In Filderstadt schließen sich einige Gewerbe- und Handelsvereine sowie Bund der Selbstständigen zusammen. Die Verantwortlichen sagen, der Schritt sei überfällig gewesen. Im Interview erklären sie, warum.

Bernhausen - Aus vier mach eins: Vier Filderstädter Ortsverbände des Gewerbe- und Handelsvereins und des Bundes der Selbstständigen haben die Kräfte gebündelt. Die Vorsitzenden Herbert Köhn und Gerhard Holz erklären im Interview, warum der Schritt unausweichlich und richtig war.

 

Vier Filderstädter GHV- und BDS-Ortsverbände bilden nun den DGHI. Warum?

Herbert Köhn: Weil wir gemeinsam stärker sind. Und mit dem Ziel, dass wir einfachere Strukturen schaffen. Früher gab es vier Kassierer, heute gibt es einen. Früher gab es vier Schriftführer, heute gibt es einen. Früher brauchte man vier Vorstände, heute haben wir zwei. Die Personenzahl konnte reduziert werden. Es wird immer schwieriger, geeignete Personen für den Job zu finden, das muss man auch mal sagen.

Sie haben sich also verschlankt. War das ein Wunsch der Mitglieder oder der Vorstände?

Gerhard Holz: Sowohl als auch. Wie schon gesagt, Sie finden heute kaum noch Menschen, die eine ehrenamtliche Tätigkeit übernehmen wollen. Die Kommunen haben auch lieber einen oder zwei Ansprechpartner als fünf, sechs, sieben, acht, jeder mit einer anderen Meinung oder Vorstellung. Köhn: Wir haben so mehr Gewicht. Wir können mit einer Stimme sprechen. Das ist was ganz anderes, als wenn da vier Vereine mit zehn Leuten kommen. Wir haben jetzt auch eine eigene Geschäftsstelle, über die wir alles abwickeln.

Holz: Dadurch wird alles professioneller. Bei kleinen Vereinen läuft das oft nebenher.

Gab es auch Mitglieder, die gegen die Fusion waren?

Köhn: Es gab keine Stimmen, die gesagt haben: Lasst das. Die Mehrzahl der Mitglieder hat gesagt: Wir müssen das machen, um zukünftig überhaupt noch existent zu sein. Sie müssen heute Energien bündeln. Die vielen kleinen Gewerbevereine hätte es irgendwann gar nicht mehr gegeben.Holz: Es gab schon vor zehn, 15, 20 Jahren Bestrebungen in Filderstadt, diese Vereine zusammenzulegen, und jetzt hat man es geschafft. Wir haben uns Fachleute, Notar, Rechtsanwalt dazu geholt, damit das Ganze auch Hand und Fuß hat. Außerdem haben wir uns orientiert an den umliegenden Städten. In Kirchheim und Leinfelden-Echterdingen gab es das schon, wir haben uns mit denen ausgetauscht.

Es gibt nach wie vor Ortssprecher. Was haben Sie noch beibehalten?

Köhn: Im Fusionsvertrag steht ausdrücklich drin, dass alle bestehenden Veranstaltungen in den Ortsteilen erhalten bleiben und gestärkt werden. Es gibt keinerlei Einschränkungen. Im Gegenteil, wir wollen das Ganze ja ausbauen.

Wie ist der DGHI aktuell aufgestellt?

Holz: Wir haben rund 250 zahlende Mitglieder. Rein von der Größe her sind wir der zweitgrößte BDS-Verband in Baden-Württemberg.

Köhn: Wir sind momentan hauptsächlich ausgerichtet auf Selbstständige aus den Bereichen Dienstleistung, Handel und Handwerk. Wir sind aber jetzt auch offen für die Industrie, deswegen ist auch die Namensänderung zustande gekommen.

Gibt es auch Betriebe oder Gruppen, die Sie nicht erreichen?

Holz: Die haben Sie immer. Es gibt ein paar kleinere Gruppierungen, die nicht dabei sind, aber man hat denen die Tür offengehalten. Die Zusammenschließungsverträge sind so gestaltet, dass die jederzeit Mitglied werden können.

Köhn: Sielmingen zum Beispiel ist ein sehr starker Ortsteil mit einem sehr starken BDS. Die Siemlinger haben ihre Feste immer selber bewältigen können. Die waren in den Prozess eingebunden, aber die wollten momentan noch nicht. Das muss man akzeptieren.

Was sind Ihre Ziele?

Köhn: Wir wollen, dass man die Ortsteile stärkt und weiterentwickelt, sodass auch zukünftige und immer ältere Generationen attraktive und lebendige Ortszentren haben. Es gibt im Prinzip nur noch zwei Stadtteile, wo Einzelhandel im Ortszentrum vorhanden ist – Bernhausen und Bonlanden. Wir sind der Meinung, dass man vorher was machen muss, bevor die Läden weg sind. Es ist zu wenig, wenn man hinterher sagt: Jetzt machen wir wieder ein Sanierungsprogramm.

Holz: Wir haben schon Gespräche geführt mit dem Oberbürgermeister und dem Leiter der Wirtschaftsförderung, dass wir bei Veränderungen – Stadtteilmodernisierung et cetera – gehört werden. Wir müssen die Nahversorgung sicherstellen. Das ist eine Hauptaufgabe, da ist die Stadt genauso im Boot wie wir.

Köhn: Freies WLAN und eine Pedelec-Station gibt es momentan nur in einem Stadtteil. Aber so eine Pedelec-Station macht ja nur Sinn, wie Sie in jedem Stadtteil eine haben. So ist es ziemlich einseitig. Wir brauchen auch zusätzliche Gewerbeflächen für unsere ortsansässigen Handwerker. Das ist ein ganz wichtiges Thema.