Eine Grünbrücke über die B 14 zwischen Herrenberg und Nufringen soll den Wildwechsel zwischen Schwarzwald und Schönbuch ermöglichen. Das Bauwerk soll nach mehr als zehn Jahren endlich Gestalt annehmen.

Straßen sind die Grundlage für den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Austausch. Für Wildkatzen, Rehe, Wildschweine und Reptilien teilweise unüberwindbare Hindernisse dar und zerschneiden damit deren Lebensräume. Dies führt dazu, dass der genetische Austausch zwischen verschiedenen Populationen nicht mehr ausreichend stattfinden kann. Durch die hohe Verkehrsdichte endet die Überquerung von Straßen für Tiere zudem häufig tödlich.

 

Grünbrücken sind eine Möglichkeit, um Tieren zu helfen, diese Barrieren wieder zu überwinden. Solch ein Bauwerk sieht das aus dem Jahr 2012 stammende Bundesprogramm Wiedervernetzung für die Bundesstraße B 14 zwischen Herrenberg und Nufringen, nördlich der Polizeihochschule beim Rötelesberg, vor. Bereits der 2007 entwickelte Bundeswildwegeplan des Naturschutzbundes Nabu, für den unter anderem untersucht wurde, wo besonders gehäuft Wildunfälle passieren, hat diesen Bereich als bedeutsamen Wildtierkorridor identifiziert. Laut baden-württembergischen Generalwildwegeplan der Forstlichen Versuchs und Forschungsanstalt des Landes hat der Korridor, der Schwarzwald und Schönbuch miteinander verbinden soll, „nationale Bedeutung“.

In der Sitzung des Technischen Ausschusses informierten Lukas Gönninger und Marlies Kanebley vom Regierungspräsidium Stuttgart (RP) über den Planungsstand für das Bauvorhaben, das sich in der Trägerschaft des Bundes befindet. Die Kosten werden auf rund acht Millionen Euro beziffert.

Laut Gönninger stellt die B 14, die sowohl tagsüber als auch nachts stark befahren ist, die Hauptbarriere in diesem Bereich dar, weniger die Gäubahnstrecke. Das Bundesprogramm sieht eigentlich eine Querung der B 14 mit einer Lösung der Bahnquerung vor. Da für letzteres aber, wie aus den Erläuterungen für den Vorentwurf des RP ersichtlich wird, noch keinerlei Planung vorliegt, sollen die Tiere daher so geleitet werden, dass sie die Bahntrasse an einer relativ flachen Stelle mit niedrigen Böschungen queren können. „Die Tiere wissen schon, wann sie eine Lücke finden“, um über die Gleise zu kommen, entgegnete Kanebley auf eine Nachfrage aus dem Gremium. Zumal eine Straße wesentlich häufiger frequentiert werde als eine Bahntrasse.

Wildkatzen sind bedroht – für sie sind Grünbrücken besonders wichtig Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Für den gewählten Bereich spricht aus Sicht der Planer die Topografie, die es möglich macht, eine 50 Meter breite Brücke mit einer lichten Höhe von 4,70 Metern zu errichten. Dazu komme aber auch die Möglichkeit, an vorhandene Habitatstrukturen anzuknüpfen und so einen barrierearmen Weg für Wildtiere zu schaffen. Mitgedacht haben die Fachplaner für die Grünbrücke bereits den zukünftige Radschnellweg zwischen Nufringen und Herrenberg mit fünf Metern Breite. Er wird auch unter der Brücke Platz finden. Die beiden rechts und links der Straße vorhandenen Wirtschaftswege werden verlegt.

An den Rändern der Brücke gibt es Sichtschutz vor Scheinwerfern

Auf der Grünbrücke soll ein „komplexer Offenlandlebensraum“ überführt werden, erläuterte Marlies Kanebley. Primär ist die Brücke für Wildkatzen gedacht. Aber natürlich soll möglichst vielen Tierarten der Weg über die Straße geebnet werden. Daher sollen auf der Grünbrücke, auf die ein Meter hoch Mutterboden aufgebracht wird, neben Feldgehölzen, auch Hochstaudenflur-Areale sowie Magerrasen und Magerwiesen als Biotoptypen entwickelt werden. Da auf beiden Seiten der Straße Zauneidechsen vorkommen, werden auch entsprechende Reptilienhabitate auf der Brücke geplant.

Auf den beiden Randkappen der Brücke werden zwei Meter hohe sogenannte „Irritationsschutzwände“ errichtet, die zum Beispiel Scheinwerferlicht in der Nacht minimieren. Entlang der Straße wird im Bereich der Brücke zudem ein zwei Meter hoher Zaun gebaut, der die Aufgabe hat, die Tiere auf die Grünbrücke zuzuleiten. Um den Zaun wildkatzensicher zu machen, bekommt er einen Überhang und einen Untergrabungsschutz. „Die Grünbrücke wird ausschließlich für Tiere gebaut“, betonte Kanebley. Wenn Wirtschafts- oder Radwege darüberführen, dann würden die scheuen Tiere die Brücke nicht so annehmen wie sie es sollen.

Korridor zwischen Schwarzwald und Schönbuch

Damit Wildkatzen und andere Waldbewohner den Korridor zwischen Schwarzwald und Schönbuch nutzen, müssen insbesondere im Offenland sogenannte Trittsteinbiotope geschaffen werden, damit die Tiere Versteckmöglichkeiten haben. Das sind künstlich angelegte Inseln zwischen zwei Schutzgebieten. Laut Kanebley brauchen Wildkatzen alle 100 bis 200 Meter Deckung. Die bereits vorhandenen Biotope aus dem BUND-Projekt „Wildkatzensprung“ werden dabei genutzt. Für weitere Trittsteine bestünde prinzipiell die Möglichkeit, dass Herrenberg diese für das städtische Ökokonto übernimmt. Denn der Eingriff in die Natur, der durch den Brückenbau erfolgt, kann auf der Brücke selbst ausgeglichen werden.

Aktuell stellen die Planer die notwendigen Genehmigungsunterlagen zusammen. Mit dem Bau, für den ein Jahr Zeit veranschlagt wird, könnte 2027 begonnen werden.

Warum Wege auf Grünbrücken nicht hilfreich sind

Grünbrücke
 Im Kreis Böblingen gibt es mehrere Grünbrücken. Teilweise sind sie schon mehrere Jahrzehnte alt. Die jetzt geplante Grünbrücke ist Teil des Bundesprogramms Wiedervernetzung des Bundes.

B 464
Im Jahr 2002 wurde im Rahmen des Baus der Bundesstraße eine Grünbrücke zwischen der Anschlussstelle Böblingen-Hulb und der südlichen Zufahrt nach Böblingen fertiggestellt. Sie ist 60 Meter lang und wird seit 2010 durch das Straßenbauamt des Landkreises gepflegt.

B 295
Eine weitere Grünbrücke führt zwischen Renningen und Leonberg über die Bundesstraße 295. Das 30 Meter lange und 61 Meter breite Bauwerk wurde im Jahr 2005 zeitgleich mit dem Ausbau der Bundesstraße zwischen dem Längenbühl und Renningen gebaut. Sie werde aber aufgrund eines vorhandenen Wirtschaftsweges vom Wild nicht so gut angenommen, heißt es vom Landkreis.

Rechtliches
Sowohl auf europäischer, als auf Bundes- und Landesebene sind sogenannte Wiedervernetzungsmaßnahmen vorgesehen. Bauwerke wie Grünbrücken oder Kleintierdurchlässe sollen zur dauerhaften Sicherung der biologischen Vielfalt wild lebender Tiere beitragen.