Online-Redakteurin und Sportmuffel Rebecca Müller hat fünf Tage hintereinander Sport getrieben. Am Ende des Experiments steht die Erkenntnis: Auch wenn der Schweinehund riesig ist - so schlimm ist Sport echt nicht. Aber jeden Tag zu trainieren geht dann doch zu weit. Die Bilanz des Selbstversuchs, jeden Tag Sport zu machen.

Stuttgart - Freitagnachmittag, 17:02 Uhr

 

So, es ist gepackt. Die Selbstversuchs-Woche ist rum. Wie es war? Anstrengend, demotivierend, schmerzhaft, aber auch lustig, erholsam und lehrreich. Um das ganze Wirrwarr ein wenig zu sortieren habe ich eine Pro-und Kontra-Liste aufgestellt.

Kontra - Warum viel Sport zu treiben echt heftig ist

1. Wer nicht an Sport gewöhnt ist, für den ist ein ausgiebiges Training gleichbedeutend mit Muskelkater - und der kann wirklich unangenehm sein. Ja, vielleicht bin ich wehleidig, aber ich kann es nun mal nicht leiden, wenn ich beim Treppensteigen wegen der Schmerzen in den Oberschenkeln ständig das Gesicht verziehen muss. Das ist nun mal so. Muskelkater ist ätzend. So.

2. Sport frisst echt viel Zeit. In dieser Selbstversuchs-Woche hatte ich keine Zeit für Hobbies, geschweige denn für Hausarbeit oder das Pflegen sozialer Kontakte. Wenn ich vom Training nach Hause kam, bin ich nur noch kurz unter die Dusche gehüpft und habe dann völlig ausgepumpt auf der Couch vor mich hin vegetiert. Wer Wert auf soziale Kontakte abseits des Sofas legt, für den ist tägliches Training weniger geeignet. Außer man verlegt es wie ich heute in die Morgenstunden. Aber ständig früher aufstehen als nötig? Nee.

3. Der Schweinehund - ihn zu überwinden ist an jedem einzelnen Tag eine Herausforderung. Sein Lieblingsplatz ist offenbar mein Schreibtisch, auf dem er es sich mit Vorliebe am späten Nachmittag kurz vor Feierabend gemütlich macht. Dann flüstert er mir ins Ohr, wie schön es doch wäre, direkt heim zu fahren und sich bei schönem Wetter auf der Terrasse auszustrecken. Ihn zu überwinden kostet echt Kraft - und macht absolut keinen Spaß.

Pro - Warum viel Sport zu treiben echt sinnvoll ist

1. Klar, nach meinen Trainingseinheiten war ich immer ziemlich platt. Aber dafür habe ich nachts meist auch geschlafen wie ein Baby. Normalerweise bin ich teilweise wach und wälze noch Sorgen im Kopf herum. Das war in dieser Woche nicht so. Und das führt gleich zu:

2. Sport vertreibt Stress. Zumindest bei mir. Wer seinen Ärger nach einem frustrierenden Tag nicht am Liebsten auslassen will, dem sei eine Jogging-Runde sehr ans Herz gelegt. Denn irgendwie geht es einem danach besser. Der Kopf wird frei und man kann seine freie Zeit viel besser genießen.

3. Wer Sport treibt ist gesünder. Klingt wie das Mantra zahlloser Gesundheitspäpste, scheint aber zumindest für mich zu stimmen. Normalerweise habe ich nach einem langen Tag in der Redaktion ein unangenehmens Kribbeln und Stechen in den Beinen und ab und an mal ein Zwicken im Rücken. Diese Woche bin ich davon verschont geblieben. Natürlich fehlt mir hierzu die Langzeiterfahrung, vielleicht wurden meine üblichen Schmerzen auch nur vom Muskelkater überlagert - aber irgendwie fühle ich mich jetzt einfach körperlich besser als vor dieser Woche.

Und was kann man nun daraus lernen? Lebt es sich besser, wenn man viel Sport treibt? Jein, würde ich sagen. Zu viel Sport zu treiben würde mir mit der Zeit ganz bestimmt auf die Nerven gehen. Gar kein Sport ist auf die Dauer aber auch ungesund - außerdem müssten meine Lieben dann meine schlechte Laune ertragen, wenn ich mal wieder gestresst von der Arbeit komme und sie nicht "wegtrainieren" kann.

