Herr Epple, Herr Hermanutz, eigentlich hätten wir ja erwartet, dass die Fellbacher Bank ihre Fühler nach Kernen ausstreckt. Weshalb ist der Zusammenschluss mit den Kollegen aus der Nachbarschaft gescheitert?
Hermanutz: Wir hatten ein gemeinsames Gespräch mit der Kerner Volksbank und der Volksbank Untertürkheim. Ein paar Tage später kam die Information, dass sich die Kollegen in Kernen zurückziehen wollen – ohne nähere Angabe von Gründen.
Klingt fast so, als hätte in Kernen längst ein anderes Angebot auf dem Tisch gelegen...
Hermanutz: Davon kann man ausgehen. Drei Tage nach diesem Anruf stand jedenfalls die Information über die Fusion mit der Volksbank Stuttgart in der Zeitung. Da muss es ja Vorlaufzeit gegeben haben.
Und die Fellbacher Bank hat sich, kaum war der Wunschpartner weg, den Untertürk-heimer Kollegen an den Hals geworfen?
Epple: Nein, die Initiative ging ja auch nicht von uns aus. Wir hätten die Gespräche aber durchaus gerne zu dritt weitergeführt – mit Fellbach, Untertürkheim und Kernen.
Hermanutz: Die Untertürkheimer hatten uns signalisiert, dass sie vom Aufsichtsrat den klaren Auftrag haben, zu wachsen, um zukunftsfähig zu sein. Und wir seien die Wunschpartner. Aber es hieß auch: Wenn es mit euch nicht klappen sollte, werden wir uns anderweitig orientieren müssen. Als dann die Absage aus Kernen kam, war für uns klar: Der einzige Partner, der für die Fusion auf Augenhöhe bleibt, ist eben Untertürkheim.
Was wäre passiert, wenn die Fellbacher Bank diese Chance nicht ergriffen hätte?
Hermanutz: Stand heute müssten wir mit unseren aktuellen Ertragszahlen ja nicht fusionieren. Das heißt aber: Wenn die Untertürkheimer jetzt in eine andere Richtung gehen, und wir kommen in drei oder vier Jahren doch in die Situation, dass der Handlungsdruck entsprechend groß wird, was bleibt uns dann? Alternativen auf Augenhöhe und mit Verhandlungsspielraum für uns gibt es dann keine mehr.
Und damit war die Idee von der Dreier-Fusion unterm Kappelberg vom Tisch.....
Epple: Wir bedauern dies, wir hätten eine Dreier-Variante auch sehr gut gefunden. Aber das ist jetzt leider schon so gelaufen.
Wie umstritten war beim Annäherungs-prozess mit Untertürkheim denn die Frage nach dem Sitz der neuen Bank?
Epple: Umstritten ist der falsche Begriff. Es gibt einer Fusion immer ein paar Pfunde, die es zu verteilen gibt. Die aufnehmende Bank ist Untertürkheim. Das ist begründet durch die Grunderwerbssteuer – ihr Geld geben die Schwaben nicht gern ans Finanzamt. Das zweite Thema ist die Besetzung der Gremien und die Frage nach den Vorsitzenden. Der Name ist auch ein Thema als Kriterium: Es könnte ja auch sein, eine übernimmt den Namen komplett von der anderen Bank. Und dann geht es auch noch um den juristischen Sitz.
Ein Geben und ein Nehmen...
Epple: Nachdem die Vorsitzenden von Vorstand und Aufsichtsrat von Untertürkheim kommen, dort auch das aufnehmende Institut ist, war klar, dass sich auch Fellbach wiederfinden muss. Deshalb ging an Fellbach der juristische Sitz. Das hat aber auch ganz praktische Gründe: Der Gewerbesteuerhebesatz ist in Fellbach geringer als in Stuttgart.
Was macht das denn in Euro und Cent aus?
