... wie der 500 SL von Lady Di ins Mercedes-Benz-Museum kam, in welchem Stuttgarter Club Freddie Mercury feierte und warum Schuhe über einigen Stromleitungen hängen.

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Stuttgart - Wenn man seit vielen Jahren zwischen Wald und Reben lebt oder sogar in Stuttgart das Licht der Welt erblickte und es einen nie so richtig aus dem Kessel weggezogen hat, dann kann einen an der Landeshauptstadt nichts mehr so richtig überraschen. Oder? Man weiß, wie die Stuttgarter angeblich die Seilbahn zum Waldfriedhof nennen („Erbschleicherexpress“). Man weiß, warum die U-Bahn in Stuttgart zwar ein blaues U zum Zeichen hat, aber trotzdem Stadtbahn heißt (weil sie ober- und unterirdisch fährt). Und, wo einen der Weg hinführt, wenn man samstags zu den „Roten ins Neckarstadion“ geht (zum Heimspiel des VfB Stuttgart in der Mercedes-Benz-Arena).

 

Lesen Sie hier: Zehn Dinge, die man nur kennt, wenn man aus Stuttgart kommt

Doch auch die abgeklärtesten Stuttgart-Kenner dürften von den folgenden Fakten möglicherweise noch nie gehört haben: Also, los geht’s. Selbst eingefleischte Stuttgarter wissen vielleicht nicht, ...

... dass der Mercedes 500 SL von Lady Diana im Mercedes-Benz-Museum steht

Bordeauxrot ist er. Schnittig. Und man kann sich lebhaft vorstellen, wie Prinzessin Diana ihm elegant entsteigt. Im vierten Stock des Mercedes-Benz-Museums steht der Mercedes Benz 500 SL, der Anfang der 1990er Jahre der 1997 verstorbenen Prinzessin von Wales gehört hat. Wie er dort hinkam, ist eine richtig gute Geschichte: Diana war das erste Mitglied des britischen Königshauses, das privat ein ausländisches Auto fuhr. Die britische Automobilwirtschaft reagierte empört. So groß wurde der Druck, dass sich die Prinzessin schließlich gezwungen sah, den dunkelroten Flitzer an den Untertürkheimer Autobauer zurückzugeben. Seither befand sich der 500 SL in der unternehmenseigenen Sammlung und steht seit 2006 in der „Galerie der Namen“. Dort befindet er sich in bester Gesellschaft: Hier steht auch die Pullman-Staatslimousine, in der 1965 auch Queen Elizabeth II. durch Stuttgart kutschiert wurde.

... dass Stuttgart eine Rolle in einem Filmklassiker spielt

Das Stuttgarter Ballett hat Weltrenommee, seit John Cranko in den 1960er und 70er Jahren aus dem Kessel heraus die Tanzwelt revolutionierte. Für Tänzer hat der Name Stuttgart also einen besonderen Klang. Im 80er-Jahre-Filmklassiker „Fame“ darf die Landeshauptstadt dann auch nicht fehlen. Der Kultstreifen aus dem Jahr 1980 mit Irene Cara (die auch den Titelsong sang) in der Hauptrolle begleitet Schüler der New Yorker „High School of Performing Arts“ auf ihrem „Weg zum Ruhm“, wie der deutsche Titel lautet. Die Tänzerin Hilary van Doren träumt davon, auf den großen Bühnen der Welt zu stehen – als ihr (Achtung, 40 Jahre alter Spoiler!) eine ungewollte Schwangerschaft in die Quere kommt. In der Abtreibungsklinik hält Schauspielerin Antonia Franceschi einen herzzerreißenden Monolog: „Wissen Sie, ich hatte immer diesen verrückten Traum, dass ich alle klassischen Rollen tanze, bevor ich 21 werde. Ich will Giselle tanzen und Coppélia. Und Dornröschen und Schwanensee.“ Und jetzt kommt’s: „Ich will bejubelt werden in Stuttgart und Leningrad und Paris. (...) Da ist einfach kein Platz für ein Baby.“ Fame für Stuttgart sozusagen.

... warum in der Elisabethenstraße Schuhe in der Stromleitung hängen

Da baumeln sie – hoch über den Köpfen der Passanten: Schuhe, säuberlich zu Pärchen geknüpft. Sie hängen in der Stromleitung über der Elisabethenstraße im Stuttgarter Westen. Die ausgelatschten Turnschuhe hängen seit Jahren dort – Regen, Schnee und Sonnenstrahlen ausgesetzt. Aber warum hängen sie da und wer hat sie da hochgehängt? In Metropolen wie New York gehören solche hängenden Schuhe seit vielen Jahren zum Stadtbild. „Shoefiti“ heißt das Phänomen und ist längst zu einer Art Straßenkunst geworden. Im New Yorker Stadtteil Bronx sollen Gangs damit angefangen haben, ihr Revier mit den Schuhen zu markieren. Wer sie über die Stuttgarter Stromleitung geworfen hat, konnten wir leider auch nicht in Erfahrung bringen.

