Wer muss in die Abstiegsrelegation? Das war das letzte große Fragezeichen in dieser Saison der Stuttgarter Fußball-Bezirksliga. Seit Sonntag gegen 17 Uhr steht die Antwort. Sie lautet: Aufatmen beim TSV Musberg, der SGM ABV/TSV 07 Stuttgart und der Sportvg Feuerbach über den knapp gesicherten Klassenverbleib – Ernüchterung derweil bei der SG Untertürkheim. Die Neckarstädter sind diejenigen, für die das Spieljahr unfreiwillig in die Verlängerung geht. Dies vermochte selbst ein Endspurt mit zuletzt drei Siegen nicht mehr zu verhindern. Bei allen anderen war die Luft schon zuvor draußen – was aber etwa den Meister MTV Stuttgart nicht aufhielt, sich nun noch mit einem weiteren Rekord in die Sommerpause zu verabschieden.
MTV Stuttgart – TSV Rohr
Bestes Hinrundenteam der Ligageschichte, längste Siegesserie der Ligageschichte, bester Punkteschnitt der Ligageschichte – all diese Marken hatte sich der MTV Stuttgart in dieser für ihn so rauschenden Saison bereits gesichert gehabt. Nun kommt zum Abschluss ein weiterer Allzeit-Spitzenwert hinzu: 127 erzielte Tore! So oft hat in 44 Jahren zuvor keine andere Mannschaft der Staffel eingenetzt. Mit ihrem 4:0-Heimsieg gegen den TSV Rohr leisteten die Kräherwald-Kicker eine finale Maßarbeit. Den bisherigen Rekord von NAFI Stuttgart aus der Serie 2015/16 toppten sie um genau einen Treffer. Der Youngster Vanja Lukic war es schließlich, der auf die Jubelzahl stellte.
„Klar, da hatten wir jetzt noch Lust darauf, das zu knacken“, sagt der Trainer Björn Lorer, für dessen Team sich der seit drei Wochen währende Feiermarathon überhaupt fortsetzte. Die Wimpelübergabe sowie eine Stadionfete rundeten das Geschehen ab. Für die Verköstigung war dabei aus den eigenen Reihen gesorgt: Die Kadermitglieder Emre Türköz und Paolo Carbone tischten auf. Wohl dem, der über den entsprechenden familiären Background verfügt. Im einen Fall kam die Lieferung aus dem väterlichen Feinkostladen, im anderen aus der elterlichen Eisdiele.
Während es für eine 21-köpfige Meister-Entourage inklusive Trainerteam nun nächste Woche noch auf den obligatorischen Mallorca-Trip geht, bleibt freilich der sportliche Part weiterhin mit im Fokus. Stichwort Personalplanung. Fürs Abenteuer Landesliga stehen mittlerweile zwei erste Neuzugänge fest. Vom Staffelrivalen Sportvg Feuerbach kommt Mertcan Özocak (24, Mittelfeld). Und von den A-Junioren des SGV Freiberg schließt sich Lion Janzen (19, Abwehr) den MTV-Rekordjägern an.
GFV Ermis Metanastis Stuttgart – SG Untertürkheim
Noch nix mit Jubel, Trubel, Heiterkeit dagegen wie erwähnt bei der SG Untertürkheim. Für jene gilt: nachsitzen. In welcher Spielklasse die Neckarstädter in der nächsten Saison auflaufen, wird sich nun erst am 25. Juni klären. Dann heißt es für sie im Relegationsendspiel „hopp oder top“. Auf neutralem Platz in Weilimdorf treffen der Trainer Verim Kica und die Seinen auf den Gewinner des vorherigen Spiels der Kreisliga-A-Vizemeister ASV Botnang und SV HNK Slaven Stuttgart. Außer einem eigenen Sieg in diesem K. o.-Duell gibt es aber auch noch eine zweite Rettungsoption: Steigt der Klassenrivale SC Stammheim seinerseits über die Relegation in die Landesliga auf, wären die Untertürkheimer automatisch durch.