Epple: Das haben wir noch gar nicht gerechnet. Es kommt auch auf die Zahl der Mitarbeiter am Sitz an. Wir wissen aber noch nicht, wie viele das sind, es gibt noch kein Raumkonzept. Wir sind in Fellbach von den Räumlichkeiten her begrenzt, und das gilt auch für die Untertürkheimer.
Es wäre ja auch schade, das Gebäude hier am Berliner Platz aufzugeben.
Epple: Außerdem sind wir die einzige Bank mit Sitz in Fellbach. In Stuttgart wären wir eine von vielen. Durch den juristischen Sitz in Fellbach gehen die Azubis, künftig auch die aus Untertürkheim, nach Waiblingen in die Berufsschule. Wir haben auch innerbetriebliche Ausbildungen gemeinsam in der Kreisvereinigung der Volksbanken Raiffeisenbanken, wo sich die einzelnen Institute abwechseln. Das hatten die Untertürkheimer bisher nicht.
Fürs Identitätsgefühl der Fellbacher dürfte der Sitz fast wichtiger sein als der Name.
Epple: Wenn der Sitz in Untertürkheim wäre und auch noch der Vorsitz in den Gremien, wäre das kein Hinweis auf Ausgewogenheit oder die Augenhöhe im Verhältnis der beiden Fusionspartner. Dann würde es heißen: Jetzt werdet ihr geschluckt, jetzt geht ihr unter. Es gibt aber keinen Grund, dass eine Bank die andere schluckt, denn wir sind beide gesund. Und deswegen denke ich, der Sitz ist schon wichtig.
Es gab ja durchaus auch andere Vorschläge als den Namen „Volksbank am Württemberg“? Was stand denn bei der internen Beratung noch alles zur Auswahl?
Epple: Wir haben stundenlang überlegt – alle Alternativen drum rum, seien es Verbindungen mit Kreis, mit Flussnamen mit Bergen, Neckartal-Kappelberg, Berg und Tal kommen zusammen. Wir wollten auf jeden Fall etwas Positives und Zukunftsgerichtetes für die Benennung finden. Aber wie die Diskussion gezeigt hat, ist der Name auch wichtig.
Am Namen wird es ja wohl nicht scheitern...
Hermanutz: Der Name ist vielleicht auch eher ein Symbol. Das was möglicherweise damit verbunden wird, ist ein Stück weit Fellbacher Tradition und Fellbacher Werte. Manche mögen es schon so empfinden: Wir Fellbacher, wir verlieren etwas Gewachsenes, ein Stück Eigenständigkeit.
Ist das so?
Epple: Das ist eben genau das, was wir nicht wollen. Wir wollen ja nicht weniger Fellbach in der neuen Bank, sondern dass sich Fellbach im gleichen Umfang in der neuen Bank wiederfindet. Es wäre ein Trugschluss zu glauben, wir wollen etwas aufgeben. Wir werden die DNA der Fellbacher Bank in die neue Bank mit einbringen. Deswegen findet jetzt die Fusion mit Untertürkheim statt und nicht mit Stuttgart.
Was hätte denn eine Fusion mit der Volksbank Stuttgart für Folgen?
Epple: Mit Stuttgart – da sind wir uns einig – wäre das ein Prozess von wohl nur wenigen Jahren, dann wären wir wahrscheinlich assimiliert.
Hermanutz: Für so eine Entwicklung gibt es viele Beispiele von Fusionen im Genossenschaftsbanksektor, wo nämlich genau das passiert ist. Insbesondere bei Fusionen von Großen mit Kleinen.
Wie sehr stehen Sie im genossenschaftlichen Lager in Konkurrenz?
Epple: Um das ganz klar zu sagen, wir haben mit den Stuttgartern und allen Banken im Rems-Murr-Kreis ein kollegiales offenes Verhältnis. Es ist nicht so, dass wir ein Feindbild hätten. Wir bekriegen uns nicht.
