Ein Führungsduo TSV Plattenhardt und Spvgg Holzgerlingen, das der Konkurrenz enteilt. Zwei Verfolger, die Frust schieben. Und ein Kampf gegen den Abstieg, in dem sich für diese Saison Rekordverdächtiges abzeichnet. Das sind die tabellarischen Eckdaten in der Bezirksliga Stuttgart/Böblingen auf der fußballerischen Schlussgeraden dieses Kalenderjahrs. Für die Mehrzahl der beteiligten Mannschaften bringt es der Bonlandener Trainer Carmine Napolitano dabei so auf den Punkt: „Man muss diesmal ja schon fast Meister werden, wenn man nicht um den Klassenverbleib bangen will.“ Das ist zwar bewusst etwas überspitzt formuliert, im Kern aber nicht weit von der Wahrheit entfernt. Aktuell beginnt der Bereich der Teams, die rechnend nach unten blicken müssen, bei Rang fünf.
TSV Plattenhardt – SV Oberjesingen
Was das angesprochene Thema „Meister“ betrifft, steuert derweil weiterhin der TSV Plattenhardt unbeirrt auf Kurs. Das 3:1 vom Sonntag gegen den SV Oberjesingen bedeutet für die von vornherein als Titelfavorit gehandelten Filderstädter den siebten Sieg in Serie. Und wer wollte sich von den Verantwortlichen somit daran stören, dass es diesmal ein ziemlich glanzloser war. „Jeder Gegner kommt gegen uns voll motiviert. Das macht es nicht einfach“, sagt der Trainer Slobodan Markovic, für den es freilich eh nicht um Schönheitspreise geht. Seine Devise benennt er so: „Hauptsache jede Woche drei Punkte.“ Jene tüteten nach einem frühen Rückstand Aristidis Perhanidis, Ekrem Servi und Pierre Eiberger mit ihren Treffern pflichtgemäß ein.
Theoretisch möglich ist der Herbstmeistertitel nun bereits am kommenden Samstag in Feuerbach, spätestens aber in zwei Wochen, wenn es dramaturgisch perfekt am letzten Hinrundenspieltag im Weilerhau zum Gipfeltreffen mit dem Tabellenzweiten Holzgerlingen kommt. In beiden Begegnungen soll dann auch der Ex-Profi und Trainer-Bruder Nemanja wieder zum Aufgebot gehören. Aktuell weilte er im Heimaturlaub. Ein anderer, der Kapitän Emre Göcer, klinkt sich als Nächster aus. Der Grund: Er heiratet.
SV Deckenpfronn – Spvgg Cannstatt
Die für die Plattenhardter aktuell positive Zugabe: Zwei ihrer Mitstreiter aus dem bisherigen Spitzenquartett haben überraschend gepatzt – in einem Fall untermalt von Donnergrollen. Andreas Contino, Trainer der Spvgg Cannstatt, macht aus seiner Verärgerung keinen Hehl, nachdem seine Mannschaft in Deckenpfronn mit 3:4 gestrauchelt ist. „Der Gegner war geiler, williger, hat anders als wir jeden Meter gefressen“, konstatiert er. Und: „Offenbar ist man bei uns gar nicht scharf darauf, aufzusteigen, sondern will man sonntags nur gemütlich ein bisschen Fußball spielen.“ Kurzum: ein Rückfall in vom Coach eigentlich überwunden geglaubte Zeiten. Zur Erinnerung: Am fünften Spieltag war ihm in identischer Angelegenheit schon einmal der Kragen geplatzt – seinerzeit gefolgt von einer zwischenzeitlichen Siegesserie.
