mäkeln) auf meinem Küchentisch: Ein Vollkorn-Brot (ohne Vollkornmehl, das habe ich vergessen zu kaufen), ein Karotte-Feta-Frischkäse-Brotaufstrich und ein Mittagessen, bei dem die Kollegen vielleicht ein bisschen neidisch werden.

Das Experiment kann beginnen!

Einkaufen: 35 Minuten

Zubereiten: knapp zwei Stunden

Aufräumen: 30 Minuten

Fazit: Ich bin gut drauf.