... dass Fürstin Gloria von Thurn und Taxis in Sonnenberg geboren ist

Sie ist der Inbegriff der Münchner Schickeria, geboren wurde Fürstin Gloria von Thurn und Taxis 1960 als Mariae Gloria Ferdinanda Joachima Gräfin von Schönburg zu Glauchau und Waldenburg aber in Stuttgart. Die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb einmal, die Fürstin habe das Licht der Welt in Degerloch erblickt. Eine Leserin unserer Zeitung rückte das bereits vor 15 Jahren gerade: Sie habe als junge Angestellte des Möhringer Standesamts die Geburt des hochadligen Säuglings eingetragen. Gloria sei in der damaligen „Klinik im Sonnenberg“ zur Welt gekommen. Der Fürstin wird es gleich sein – sie verbrachte ihre Kindheit ohnehin zum größten Teil im Ausland.

... dass die Weißhandgibbons in der Wilhelma ganze Arien singen

Sie sind nicht zu überhören: Weit schallen die Stimmen der Weißhandgibbons durch den zoologisch-botanischen Garten. Besucher, die eher am Nachmittag in der Wilhelma unterwegs sind, dürften sie noch nie gehört haben. Denn die Gibbons singen ihre Arien meist in den Morgen- und Vormittagsstunden. Wer sie gehört hat, vergisst das nicht mehr. Die verkappten Opernsänger der Wilhelma sind das schwarze Gibbonweibchen Kedua und das helle Gibbonmännchen Sundar. „Jeder Gibbon hat seinen ganz individuellen Gesang und seine eigene Melodieführung“, sagt Inga Dauter aus dem Presseteam der Wilhelma. Wissenschaftler fanden übrigens heraus, dass die Affen eine ähnliche Varianz haben wie Opernsänger – im Video geben Sundar und Kedua eine Kostprobe:

... dass Freddie Mercury im „Kings Club“ feierte

„Freddie sah gut aus, war ruhig, etwas unsicher, zurückhaltend, als er noch nicht ganz so berühmt war. Viele meiner Gäste haben sich in ihn verliebt.“ Laura Halding-Hoppenheit erinnert sich gut daran, wie Freddie Mercury in ihrem „Kings Club“ einlief, wenn er mit seiner Band „Queen“ Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre in Stuttgart oder Böblingen gastierte. Der Superstar, der 1991 seiner Aidserkrankung erlag, feierte bei Laura völlig unbehelligt: „Zum Glück gab’s damals keine Handys. Hätte man damals sofort Fotos bei Instagram oder Facebook gepostet, Freddie hätte keine Ruhe mehr gehabt. Er wollte tanzen, trinken, Sex haben, also einer wie viele andere sein.“

... dass „Blacky“ Fuchsberger den Text für die Hymne der Stuttgarter Kickers schrieb

„Blau und weiß sind unsere Farben/hoch die Kickers überall/wo sie Tradition erwarben/denn sie bleiben stets am Ball“ – diese legendären Zeilen stammen aus der Feder eines legendären Entertainers: Joachim Fuchsberger, besser bekannt unter seinem Spitznamen „Blacky“. 1974 schrieb er die Hymne für die Degerlocher – zusammen mit dem nicht minder legendären Erwin Lehn, Leiter des Südfunk-Tanzorchesters. Bis heute wird sie, in einer 2009 aktualisierten Form, bei jedem Heimspiel der Kickers angestimmt. Fuchsberger, der 2014 starb, wurde 1927 in Zuffenhausen geboren – wohlgemerkt nicht etwa in Stuttgart-Zuffenhausen. Denn als der Fernsehstar geboren wurde, gehörte Zuffenhausen noch gar nicht zu Stuttgart: die Eingemeindung erfolgte erst 1931.

... dass eine tödliche Tierkrankheit den Namen „Stuttgarter Hundeseuche“ trägt

Nicht eben schmeichelhaft: Leptospirose ist eine Hundeseuche, die zu Nierenversagen, Leberinfektion und schließlich zum Tod führen kann. Früher war sie unter Veterinären als „Stuttgarter Hundeseuche“ bekannt. Warum? Erstmals wurde der Hundetyphus 1898 bei einer Hundeausstellung in Stuttgart dokumentiert. Heute ist der Name „Stuttgarter Hundeseuche“ nicht mehr gebräuchlich und – gute Nachricht für unsere vierbeinigen Freude – es gibt eine Impfung dagegen.

... dass Puff Daddy im Benztown-Studio an der Weinsteige Musik aufnahm

Die Geschichte stammt von einem, der dabei war: DJ Thomilla, aka Thomas Burchia, erinnert sich noch an die Nacht im Jahr 2000, als die US-amerikanische Rapperlegende Puff Daddy, aka Sean Combs, nach einem Konzert in der Schleyerhalle die Muse küsste: Ganz schnell was aufnehmen wollte er. Die Stuttgarter Kolchose konnte helfen: Thomilla fuhr in der „Burg“, die Villa an der Weinsteige, in der Benztown Productions residierte, den Rechner hoch. Dann zog Puff Daddy ein – mit seiner ganzen Entourage: „Das müssen insgesamt 100 Leute gewesen sein. Mittendrin Puff Daddy, Jogging-Anzug, Slippers vom Hilton, Sonnenbrille, an allen Aufnahme-Stationen hat er nach dem Rechten gesehen. Morgens um 8 Uhr sind alle wie eine Wolke wieder verschwunden.“