Zeitigt das erneute Beben eine ähnliche Wirkung? Fakt ist: Die jetzige Begegnung wurde zu einer wilden Achterbahnfahrt mit schlechtem Ende für die Neckarstädter. Zwar drehten sie einen Blitz-Zwei-Tore-Rückstand in eine eigene Führung – vor allem Mehmet Karakus mit gleich drei Torbeteiligungen sei Dank. Dann aber schlug der Gegner mit einer nochmaligen Wende zurück. Bemerkbar machte sich das Fehlen des Abwehrchefs Markus Lurz (Achillessehnenreizung), wonach Contino die Seinen an einer richtungsweisenden Stelle sieht. Die beiden nächsten Gegner heißen Holzgerlingen und Croatia, der Zweite und Vierte des Klassements. Die Optionen sind: prompte Rückmeldung im Topplatzrennen – oder tatsächlich schon die Verabschiedung in den Wettstreit um die viel zitierte goldene Ananas.
Croatia Stuttgart – TV Echterdingen II
Besagter Mitbewerber Croatia Stuttgart ist einstweilen das zweite der erwähnten Pannenteams von „oben“. Das doppelt Bittere für die Kroaten: Ihr Lauf von zuletzt sechs Siegen endete just am großen Heimpremieren-Tag. Erstmals konnten der Trainer Mirko Sapina und die Seinen auf ihrem neuen Sportgelände am Frauenkopf antreten – in den vergangenen Wochen hatten dies die dortigen Bauarbeiten noch verhindert. Nun war die Vorfreude groß – und das Ergebnis umso ernüchternder, nämlich ein 1:5 gegen den Mitaufsteiger TV Echterdingen II.
„Wir waren nicht wirklich da und haben uns die Tore mehr oder weniger selber reingelegt“, sagt Sapina. Beim ersten und dritten des Gegners patzten der Kapitän Denis Cosic beziehungsweise der Keeper Mirko Perkovic. Hinzu kam, dass diesmal die offensive Schlagkraft fehlte. Außer Duje Tokic (Wadenverletzung) mussten auch Marin Vucemilovic (Finger angebrochen) und Ante Ljubic passen. Letzterer weilte auf größerer Bühne: Futsal-Bundesliga in Hamburg mit seinem eigentlichen Verein TSV Weilimdorf.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Gäste ihrerseits toll aufspielten, allen voran ein Angriffsduo. Johannes Kienzle und Jakob Wörne drehten auf. Der Erstgenannte kam auf zwei Treffer plus einen Assist. „Insgesamt“, attestiert der Trainer Martin Kittelberger, „waren wir unglaublich effizient – im großen Unterschied zu den Spielen zuvor.“
Freilich, in der Tabelle waren die Zähler auch dringend nötig. Und damit dann zum eingangs erwähnten Kapitel: Stand jetzt müssten aufgrund der Situation in der Landesliga sage und schreibe sieben Mannschaften absteigen. Für den Elften führte der Weg in die Relegation. Heißt: kollektives Bangen in der Staffel. Selbst der Fünfte SV Vaihingen ist in Anbetracht eines Polsters von gerade einmal sechs Punkten noch längst nicht auf der sicheren Seite. Entsprechend die zweckmäßige Zufriedenheit am Schwarzbach über das 2:0 gegen den Tabellendrittletzten ABV Stuttgart. „Auf unserem Rasen ist es zwar immer schwieriger, noch Fußball zu spielen. Aber alles in allem haben wir eine wichtige Pflichtaufgabe erfüllt“, sagt der Trainer Jeremiah Geywitz. Anders als noch am Donnerstag, als sich sein Team mit dem Pokal-Achtelfinal-Aus beim A-Kreisligisten SG Weilimdorf blamiert hatte (1:2).
Nun war es einmal mehr Fabijan Krpan, der den Unterschied machte. Erst eine Torvorlage, dann sein Saisontreffer Nummer 20, – das reichte und taugte als abermaliger Ausweis individueller Ausnahmequalität. Bei seinem finalen Streich benötigte der Youngster lediglich zwei Ballkontakte, um die Kugel schließlich volley zu versenken.
