Die strengen Auflagen wie Arbeitsplatzgarantie und Tarifbindung, die Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel an eine Supermarktfusion von Edeka und Tengelmann knüpft, sind richtig, meint StZ-Redakteur Thomas Thieme.

Stuttgart - Nüchtern betrachtet geht es bei dem seit mehr als einem Jahr andauernden Zoff gerade einmal um 0,6 Prozent Marktanteil. Darum würde sich der ohnehin schon immense Vorsprung des deutschen Marktführers Edeka im Falle der Übernahme aller 450 Tengelmann-Filialen erhöhen. Doch diese Sichtweise hat sich von Anfang an keine der Streitparteien zu eigen gemacht. Stattdessen überziehen sich vor allem der Tengelmann-Patriarch Karl-Erivan Haub und der beim Edeka-Tengelmann-Deal ausgeschlossene Rewe-Chef Alain Caparros seit Monaten mit handfesten Anschuldigungen. Kostprobe: „Bei Edeka kümmert sich der Vorstandschef um das Thema, bei Rewe nicht.“ (Haub an Caparros) Antwort: „Lieber Herr Haub, die Zeit der Sonnenkönige ist vorbei.“

 

Die hohen Hürden, die Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel nun für den Zusammenschluss aufgestellt hat, sind angemessen. Nur sie können verhindern, dass die Belegschaft unter den Machtspielchen in den Führungsetagen leiden muss. Gabriels Angebot stellt die vollmundigen Ankündigungen der fusionswilligen Manager auf die Probe: Sowohl Haub als auch Edeka-Chef Markus Mosa haben im Vorfeld der Entscheidung wiederholt betont, dass ohne die Ministererlaubnis 16 000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden. Angesichts der vielfach öffentlich geäußerten Absichten auch von kleineren Konkurrenten, Teile des Tengelmann-Filialnetzes übernehmen zu wollen, nur ein schwaches Argument.

Gabriel hat Recht, wenn er sagt, dass das Verfahren damit noch nicht abgeschlossen ist. Vielleicht möchten die Vertragspartner seine hohen Auflagen nach reiflicher Überlegung doch nicht erfüllen. Vielleicht zieht Edekas Hauptkonkurrent Rewe gegen die Ministererlaubnis vor Gericht – wie Unternehmenschef Caparros im Vorfeld bereits angekündigt hat. Auch wenn die Fusion gelingt und die Tengelmann-Belegschaft von Einschnitten verschont bleibt, wird der Deal mehrere Verlierer hervorbringen: Das sind die Hersteller und Erzeuger, deren Position gegenüber dem Händler-Krösus Edeka immer schwächer wird, sowie die Kunden in den betroffenen Regionen, deren Auswahl an Supermärkten kleiner wird. Auch die jetzigen Edeka-Beschäftigen könnten darunter leiden, wenn nur ihre „neuen Kollegen“ unter den Schutzschirm des Ministers gestellt würden.