Eins habe ich mir jedenfalls vorgenommen: In Zukunft werde ich versuchen, zumindest zweimal pro Woche Sport zu treiben - und nicht wieder vier Wochen lang nur am Fitness-Studio vorbei zu fahren. Denn auch wenn der Schweinehund riesig ist - so schlimm ist Sport echt nicht. Mal sehen, ob es klappt.

Freitagmittag, 11:45 Uhr

Eigentlich geht es mir erstaunlich gut. Zu Beginn der Woche hatte ich erwartet, spätestens am Donnerstag nur noch gebückt und mit schmerzverzerrtem Gesicht durch die Gegend zu laufen. Doch - Überraschung, Überraschung - ich bin bis auf meinen üblichen Muskelkater und eine leichte körperliche Erschöpfung ziemlich gut drauf. Und das allerbeste: Ich habe meine fünf Trainingseinheiten hinter mir! Juhuu! Und ich habe mich sogar an meinen Plan vom Anfang gehalten - da bin ich schon ein bisschen stolz drauf. 

Gestern Abend stand erstmal wieder ein Besuch im Fitness-Studiio an. Und dieses Mal war ich schon besser drauf als noch am Dienstag. An fast allen Geräten konnte ich wieder meine früheren Gewichte einstellen. Auch die Beinmaschine hat mir keine Angst mehr gemacht, immerhin hatte sich der Muskelkater schon am Nachmittag verflüchtigt. Ganz ohne vor Anstrengung verzerrtem Gesicht ging dieses Training natürlich auch nicht ab. Doch egal: Trainingserfolg macht gute Laune pur.

Morgens Sport, unglaublich!

Die verging mir dann spätestens heute Morgen, als der Wecker eine Stunde früher als üblich klingelte. Denn um abends zum Grillfest gehen zu können, musste ich wohl oder übel gefühlt kurz nach Sonnenaufgang laufen gehen. Eigentlich ein absolutes No Go für mich als Langschläferin. Ehrlich, mein Schlaf ist mir heilig. Mein Ruf aber auch. Deshalb habe ich heute Morgen zugegebenermaßen recht grimmig meine Beine aus dem Bett geschwungen und mich nach einer Katzenwäsche in meine Sportschuhe gequält. Für mich ist das Höchstleistung pur, schon vor sieben Uhr morgens Sport machen! Acht Kilometer habe ich heute nicht mehr geschafft, für fünf Kilometer haben meine Kräfte aber noch gereicht. Und: Ich habe dabei meine absolute Bestzeit für diese Distanz gepackt! Ob sich das Training der letzten Tage tatsächlich positiv auf meine Fitness ausgewirkt hat? Kann eigentlich nicht sein. Aber schön wäre es schon.

Trotzdem bin ich froh, dass die Woche rum ist. Denn würde das Experiment noch viel länger dauern, würden Haut und Haare langsam aber sicher Zeter und Mordio schreien. Immerhin habe ich in dieser Woche jeweils zwei Mal pro Tag geduscht - morgens vor der Arbeit und abends nach dem Sport. Völlig verschwitzt will man ja auch nicht ins Bett gehen. Der Verbrauch an Duschgel und Warmwasser ist in dieser Zeit deshalb exponentiell nach oben geschnellt. Und auch Bodylotion steht hoch im Kurs, um meine Haut vor den gröbsten Schäden durch Austrocknung zu schützen.

Nach dem Frühstück habe ich die Sportschuhe jedenfalls mit einem ziemlich guten Gefühl in die Ecke gestellt. Puh, geschafft. Auch der Herr des Hauses hat mir schon zu meinem Durchhaltewillen gratuliert. Ich würde sagen: der Marathon kann kommen *hüstel*.

Tag 4 - Shake it, baby!

Donnerstagnachmittag 16:55 Uhr

Nein, nein, nein, nein! Ich will nachher nicht ins Fitness-Studio. Echt jetzt! Ich habe sowas von keine Lust und will einfach nur mal einen Abend meine müden Knochen auf der Couch ausstrecken und - nichts tun. Einfach nur nichts tun, einen ganzen Abend lang.

So, jetzt genug geheult. Wie man unschwer erkennen kann ist mein Schweinehund zurück - und größer denn je. Und allein die Tatsache, dass ich ihm nicht nachgeben kann, macht die ganze Sache noch schlimmer. Im Vergleich zu gestern, wo ich nach der Arbeit wenigstens direkt heim fahren konnte, nervt mich der Umweg über das Studio heute ganz gewaltig. Dabei hat sich mein Muskelkater in den Beinen seit gestern erstaunlicherweise fast gänzlich verabschiedet. Ich kann wieder laufen wie ein normaler Mensch! Na gut, dafür ist er jetzt in meine Taille gewandert, aber damit kommt man klar ohne im täglichen Leben allzu sehr behindert zu werden.

