Jordanien und Ägypten bringen bereits Hilfslieferungen auf dem Luftweg in den Gazastreifen. Nun planen auch die USA Abwürfe von Hilfsgütern. Ob das wirklich etwas an der Lage ändert, ist offen.
Die USA wollen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen mit Hilfslieferungen aus der Luft versorgen. Man werde sich in den kommenden Tagen mit Jordanien und anderen zusammentun und weitere Lebensmittel und Hilfsgüter aus der Luft abwerfen, kündigte US-Präsident Joe Biden am Freitag im Weißen Haus an. Biden sprach zwar von der Ukraine, es handelte sich aber offensichtlich um einen Versprecher. Denn sowohl zuvor als auch im Anschluss redete er von der Situation im Nahen Osten.
Es müsse auch mehr Hilfe auf dem Landweg in den Gazastreifen gelangen, betonte Biden. „Wir werden darauf bestehen, dass Israel mehr Lastwagen und mehr Wege zur Verfügung stellt, damit mehr und mehr Menschen die Hilfe bekommen, die sie brauchen“, so der 81-Jährige. Denn die Hilfe, die aktuell in den Gazastreifen gelange, sei bei weitem nicht genug. „Wir müssen mehr tun, und die Vereinigten Staaten werden mehr tun.“
Katastrophale humanitäre Situation in Gaza
Abwürfe von Hilfslieferungen über dem Gazastreifen führen bereits Jordanien seit November und Ägypten seit wenigen Tagen durch. Die Flüge sind mit Israel koordiniert. Die abgeworfenen Lebensmittel oder Medikamente bringen eine gewisse Linderung der Not, vor allem in Gebieten, die wie der nördliche Gazastreifen mit Hilfslieferungen auf dem Landweg nur schwer oder gar nicht zu erreichen sind. UN-Organisationen weisen allerdings darauf hin, dass die Mengen, die durch Abwürfe geliefert werden können, eher gering sind.
Bei der großen Zahl der im Gazastreifen Not leidenden Menschen verpuffe die Wirkung schnell, heißt es. Hinzu kommt, dass in den betroffenen Gebieten in Gaza infolge des Kriegs jegliche Ordnung zusammengebrochen ist. Um die abgeworfenen Pakete prügeln sich häufig junge Männer, um etwas für ihre Familien zu ergattern. Einfacher wäre es, meinen UN-Mitarbeiter, wenn Israel einfach Lkw-Hilfslieferungen über Grenzübergänge im Norden des Gazastreifens zulassen würde.
Die US-Regierung mahnt seit Wochen die katastrophale humanitäre Situation in Gaza an und pocht auf eine Waffenruhe. Gemeinsam mit Ägypten und Katar vermittelt Washington zwischen der islamistischen Hamas und Israel, um eine Feuerpause zu erreichen. Ziele sind die Freilassung der Geiseln in den Händen der Hamas und die verbesserte Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen. Die Menschen im Gazastreifen brauchten mehr Nahrung, mehr Wasser, Medikamente und andere humanitäre Güter, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums am Donnerstag. „Und sie brauchen das jetzt.“
Netanjahu lässt humanitäre Hilfe beschränken
„Wir sind nicht in der Lage, genügend Hilfsgüter per Lastwagen zu transportieren, sodass wir verzweifelte Maßnahmen wie Luftabwürfe ergreifen müssen“, zitierte das Portal „Axios“ einen US-Regierungsvertreter vor einigen Tagen. Vertreter der Vereinten Nationen warnten zuletzt im Weltsicherheitsrat vor dem Hungertod Tausender Zivilisten im Gazastreifen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu treibt trotz laufender Verhandlungen über eine Waffenruhe eine Bodenoffensive im Gazastreifen voran und lässt humanitäre Hilfe beschränken.
Am Donnerstag hatten bei der Ankunft eines Hilfskonvois im Gazastreifen viele verzweifelte Menschen versucht, sich mit Hilfsgütern zu versorgen. Der Hamas-kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen zufolge sollen dabei mehr als hundert Menschen getötet und mehr als 700 verletzt worden sein. Während es von palästinensischer Seite hieß, israelische Soldaten hätten gezielt in die Menge geschossen, machte das israelische Militär das Chaos und Gedränge für die Toten verantwortlich. Zwar seien Schüsse gefallen, aber dadurch habe es nur wenige Verletzte gegeben. Zahlreiche Länder, darunter die USA und Deutschland, forderten daraufhin Aufklärung durch Israel. Die Tragödie ereignete sich an dem Tag, an dem die Marke von 30 000 Toten seit Beginn der israelischen Militäroffensive überschritten wurde.