Einstweilen sieht es Kica nüchtern: „Wir haben unsere Hausaufgaben erledigt, aber es war zu erwarten, dass das nicht mehr reichen wird“, sagt er. Das 5:0 beim bereits als Absteiger feststehenden GFV Ermis Metanastis Stuttgart, mithin der dritte „Dreier“in Serie, war letztlich wertlos, weil sich die direkte Konkurrenz keinen benötigten Ausrutscher leistete. Doch bleibt Kica positiv. Seine Devise: „Hier gibt es keine weinenden Augen. Wir sind in Form – und wir haben weiter alles selbst in der Hand.“ Aktuell trafen Elias Tweneboa und Louis Steinbach für seine hoch überlegene Elf jeweils doppelt.
Ironie des Schicksals: Dass der eigene zehnte Tabellenplatz heuer noch zum Schleudersitz werden kann, haben die Untertürkheimer dem Noch-Verein ihres künftigen Coachs zu „verdanken“. Wäre jener, Roger Bay, mit dem SV Bonlanden in der Landesliga nicht noch auf einen Abstiegsrang gestürzt, befänden sie sich jetzt schon auf der sicheren Seite.
TSV Musberg – OFK Beograd Stuttgart
Von dieser grüßen derweil seit Sonntag drei andere Wackelkandidaten des aktuellen letzten Liga-Spieltags. Aufatmen, Teil eins: der TSV Musberg. Jener hievte sich mit seinem 3:0-Pflichtsieg gegen das abgeschlagene Schlusslicht OFK Beograd Stuttgart sogar noch auf den sechsten Tabellenplatz. Das Hurra hält sich gleichwohl in engen Grenzen. „Minimalziel erreicht, mehr auch nicht“, sagt der Trainer Valentin Haug. Man habe insgesamt zu viele „Schundspiele gehabt, um weiter vorne zu landen“. Auch trauert der Coach noch dem verlorenen Pokalfinale gegen Stammheim nach.
Aktuell taten die Musberger sich selbst gegen nur zehn Gästekicker lange schwer. Der von anhaltenden Personalproblemen gebeutelte Kontrahent trat schon in Unterzahl an – und versammelte sich während der 90 Spielminuten hartnäckig um den eigenen Strafraum. „Gefühlt hatte Beograd zwei Minuten Ballbesitz. Dennoch haben wir uns ungeschickt angestellt“, sagt Haug. So war ein Foulelfmeter Mitte der zweiten Hälfte als Türöffner nötig – Lukas Zug verwandelte. Ruben Pinheiro Martins und Kasim Minhas legten nach.
TSV Plattenhardt II – SGM ABV/TSV 07 Stuttgart
Aufatmen, Teil zwei: die SGM ABV/TSV 07 Stuttgart. Für die Degerlocher wurde es gar noch eine richtige Zitterpartie – allerdings auch unter einer anderen ursprünglichen Erwartungshaltung. Als Aufsteiger hatte für sie von vornherein nur eines gezählt: eben der Klassenverbleib. Diesen machte die Mannschaft des Trainers Maximilian Uhlenberg mit einem 1:0 beim TSV Plattenhardt II vollends fix.
„Ein bisschen nervenaufreibend, dass wir bis zum Schluss bangen mussten“, sagt Uhllenberg. Aber nun alles gut. Zum Erlöser wurde der Torjäger Blessing Omoregie, der nach einem Eckball im Nachschuss zur Stelle war – nachdem den Gästen von der Waldau wenige Minuten zuvor noch auf der Gegenseite der Schrecken in die Glieder gefahren war. Da hatte der Plattenhardter A-Junior Mert Cengiz den Ball gegen die Querlatte geknallt. Danach einmal tief Luft geholt.