Bloß gut, dass morgen der ganze Spuk vorbei ist. Viel länger könnte ich meine Selbstbeherrschung auch nicht aufrecht erhalten, dann würde ich über kurz oder lang anfangen zu schummeln. 

Donnerstagmorgen 11:15 Uhr

Geht das nur mir so oder kommt sich eigentlich jeder dämlich vor, wenn er daheim vor seinem Fernseher zu einem Fitness-Video rumturnt? Besonders skurril wird das Ganze, wenn dabei auch noch jemand zuguckt - vom Sofa aus, zum Beispiel. So geschehen gestern Abend in meiner persönlichen Trainings-Albtraum-Woche.

Denn für Mittwoch stand ja Zumba auf dem Plan und weil ich mir nicht nachsagen lassen will, ich hätte mich bei meinem Selbstversuch gedrückt, stand ich um kurz nach 19 Uhr im Wohnzimmer Gewehr bei Fuß.

Wer Zumba nicht kennt - so soll das eigentlich aussehen:

Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass mein bewegungslegasthenisches Rumgehüpfe auch nur ein bisschen von der guten Laune der Zumba-Schritte ausstrahlte. Aber egal, was tut man nicht alles. Und während ich so mit dem Hintern wackelte, was das Zeug hält, saß der Herr des Hauses neben mir auf der Couch und ließ meine Eltern via Handyvideo an meinen sportlichen Bemühungen teilhaben. Frechheit, sowas. Und jedes Gejammer von meiner Seite ("Ich kann nicht mehr, ich habe keine Lust mehr") kommentierte er nur mit einem schlichten "Weitermachen". Klingt vielleicht herzlos, hat aber gewirkt - denn schlussendlich habe ich die 50 Minuten Zumba durchgehalten.

Dafür muss er in dieser Woche aber auch verstärkt zur Hausarbeit antreten. Denn seit ich jeden Abend Sport mache, komme ich zu nichts anderem mehr. Erstens bin ich immer erst sehr spät daheim und zweitens liege ich dann nur noch platt wie eine Flunder auf dem Sofa rum. Hausarbeit adé. Das Bad sieht mittlerweile verboten aus, im Flur liegt der Staub kniehoch und der Müll müsste auch mal wieder rausgebracht werden, vom Waschen der dreckigen (Sport-)Klamotten ganz zu schweigen.

Laufen am frühen Morgen - ätzend

Weil ich aber immer erst so spät Feierabend habe - denn Sport zählt zur Arbeit - habe ich einen großen Teil meiner üblichen Pflichten auf den männlichen Part des Haushaltes abgewälzt. Er hat diese Woche (übrigens ohne zu klagen) schon eingekauft, gekocht, Wäsche gewaschen und aufgehängt und sogar in der Küche klar Schiff gemacht. Immerhin habe ich heute Morgen vor der Arbeit (!) ein wenig aufgeräumt und das Bett frisch bezogen.

Für Freitagabend sind wie jedenfalls zum Grillen eingeladen und ich weiß jetzt schon, dass ich nicht zum Einkaufen kommen werde. Denn schließlich muss ich heute Abend wieder ins Fitness-Studio und meine abschließende Jogging-Runde dann auf den frühen Freitagmorgen verlegen (ätzend!), damit ich den Abend überhaupt frei habe. Auch diese Aufgabe werde ich wohl wieder abwälzen. Gut, dass die Woche bald rum ist, sonst tritt der Herr des Hauses noch in den Streik.

Tag 3 - Jetzt geht das Gejammer los

Um es kurz zu sagen: Ich habe keine Lust mehr auf diesen Selbstversuch, echt nicht. Meine Beine fühlen sich total steif an und tun fies weh und wenn ich dran denke, dass ich heute Abend zur Zumba-DVD rumhüpfen muss, packt mich schon jetzt das Grauen. Könnte mal jemand bis Freitag vorspulen, bitte?

Meinen Kollegen geht es genauso, in der Konferenz vorhin herrschte einhelliges Zähneknirschen. Wenigstens regnet es heute, dann kriege ich nicht auch noch schlechte Laune, weil ich den Sonnenschein nicht genießen kann.

