Weniger Mitglieder, weniger Nachwuchs: Um sich dem demografischen Wandel anzupassen, baut die evangelische Landeskirche vielerorts Stellen ab. Auch Weil der Stadt trifft es.

Zum Jahreswechsel sind in Weil der Stadt die beiden Kirchengemeinden Münklingen-Hausen und Merklingen fusioniert – zur neuen Würmtalgemeinde. Düstere Stimmung herrscht bei Martin Jetter, Pfarrer für Münklingen und Hausen, deshalb aber bei weitem nicht. „Ich sehe es nicht als Verlust, sondern als große Chance“, betont er. „Zwischen den Kirchengemeinderäten ist das Vertrauen sehr stark gewachsen.“

 

Und auch sein Kollege aus Merklingen ist guter Dinge: „Man macht einfach weniger Arbeit doppelt und bringt richtig gute Leute zusammen“, sagt Pfarrer Georg Hardecker über den Zusammenschluss – und schwärmt von neuen Chancen. „Es geht viel“, sagt er. „Die Menschen haben Ideen, Lust, Kraft.“ Gut gelaufen ist diese Fusion also allemal.

Eine halbe Stelle weniger in Münklingen

Trotz aller Hoffnung ist der Grund für den Zusammenschluss aber nicht unbedingt ein fröhlicher. Alle sechs Jahre erarbeitet die evangelische Landeskirche Württemberg einen sogenannten Pfarrplan, der eine Reduzierung der Zahl an Pfarrstellen bis 2024 von 1666 auf 1446 vorsieht. Und auch an den Kirchengemeinden in Weil der Stadt sollte das nicht ohne Einschnitte vorbeiziehen. Die Pfarrstelle in Hausen, die aktuell noch eine Vollzeitstelle ist, soll künftig nur noch 50 Prozent umfassen. Gemeinsam mit der Merklinger Gemeinde hat man sich deshalb also für eine Fusion entschieden, insbesondere, um die 50-Prozent-Stelle in Münklingen-Hausen durch die gewachsene Kirchengemeinde auch in Zukunft noch attraktiv für eventuelle neue Bewerber zu machen.

Mit dem Pfarrplan will die Landeskirche besonders die Auswirkungen des demografischen Wandels abfangen. „Wir verzeichnen einen nahezu parallelen Rückgang im Bereich junger Pfarrerinnen und Pfarrer zur Entwicklung der Gemeindegliederzahlen, sodass der Nachwuchs sich nach wie vor im grünen Bereich der Planungen bewegt“, erklärt Dan Peters, Sprecher der evangelischen Landeskirche Württemberg. Die Strukturen der Kirchengemeinden seien allerdings auf mehr Kirchenglieder und einen höheren Personalstand ausgerichtet. Das müsse nun angepasst werden. Der Betreuungsschlüssel verändert sich trotzdem nur unwesentlich: Im Gemeindepfarrdienst sollen auf eine Pfarrperson im Durchschnitt 1800 Gemeindeglieder kommen. Aktuell sind es 1450.

Schmerzhafte Einschnitte für viele Gemeinden

Fair will der Pfarrplan dabei sein: Jede Gemeinde muss mal bluten. Auch der Kirchenbezirk Leonberg ist vom Pfarrplan 2024 betroffen, 3,25 Pfarrstellen sollen wegfallen. An vielen Stellen sei das inzwischen auch schon vollzogen worden, berichtet der stellvertretende Leonberger Dekan Jochen Haas. Dieses Frühjahr kommt der nächste Pfarrplan – und damit erneute Einschnitte.

„Es ist eine große Veränderung“, so Haas. „Einschnitte, die auch schmerzhaft sind, bringt das für alle mit sich.“ Fusionen wie die in Weil der Stadt seien ein Mittel, um Aufgaben zusammenzufassen und den Effekt abzumildern. 2019 schlossen sich etwa die Gemeinden in Gebersheim und Höfingen zusammen, 2020 wurde sogar das Dekanat aus Ditzingen abgezogen.

Hoffnungsvoll bleibt Jochen Haas trotzdem, eine Fusion sei auch Chance, schließt er sich seinen Pfarrkollegen aus Weil der Stadt an. Nicht jeder müsse alles anbieten, eher solle man mehr miteinander denken. „Und nicht nur jeder für sich.“ Was Kirche soll und kann, wie man möglichst nah an den Menschen vor Ort sein und trotzdem zusammenarbeiten kann, sind für ihn die großen Fragen. Anders wird es, sagt Haas, „aber trotzdem lebendig.“