SV Bonlanden – VfL Herrenberg
Mit Knipserklasse warteten an diesem Wochenende indes auch noch andere auf. Beispiel SV Bonlanden, Beispiel Agonis Berisha. Jener glänzte als Wegbereiter zum 4:0-Ausrufezeichen gegen den VfL Herrenberg. Zwei Sololäufe durch die gegnerische Abwehr krönte der 24-Jährige mit einem Toredoppelschlag. Hinzu kamen für die Gastgeber „das nötige Spielglück und ein hervorragender Torhüter“, wie es der Trainer Carmine Napolitano formuliert. Luca Wiedmann zog dem nun viermal nacheinander sieglosen Gegner mit mehreren Paraden vollends den Zahn. Vor fünf Wochen waren die Herrenberger noch aussichtsreicher Gipfelanwärter, nun sind sie abgehängter Wackelkandidat, was zu Napolitanos These passt. Seine Einschätzung: „Eine verrückte Liga.“
Einziger Wermutstropfen fürs eigene Aufgebot: Bei Jannis Imme besteht der Verdacht auf einen Bänderriss im Sprunggelenk.
Zurück zu den Vollstreckern derweil: Ebenso zweifach netzte der Matchwinner des TSV Münster ein. Dessen Name: Abdoulie Nyassi. Er machte somit beim 3:0 gegen den VfL Oberjettingen den Sack zu. Wobei sich darüber streiten lässt, wem dabei der größere Anteil gebührte: Die Maßvorarbeit kam jedenfalls jeweils von Elias Mayr, der einen perfekten Startelf-Einstand feierte. „Der Junge hat gleich gezeigt, über welches Potenzial er verfügt“, lobt der Trainer Stefan Schuon. Im ersten Saisondrittel hatte der Sommer-Neuzugang aus Sommerrain noch schulisch und jobbedingt gefehlt.
Auf dem Konto der Münsterer stapeln sich nun bereits 24 Zähler – exakt doppelt so viele wie zum gleichen Zeitpunkt der vergangenen Saison. Schuons staunender Kommentar: „Ich weiß gar nicht, ob ich uns das vor der Runde zugetraut hätte.“
SC Stammheim – Sportvg Feuerbach
Dass es schlechterdings auch genau andersherum laufen kann, zeigt sich mit der Sportvg Feuerbach. Für jene gilt: vor einem Jahr nach 15 Spieltagen 29 Punkte, heuer nur 14. Immerhin aber ballerten sich die Nord-Stuttgarter aktuell etwas Frust von der Seele. Beim 8:0 auf dem Platz des Liga-Kanonenfutters SC Stammheim gelang insbesondere einem Akteur Aufbauhilfe in eigener Sache: Marin Pranjic traf viermal, seine Saisontore drei bis sechs. „Für ihn freut es mich besonders“, sagt der Trainer Rocco Cesarano, nachdem sein Youngster zuletzt quasi sinnbildlich für den unerwarteten Absturz seiner Mannschaft gestanden war. Vom jugendlichen Liga-Senkrechtstarter zum Angreifer, dem das Abschluss- und Verletzungspech an den Schuhen klebt. So wie für die Feuerbacher in diesem verflixten Wettbewerbsjahr 2024/2025 bislang irgendwie insgesamt.
Spvgg Holzgerlingen – TSV Rohr
In der Tabelle verweilt der Vorjahresfünfte trotz seines jetzigen vierten Saisonsiegs auf einem Abstiegsplatz, dicht an dicht nun mit dem TSV Rohr. Dessen Kicker gingen diesmal zwar leer aus, bestätigten jedoch ihren Aufwärtstrend. Als ermutigende Erkenntnis nimmt der Trainer Klaus Kämmerer aus dem 2:3-Auftritt beim Staffelvize Spvgg Holzgerlingen mit: „Wir sind allmählich wettbewerbsfähig.“ Vor allem die Leistung der zweiten Hälfte wertet er als „ein gutes Signal“. Bis vor ein paar Wochen hätte man sich beim Filderclub wohl noch ernsthafte Sorgen machen müssen: eine der schlechtesten Defensiven der Liga gegen deren Torfabrik schlechthin – konnte das gut gehen? Nun aber? Tatsächlich brachten die Rohrer ihren Gegner ordentlich ins Schwitzen. Einen Gegner, der im eigenen Stadion in dieser Saison als Heimmacht noch keinen einzigen Punkt abgegeben hat und dort im Schnitt pro Begegnung knapp fünfmal getroffen hat.