Wie erwartet war das Training im Fitness-Studio gestern Abend nämlich gar nicht witzig. Um es deutlich zu sagen: Ich habe mich ziemlich blamiert. Bei fast allen Geräten musste ich mindestens eine Stufe runterschalten, um wenigstens in die Nähe der geforderten zweimal 15 Wiederholungen zu kommen. Vier Wochen ohne Training machen sich halt bemerkbar.

Und genau wie befürchtet, hat mich die Beinmaschine völlig überfordert. Wer hat sich dieses Höllengerät eigentlich ausgedacht? Die Schmerzen in meinen sowieso schon übersäuerten Oberschenkeln waren jedenfalls beachtlich. Und dann hängt man auch noch da drin wie ein Schluck Wasser, den Hintern völlig unvorteilhaft herausgestreckt. DAS soll schön und fit machen?

Auf dem Laufband schlapp gemacht

Doch die eigentliche Blamage stand mir noch bevor. Nachdem ich mich durch meine Geräte gequält hatte, musste ich ja noch aufs Laufband zum Ausdauertraining. Normalerweise schaffe ich dann mit Ach und Krach 25 Minuten - gestern war eigentlich schon nach fünf Minuten Sense. Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding. Aber dann schon vom Gerät zu steigen war mir gegenüber meinen Mit-Trainierenden (die gefühlt immer mindestens zwei Stunden Trainingszeit auf ihrer Anzeige stehen haben und trotzdem noch unheimlich frisch aussehen) dann doch zu popelig. Auch ein Sport-Muffel hat seinen Stolz.

Also habe ich mich noch einige Minuten lang vorangeschleppt und bin dann völlig entkräftet und schweißgebadet in die Umkleide gewankt, wo ich erstmal zombiegleich auf der Bank gehockt habe, um Kraft fürs Umziehen zu sammeln. 

Schöne Überraschung

Daheim gab es dann allerdings eine schöne Überraschung: Der Herr des Hauses hatte etwas ganz Leckeres gekocht und extra mit knurrendem Magen auf mich gewartet, damit wir zusammen essen konnten. Und das, obwohl er schon seit dem späten Nachmittag daheim war und ich nach einem Besuch im Studio immer erst gegen halb 9 zuhause bin. Echt lieb. Wenn er auch in den nächsten Tagen mit mir essen will wird er sich aber an das Hungergefühl gewöhnen müssen, denn das Training verschluckt abends doch viel Zeit. Vor 20.30 Uhr habe ich bisher nicht auf der Couch gesessen, auf die Dauer auch unpraktikabel. Aber extra früher aufstehen um morgens Sport zu machen? Nee.

Tja, und heute Morgen bin ich wie gesagt mit einem Elends-Muskelkater in den Beinen aufgewacht. Ob das jetzt allerdings die späte Rache fürs Joggen oder der Höllenmaschine im Studio zu verdanken ist, weiß ich nicht. Nur gut, dass es Kollegin Ulrike Ebner nach ihrer Radtour gestern genauso geht und wir in der Redaktion jetzt gemeinsam rumjammern können ... 

Tag 2 - Laue Sommerluft statt Quälerei

Dienstagnachmittag, 16.50 Uhr

OK, so langsam wird mein Muskelkater schlimmer. Mittlerweile verziehe ich (hoffentlich unbemerkt von den Kollegen) ein wenig das Gesicht, wenn ich nach längerem Sitzen von meinem Stuhl aufstehe - meine Oberschenkel fühlen sich an, als ob jemand mehrere Akupunktur-Nadeln darin vergessen hätte.

Und ich bin ziemlich sicher, dass damit noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist, denn bekanntermaßen wird Muskelkater erst nach einiger Zeit richtig schlimm. Beim letzten Mal, als ich sieben Kilometer gejoggt bin, wurde er am zweiten Tag so übel, dass ich nur noch wie ein Cowboy nach einem besonders langen Ritt durch die Gegend schleichen konnte - also ziemlich O-beinig. Wenigstens haben sich einige Kollegen heute leidlich beeindruckt von meiner sportlichen Leistung gestern Abend gezeigt, das baut auf.

Die fiese Treppe

Wenn ich aber daran denke, dass ich in gut einer Stunde Feierabend habe (was ja an sich etwas Schönes ist), dann aber im Fitness-Studio aufschlagen muss, packt mich schon jetzt das Grauen. Es gibt da so eine ganz gemeine Maschine, bei der man aus der Hocke heraus ein Gewicht in die Höhe stemmen muss. Wie genau ich das heute anstellen soll ist mir schleierhaft. Schlanke, muskulöse Beine werden aber auch schrecklich überbewertet.

