Selbst Ministerpräsident Winfried Kretschmann ärgert sich beim Telefonieren über die vielen Funklöcher, wenn er im Dienstwagen durchs Land schaukelt. Doch die Mobilfunkbetreiber tun sich schwer mit neuen Standorten für Sendemasten. Ihre Wut auf die Politik wächst. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) will helfen.

Stuttgart - Weil die Klagen über Löcher im Mobilfunknetz nicht abreißen, will Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut eine „Taskforce Mobilfunk“ ins Leben rufen. „Wir brauchen mehr Tempo beim Ausbau des Netzes“, sagte die CDU-Politikerin unserer Zeitung. Sie nannte es „bedenklich, dass die Mobilfunkversorgung nur stockend vorankommt, weil sich immer häufiger vor Ort Widerstände erheben“. Ohne ein leistungsfähiges und flächendeckendes Netz gefährde der Südwesten jedoch seine Wettbewerbsfähigkeit.

 

Erst jüngst hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann – wieder einmal – daran Anstoß genommen, wie häufig er beim Telefonieren auf Dienstfahrten von Funklöchern unterbrochen werde. Seit er von seinem Heimatort Sigmaringen mit dem Dienstwagen nach Stuttgart in die Regierungszentrale gefahren werde, also seit 2011, habe sich auf der Strecke noch kein einziges Funkloch geschlossen – und davon gebe es etliche.

Das Lamento richtete sich freilich schnell gegen Kretschmann selbst, der sich sagen lassen musste, es liege auch an den Behörden von Land und Kommunen, den Mobilfunkausbau voranzutreiben. Dieser werde „derzeit leider nur verbal als Aufgabe angesehen, die für den Wirtschaftsstandort wichtig ist“, sagte ein Telekom-Sprecher. Bei der konkreten Umsetzung stünden die Betreiber der Mobilfunknetze zumeist allein auf weiter Flur. Von denen gibt es in Deutschland drei: Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica.

Widerstand in den Kommunen

Nach Angaben der Telekom währen die Genehmigungsverfahren zu lang, außerdem mangele es an Standortflächen für Funkmasten. Allein in der Region Stuttgart wolle das Unternehmen 76 neue Standorte ausweisen, bei 14 betrage die Laufzeit des Verfahrens bereits mehr als drei Jahre. In 38 Fällen sei in den vergangenen Jahren die Standortsuche ergebnislos verlaufen. Die Malaise betreffe private wie öffentliche Liegenschaften.

Vodafone gibt an, in der Region Stuttgart entfielen auf jeden Vertragsabschluss über einen Funkmast drei bis vier gescheiterte Versuche. Dies geht aus einer Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2018 an die CDU-Fraktion hervor.

Noch mehr Masten für 5G-Standard

Staatlicherseits bewerten Fachleute die Klagen der Unternehmen als im Kern zutreffend. In den Kommunen zeige sich vielerorts Widerstand, der mit der Furcht vor Strahlenbelastung begründet werde und seine Wirkung auf die kommunalen Gremien nicht verfehle. Elf Monate dauert im Durchschnitt ein Genehmigungsverfahren in Baden-Württemberg. Das ergibt einen Platz im hinteren Viertel der Bundesländer. Die Telekom zählt auch Umweltauflagen zu den Gründen für fehlende Mobilfunkmasten. An das Land als Grund- und Gebäudeeigentümer ergingen laut Finanzministerium in den vergangenen Jahren 27 Anfragen zum Zwecke des Aufstellens einer Mobilfunkanlage. In zwölf Fällen wurde genehmigt, elf Anfragen wurden abschlägig beschieden, vier Verfahren laufen noch. Innerstädtisch kollidieren Funkmasten häufig mit dem Denkmalschutz, doch die Ablehnungsgründe sind vielfältig. Die Universität Hohenheim widersprach dem Aufstellen eines Sendemasts unter Verweis auf einen Feldversuch im ökologischen Landbau.

Mit der Ausweitung des Mobilfunknetzes auf den 5G-Standard wird sich das Problem weiter verschärfen, weil dieses Netz aufgrund seiner geringen Reichweite noch weit mehr Funkmasten erfordert.

– Das Elend mit den Funklöchern