EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker hat sich mit deutlicher Kritik zur Lage der EU geäußert. Außerdem verkündete er, den milliardenschweren Plan für Investitionen in Europa ausweiten zu wollen.

Straßburg - EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker hat die Europäische Union erneut zu gemeinschaftlicheren Aktionen aufgerufen. In seiner Rede zur Lage der EU sagte Juncker am Mittwoch in Straßburg, dem Staatenbund fehle es noch immer an „Union“. Es gehe den Mitgliedsstaaten zu häufig um nationale Interessen, bemängelte der Luxemburger. Einige Entwicklung ließen vermuten, „dass wir es in Teilen mit einer existenziellen Krise der Europäischen Union zu tun haben“.

 

Er dämpfte außerdem die Hoffnung Großbritanniens auf Zugeständnissen beim künftigen Zugang zum EU-Binnenmarkt. „Es wird keinen Binnenmarkt a la carte geben“, sagte Juncker am Mittwoch in einer Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Er hoffe, dass die britische Regierung möglichst bald den Artikel 50 des EU-Vertrages aktiviere, damit die Austrittsgespräche beginnen könnten. Nur so könnten die „täglich wachsenden Unsicherheiten“ gestoppt werden. Man wolle mit Großbritannien auch künftig ein freundschaftliches Verhältnis. „Zu dieser Neuordnung gehört, dass nur derjenigen uneingeschränkten Zugang zum Binnenmarkt haben kann, der sich der Freizügigkeit der Personen und Arbeitnehmer verpflichtet fühlt.“ Hintergrund sind Darstellungen britischer Brexit-Befürworter, dass Großbritannien sowohl die Zuwanderung von EU-Bürgern beschränken und gleichzeitig weiteren Zugang zum EU-Binnenmarkt haben könne.

Durch das britische Austrittsvotum stellten sich viele weltweit die Frage, ob dies der Beginn des Zerfalls der EU sei, sagte Juncker. Man bedauere die britische Entscheidung zwar. „Aber die EU ist in ihrem Bestand nicht gefährdet“, erklärte der Kommissionspräsident.

Kampf gegen Arbeitslosigkeit

Im Kampf gegen Arbeitslosigkeit will Juncker den milliardenschweren Plan für Investitionen in Europa deutlich ausweiten. Er wolle die Laufzeit des Fonds nach 2018 um weitere drei Jahre verlängern und das angestrebte Investitionsvolumen auf bis zu 630 Milliarden Euro anheben, kündigte Juncker am Mittwoch im Europaparlament an.

Juncker will Entwicklungsländer unterstützen

Zur Bekämpfung von Fluchtursachen will die EU-Kommission außerdem über einen milliardenschweren Invesitionsfonds Entwicklungsländer wirtschaftlich stärker unterstützen. Juncker kündigte einen Fonds an, der Investitionen von mindestens 44 Milliarden Euro in Afrika und Nachbarländern auslösen soll. Würden sich die Mitgliedstaaten in derselben Höhe beteiligen, könnte das Investitionsvolumen Juncker zufolge auf 88 Milliarden Euro steigen. Der Fonds solle die Volkswirtschaften in Afrika und andernorts stabilisieren und Menschen dort Perspektiven geben, die sich sonst auf die gefährliche Reise nach Europa machen würden, sagte Juncker in Straßburg. Der Fonds soll ähnlich wie der nach dem Kommissionschef benannten Plan für Investitionen in Europas Wirtschaft funktionieren. Er lockt über EU-Garantien abgesicherte Kredite private Geldgeber, um ein Vielfaches an Investitionen auszulösen.

Junckers Rede war seit Wochen mit Spannung erwartet worden. Die EU befindet sich zur Zeit in einer Reihe von Krisen. Dazu zählen unter anderem der Zustrom von Flüchtlingen und Migranten sowie das Brexit-Votum Großbritanniens.

Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) war 2015 gegründet worden und soll Europas Konjunktur ankurbeln.