Was Kämmerer etwas hadern lässt: Die Chancen für gar mehr als ein nur achtbares Resultat ließ seine Elf liegen. Marcel Kousol und Yannik Jennert scheiterten jeweils am Torgebälk, und Lionel Schmidt zog im Eins-gegen-Eins mit dem Keeper den Kürzeren.
Türkischer SV Herrenberg – TSV Musberg
So war es in der Tat eine knappe Angelegenheit – im Gegensatz zum lediglich knapp wirkenden 0:1-Dämpfer für den TSV Musberg beim Türkischen SV Herrenberg. Die dortige Wirklichkeit: „Wir haben unsere schlechteste Saisonleistung gezeigt“, sagt der Trainer Denis Kühnle, „in Sachen Einstellung einfach zu wenig“. Insofern und auch in Anbetracht zahlreicher Tormöglichkeiten des Gegners war es für den Coach „nur eine Frage der Zeit, bis es klingeln wird“. Spät, in der 87. Spielminute, passierte eben dies. Der Kapitän Mert Köse verwandelte für die Gastgeber einen Freistoß direkt.
Folge: Auch bei den Musbergern darf der Rechenschieber sogleich wieder ausgepackt werden. Das Hoch von zuletzt mit sieben Siegen aus acht Spielen? Garantiert noch gar nichts. Wie gesagt: Der Grat zwischen Hui und Pfui ist heuer schmaler denn je. Auch wenn es nicht gleich so weit kommen wird, wie vom Bonlandener Trainer-Schlitzohr Napolitano insinuiert: Nein, beim künftigen Meister fängt noch keine Abstiegszone an. Zumindest das ist schon mal sicher.
Die Statistik zum 15. Spieltag
SC Stammheim – Sportvg Feuerbach 0:8. Tore: 0:1 Pranjic (2.), 0:2 Pranjic (17.), 0:3 Rodrigos Santos (35.), 0:4 Pranjic (60.), 0:5 Limani (71.), 0:6 Pranjic (78., Foulelfmeter), 0:7 Alexis Moissidis (83.), 0:8 Birn (86.). Besonderes: –
Croatia Stuttgart – TV Echterdingen II 1:5. Tore: 0:1 Kienzle (7.), 1:1 Kajinic (17., Foulelfmeter), 1:2 Kobasic (26.), 1:3 Kienzle (36.), 1:4 Wörne (38.), 1:5 Steyer (90.+3) . Besonderes: –
SV Bonlanden – VfL Herrenberg 4:0. Tore: 1:0 Berisha (8.), 2:0 Berisha (34.), 3:0 Adam (39.), 4:0 Poet (42.). Besonderes: –
TSV Münster – VfL Oberjettingen 3:0. Tore: 1:0 Schwarz (28.), 2:0 Nyassi (70.), 3:0 Nyassi (76.). Besonderes: Gelb-Rot für Kravoscanec (Oberjettingen, 88.)
Spvgg Holzgerlingen – TSV Rohr 3:2. Tore: 1:0 Yilmaz (6.), 2:0 Schildt (28.), 2:1 Kousol (31.), 3:1 Kislat (37.), 3:2 Seker (84.). Besonderes: –
SV Deckenpfronn – Spvgg Cannstatt 4:3. Tore: 1:0 Wick (1.), 2:0 Wick (6.), 2:1 Karakus (28.), 2:2 Hasanaj (37.), 2:3 Schulz (52.), 3:3 Wolf (61.), 4:3 Kimmerle (71.). Besonderes: –
TSV Plattenhardt – SV Oberjesingen 3:1. Tore: 0:1 Kotte (14.), 1:1 Perhanidis (21.), 2:1 Servi (39.), 3:1 Eiberger (77.). Besonderes: –
SV Vaihingen – ABV Stuttgart 2:0. Tore: 1:0 Ferrari (22.), 2:0 Krpan (74.). Besonderes: –
Türkischer SV Herrenberg – TSV Musberg 1:0. Tore: 1:0 Köse (87.). Besonderes: –