Was ändert sich denn durch die Fusion für den Kunden, für den Mittelständler oder den Arbeitnehmer mit seinem Girokonto?
Hermanutz: Es sollte sich eigentlich gar nichts ändern. Es wird aber eine neue Kontonummer und IBAN geben.
Muss jeder Kunde dies zügig umstellen?
Hermanutz: Es gibt technische Übergangsfristen, das heißt, es wird mehrere Jahre lang ein Parallelbetrieb möglich sein. Wenn ein Kunde, nachdem die Fusion technisch vollzogen worden ist, seine IBAN nicht gleich beim Arbeitgeber ändert oder bei der Versicherung wegen des Lastschrifteneinzugs, wird das trotzdem noch mehrere Jahre ohne Komplikationen über das Konto gesteuert. Irgendwann wird der Kunde mit der Bitte um eine Änderung informiert, dass unter der alten IBAN immer noch Aufträge eingehen.
Ohne die Fusion hätten Sie überlegt, ob und wie sie die Filialen weiterführen. Was bedeutet das für den einzelnen Kunden?
Nein, das war von uns angedacht als ein Projekt für 2016, aber wegen der Fusion haben wir dies verschoben. Ich kann jetzt noch nicht sagen, was das für Auswirkungen hat, weil wir jede einzelne Filiale anschauen werden.
Liegen schon erste Erkenntnisse vor?
Hermanutz: Eine Frequenzanalyse haben wir schon gemacht. Wir sehen, dass an manchen Tagen in einzelnen Filialen nachmittags in zwei Stunden vielleicht nur fünf Kunden kommen. Da entsteht die berechtigte Frage: Muss man deswegen die Filiale offenhalten? In Oeffingen haben beispielsweise die Wettbewerber mittwochs nachmittags zu. Wir haben noch komplett offen.
Was gibt es an Veränderungsbedarf?
Hermanutz: An das Thema Öffnungszeiten werden wir sicherlich herangehen müssen. Es wird sich auch die Frage stellen, ob wir bestimmte Leistungen künftig noch in allen Filialen anbieten können? Müssen wir zum Beispiel den Einzelhändlern in jeder Filiale die Möglichkeit geben, ihr Schein- und Münzgeld in großer Menge abzugeben, und dazu eine Diskretkasse vorhalten? Oder können wir das an einem Standort zentralisieren? Überlegungen gibt es auch zur Frage, ob wir in den Filialen noch Fremdwährungen vorhalten müssen?
Kann es zu Filialschließungen kommen?
Hier ist nichts geplant. Aber die Bank hat nach der Fusion zwölf Filialen. Es wird schon die Frage aufkommen, ob man auf Dauer noch alle Filialen braucht. Es gibt aber noch nichts Konkretes und überhaupt keine Beschlüsse. Man kann es aber in der heutigen Zeit auch nicht ausschließen.
Hat die Fusion eigentlich eine Auswirkung auf die Kontogebühren?
Epple: Das Ziel dieser Fusion ist es jetzt nicht, die Gebühren zu reduzieren, sondern das, was wir geschaffen haben, in der Zeit der Niedrigzinsen zu halten.
Hermanutz: In der Zukunft werden wir die Produkte vereinheitlichen, da gehören Kontomodelle auch dazu. Das ist aber nicht vorrangig. Wir können durchaus eine gewisse Zeit auch parallel fahren.
Sie versuchen, Kosten zu minimieren...
Hermanutz: Wenn jemand in den Ruhestand geht, wird vielleicht die Stelle nicht wiederbesetzt. Es wird aber niemand entlassen, das ist ganz klar. Das haben wir von Anfang an gesagt und auch den Betriebsräten versprochen. Das ist keine Sanierungsfusion. Es geht ja beiden Banken gut.
Das Gespräch zur Bankfusion führten Sascha Schmierer und Hans-Dieter Wolz.