Herz im Bierzelt verloren und schwups ist der Ehering weg? Klarer Fall für das Wasen-Fundbüro. Die Mitarbeiterinnen helfen den Besuchern aus so manchem Schlamassel.
Während das Cannstatter Volksfest noch in vollem Gange ist, behalten zwei Frauen immer einen kühlen Kopf: Claudia Papaianni Marchese (47) und Michela Totro (24) im Fundbüro direkt bei der Wasenwache. Sei es am Telefon oder hinter den Kulissen. Es ist ständig was los. Denn wer verliert nicht schon mal was. Der eine verliert sein Herz an eine andere Frau und vermisst plötzlich seinen Ehering. „Das passiert jedes Mal“, weiß Marchese. „Wir wetten schon, wann es geschieht.“ Dieses Mal ist es gleich zu Beginn des Wasens passiert. Und das gleich zwei Mal. Und einen Ehering wiederzufinden, sei schwierig. Der lande eher mal unglücklicherweise unerkannt im Abfall durch die Müllabfuhr und Reinigungsdienste.
Doch in der überwiegenden Zahl der Fälle können Marchese und Totro den Besuchern weiterhelfen. Manchmal merkt einer erst im Fundbüro, dass er noch mehr verloren hat. So erzählen die Mitarbeiterinnen von einem Volksfestbesucher, der seinen Geldbeutel abholen wollte. Ob er nicht noch mehr vermisse, wurde er gefragt. Doch der Mann konnte sich beim besten Willen nicht erklären, was. Am Ende händigten die Mitarbeiterinnen ihm auch seine Tasche aus, die er zuvor zur Aufbewahrung abgegeben hatte.
Mehr als nur den Geldbeutel verloren
Doch woher wussten das die Frauen? Nun, die Polizei war gekommen und hatte den Geldbeutel gebracht und in dem steckte der Abholschein für die Tasche. Keine Frage, der Volksfestbesucher freute sich doppelt, dass er beides wieder bekam, Geldbeutel und Tasche – und das, obwohl er einen Filmriss hatte. „Kann passieren“, sagt Marchese und lächelt.
Der Job im Fundbüro ist nicht nur vielseitig und abwechslungsreich, auch spielt viel Psychologie und Erfahrung eine Rolle, wenn die Menschen ihre verlorenen Gegenstände suchen oder wiederfinden. Die Mitarbeiterinnen müssen einiges ertragen, sagt ein Kollege des Sicherheitsdiensts im Vorbeigehen. Er ziehe seinen Hut, was sie sich anhören müssen. „Man wird auch mal angebäfft. Da muss man ruhig und freundlich bleiben“, weiß Marchese. Das Fundbüro ist mehr als eine Aufbewahrungs- und Fundstelle.
Auskünfte aller Art erteilen sie: Die häufigsten Fragen sind, wo die nächste Toilette und wo das DRK sind. Auch helfen sie mal weiter, wenn Besucher nicht mehr genau wissen, wie sie nach Hause kommen. „Wir arbeiten nicht nach einem Schubladensystem“, sagt Marchese. Das Telefon klingelt oft. Und seit diesem Jahr ist es schnurlos, sodass die Mitarbeiterinnen problemlos in den anderen Container laufen und sich die gesuchten Sachen genau beschreiben lassen können.
Nach Ende des Volksfestes wandern die Sachen ins städtische Fundbüro
Und das verlieren die Besucher: Hausschlüssel, Autoschlüssel, Kopfhörer, Fitnessarmbänder, Brillen und Bankkarten. Auch einige Hotelzimmerkarten sind dabei. Die Kleidung wird in Plastiksäcken gesammelt. Zehn Säcke sind schon im Zwischenlager. Ein Besucher hat seine Jeans geholt mit der Begründung: „Ich habe mich im Zelt umgezogen, weil ich mir eine Tracht gekauft habe.“ Ganz kuriose Sachen sind bislang nicht dabei. Höchstens die silberfarbenen High Heels stechen hervor.
Das Fundbüro steckt nicht nur voller Gegenstände, auch voller Geschichten zwischen Tür und Angel, Fenster und Straße, Telefon und Schreibtisch oder Computer. „Ich habe gerade alle E-Mails abgearbeitet“, sagt Marchese. Immer wieder öffnen sie das Fenster für Kunden, die etwas suchen. Übrigens: Schirme wurden bislang nur wenige abgegeben. „Vielleicht, weil es immer wieder geregnet hat“, sagt Marchese. Ihr gefällt der Job auf dem Wasen abseits ihres Hauptberufs. Sie ist bei einem Dienstleister für die Automobilindustrie tätig. Schließlich können sie vielen Menschen eine Freude machen, wenn sie ihre verlorenen Gegenstände wieder erhalten. Und das sind 60 bis 70 Prozent. Und da empfängt Marchese die Besucher auch in der zweiten Wasenwoche mit einem Lächeln. Besucher finden hier also auch noch etwas seltenes: gute Laune.
Das Fundbüro ist während des Cannstatter Volksfests bis 12. Oktober von Montag bis Freitag ab 12 Uhr, Samstag ab 9.30 Uhr, Sonntag ab 10 Uhr bis 30 Minuten nach Veranstaltungsende geöffnet, Telefon 0711/9005625. Am Montag, 13. Oktober, ist es von 12 bis 16 Uhr geöffnet. Dann gehen die nicht abgeholten Sachen ans städtische Fundbüro.