Und dann ist der Umkleideraum auch noch im Keller, sprich man muss nach der ganzen Plackerei auch noch eine Treppe hochsteigen. An diesem Hindernis bin ich früher schonmal fast gescheitert. Die Blicke der anderen Studio-Besucher waren einfach unvergesslich - ein Rentner, der auf seinem klapprigen Rad von den Tour-de-France-Profis überholt wird, dürfte ähnliche Blicke ernten. Am meisten freue ich mich auf den Moment, wenn ich mich nach dem Training in mein Auto fallen lassen kann und dann für den Rest des Tages keinen Muskel mehr rühren muss. Herrlich.

Dienstagmorgen, 11 Uhr

Wahrscheinlich werde ich schon morgen entsetzt den Kopf schütteln, wenn ich diese Zeilen lese, aber Sport ist gar nicht soooo schlimm. Ohne mich selbst loben zu wollen *hüstel*: Ich bin ziemlich stolz auf mich. Denn gestern Abend habe ich mich nicht nur zu meiner groß angekündigten Jogging-Runde aufgerafft, ich war auch gar nicht so schlaff wie befürchtet. 

Spätestens am Nachmittag machte es sich aber erstmal mein innerer Schweinehund auf meinem Schreibtisch bequem. "Das Wetter ist so schön, du könntest dich doch heute Abend einfach gemütlich auf die Terrasse setzen", flüsterte er mir ins Ohr. "Es merkt doch eh keiner, ob du wirklich laufen warst." Aber wie peinlich wäre das denn, wenn alle Kollegen sich an ihre Aufgaben halten und ich mache hier einen auf Schummelkönigin.

Deshalb habe ich mich nach einer Express-Runde im Supermarkt tatsächlich in die Sportklamotten geschmissen und bin los.

Ganz dynamisch ging es meine Straße runter, vorbei an der Pizzeria (die Gäste, die draußen auf der Terrasse ihr Abendessen genossen, schauten mir recht verblüfft hinterher, denn mein Wohnort ist nicht gerade das Mekka der Draußen-Sportler) und über die Straße ins Feld. Den ersten Anstieg schaffte ich noch recht anständig, oben angekommen musste ich aber erstmal eine kleine Verschnaufpause einlegen. Zeit genug, sich über die idyllische Landschaft und das tolle Wetter zu freuen - Sonnenschein, der Duft nach Feld und Wiesen, zwitschernde Vögel, hach, herrlich.

Hübsch ist es hier. (Foto: Müller)

Einziger Wermutstropfen: Natürlich fiel mir erst jetzt auf, dass meine Smartphone-App bisher vergeblich nach einem GPS-Signal gesucht und meine bereits zurückgelegte Strecke deshalb schnöde ignoriert hat. Mist, damit ist der Beweis meiner unglaublichen sportlichen Leistung dahin. Aber egal, müssen sie es mir halt so glauben.

Nach rund vier Kilometern ist bei mir immer der Knackpunkt erreicht. Etwa auf Höhe des Kleintierzüchtervereins war mir nicht nur ziemlich heiß, ich schnaufte wie eine alte, rostige Diesellock, meine Beine wurden schwer und ich hatte Schmerzen in der linken Schulter. Ich könnte ja einfach daheim anrufen und mich mit dem Auto abholen lassen, meinte mein Schweinehund - aber auch das wäre unheimlich peinlich. 

Drama am Wegesrand

Gut, dass mich ein Drama am Wegesrand von meinen Schummel-Gedanken abgelenkt hat. In einem Gänsegehege neben der Straße war gerade einer der Kleintierzüchter dabei, mit einem riesigen Staubsauger einen Berg Federn aufzusaugen - da hatte sich wohl ein Fuchs ein Abendessen gegönnt. Apropos, mittlerweile hatte ich ziemlich Hunger und musste jetzt erstmal wieder eine Gehpause einlegen. Mitten in der Landschaft zusammenzuklappen wäre schon unangenehm.

Doch danach ging es aufwärts. Die Schmerzen ließen wie durch Zauberhand nach, ich konnte wieder atmen und kam auch ganz gut voran - für meine Verhältnisse, heißt das. Im Schnitt sind das so acht Kilometer pro Stunde. Auf dem letzten Kilometer schien meine Gesichtsfarbe aber einen beunruhigenden Rotstich (meine Mutter sagt immer: Du hast einen Kopf wie ein Feuerbläser) angenommen zu haben. Denn einige Spaziergänger, die mir entgegen kamen, schauten mich besorgt an und machten sich anscheinend schonmal bereit, den Notarzt zu rufen - nur gut, dass ich nicht noch mal an der Pizzeria vorbei musste. Nach rund acht Kilometern kam dann endlich das Ziel in Sicht, meine Beine fühlten sich mittlerweile auch wie Blei an. Aln meiner Haustüre war ich ehrlich gesagt mehr als erleichtert, diese erste Aufgabe einigermaßen gut überstanden zu haben - auch wenn ich wohl wie ein begossener, ziemlich strubbeliger Pudel mit knallrotem Kopf ausgesehen haben muss.

Und hier jetzt der versprochene Beweis - auch wenn die App mich wie gesagt um mindestens einen Kilometer betrogen hat.

 

Sogar die Spätfolgen - sprich Muskelkater - halten sich heute Morgen in Grenzen. Ich habe zwar ein leichtes Stechen in den Oberschenkeln, aber sonst bin ich recht fit. Mal sehen, ob das morgen auch noch so ist. Heute Abend steht erstmal Gerätetraining im Fitness-Studio auf dem Plan. Meine Lust hält sich wie immer in Grenzen.

Tag 1 - Sportschuhe an und los

Ja, wir wissen es alle: Sport ist gesund, hält jung und macht Stress den Garaus – zumindest versprechen das diverse Gesundheitspäpste in schöner Regelmäßigkeit in Funk und Fernsehen. Warum nur fällt es mir dann so schwer, mich zum Sport aufzuraffen? Vielleicht, weil mein innerer Schweinehund treffender als Schweineelefant oder gar Schweinedinosaurier bezeichnet werden sollte.

Dabei hätte ich Bewegung dringend nötig. An einem durchschnittlichen Tag schleiche ich höchstens vom Bett ins Bad ins Auto an den Schreibtisch ins Auto aufs Sofa ins Bett. Gesundheitsbewusste Mitmenschen dürften jetzt entsetzt nach Luft schnappen. Ich gestehe: Ich bin ein Sportmuffel. Ich fühle mich schon als halbe Olympia-Siegerin, wenn ich mich einmal in der Woche zu einer Alibi-Jogging-Runde durchringe oder ab und zu in meinem Fitness-Studio rum turne – denn wie viele anderen bin ich dort Mitglied Marke Karteileiche.

Doch das soll in dieser Woche nun anders werden. Jeden Tag will ich mich aufraffen und Sport treiben – wahrscheinlich mit der Konsequenz, dass ich spätestens ab Tag zwei wegen des schrecklichsten Muskelkaters aller Zeiten wie Quasimodo durch die Redaktion schleiche. Aber egal. Wenns schee macht.

So sieht jedenfalls der (optimistische) Plan der Woche aus:

Am Montag wird gejoggt. Damit mir nachher niemand vorwirft, ich hätte nur eine kurze Runde ums Haus gedreht, dokumentiere ich meine sportliche Höchstleistung mittels Smartphone-Jogging-App. Geplant ist eine sieben Kilometer lange Strecke (mal sehen, ob ich Dienstag vor lauter Muskelkater in den Beinen überhaupt aus dem Bett komme).

Der Dienstag gehört den Folterinstrumenten im Fitness-Studio, das ich schon seit gut einem Monat nicht mehr von innen gesehen habe. Aber ich hatte auch viel zu tun, ehrlich! Und immerhin bin ich zweimal im Auto dran vorbei gefahren.

Am Mittwoch krame ich meine verstaubten Zumba-DVDs raus und hüpfe mehr oder weniger elegant durchs Wohnzimmer. Der Herr des Hauses lacht sich schon jetzt ins Fäustchen und meint, er würde seine Kamera in Anschlag bringen.

Donnerstagabend beehre ich mein Fitness-Studio erneut mit meiner Anwesenheit und genieße die wahrscheinlich ziemlich verblüfften Gesichter der Trainer.

Für den Freitag ist dann noch einmal eine abschließende Jogging-Runde geplant – wahrscheinlich komme ich dann schon nicht mehr übers Schneckentempo hinaus.

Also gut, packen wir’s an. Die Laufschuhe habe ich heute Morgen schon entstaubt und im Flur bereitgestellt. Bis dahin versuche ich mich mit Reinhard Fendrichs Sport-Hymne zu motivieren.