Sportvg Feuerbach – Spvgg Cannstatt
Und damit dann auch zum Aufatmen, Teil drei, und zur Sportvg Feuerbach. Ja, auch für die Nord-Stuttgarter wurde es eine enge Kiste. Nach dem ausreichenden 2:2 gegen die Spvgg Cannstatt herrscht bei ihnen mehr Erleichterung als Freude vor. „Hätte mir vor der Runde jemand gesagt, dass wir am Ende Glückwünsche zum Klassenverbleib erhalten, hätte ich wahrscheinlich komisch geschaut“, sagt der Trainer Rocco Cesarano. Nun immerhin blieb in einem holprigen Spieljahr ein abschließender Tiefpunkt erspart. Freilich: Als Spiegelbild taugte die aktuelle Begegnung allemal. Wie sagt Cesarano: „Ein solches Auf und Ab wie in dieser Saison habe ich noch nie erlebt.“ Und ein Auf und Ab war es denn auch am Sonntag. Nach den jeweiligen Führungstreffern von Ali Karsli und Alexis Moissidis steckten die Feuerbacher zweimal in der Nachspielzeit den Ausgleich ein.
Vorab hatten bereits die Stammkräfte Harun Kalkat und Michael Müller für Unmut beim Trainer gesorgt. Beide sagten für die so wichtige Begegnung kurzfristig ab. Auch darüber wird laut Cesarano noch zu reden sein, wie überhaupt man im Verein nun „sehr genau analysieren“ müsse, wie man es „künftig wieder besser machen kann“.
Ob der 24-Tore-Mann Karsli dann noch dabei ist, ist nach wie vor offen. Um ihn buhlt der Landesligist TSV Weilimdorf. Bereits sicher weg sind Mertcan Özocak (zum MTV Stuttgart, siehe auch oben) und Sergio Mavinga (zurück zum SC Stammheim).
Demgegenüber geht den Cannstattern ihr bester Schütze dieser Saison, Holly Bokilo (Fußballpause), definitiv verloren. Zudem schwanken die Routiniers Gianluca Marsiglio und Alexander Grigoras, ob sie weitermachen sollen. Es befinden sich aber auch vier Zugänge im Anflug. Deren Namen: Antonios Tsiouralis (Ermis Metanastis, Tor), Adrian Rzepka (SKV Rutesheim II, Mittelfeld), Aimar Lizoain Garayoa (SV GW Sommerrain, Angriff) – und Raffaele Napolitano. Letzterer, ebenfalls Stürmer, kommt vom Staffelrivalen TSV Rohr und folgt damit seinem Vater, dem Cannstatter Coach. Napolitano und Napolitano – familiäre Vereinigung.
Garayoa wiederum bringt 26 Kreisliga-A-Saisontore als Empfehlung mit. In der Staffel 1 seiner Spielklasse ist er 2022/2023 zweitbester Schütze.
Im Klassement muss sich der letztjährige Vizemeister Cannstatt indes mit dem fünften Platz begnügen. Aus dem Vorhaben, den SV Vaihingen noch zu überholen, ist nichts geworden. Die Vaihinger feierten ihrerseits mit einem 9:3 gegen Türkspor Stuttgart einen wilden Abschluss. Bis zur 40. Minute ein undenkbares Ergebnis, führten da doch die Gäste durch Marcel Avdic und einen Doppelschlag von Gökhan Gümüssu noch mit 3:0. Danach sei bei seinen Akteuren aber buchstäblich die Luft raus gewesen, sagt Türkspors sportlicher Leiter Tarkan Bucak. Nicht überraschend, denn: „Seit geraumer Zeit trainieren wir auch nicht mehr.“
Auf der anderen Seite startete „das Feuerwerk, das wir uns nach der Verabschiedung von unserem Interimscoach Jeremiah Geywitz, von Patrick Milchraum, Thomas Drephahl sowie meiner Wenigkeit vorgenommen hatten, eben etwas später“, sagt der zum letzten Mal spielende Vaihinger Spielleiter Benjamin Schiffner. Dabei steuerte er seine Saisontreffer 19 und 20 zum Kantersieg bei. Neuer Trainer wird wie berichtet Kai Liedtke (bislang SKV Rutesheim II).
TSV Uhlbach – SC Stammheim
Auf Wiedersehen, Bezirksliga – und das mit Anstand. So lässt sich unterdessen das 1:1 des Absteigers TSV Uhlbach im Heimspiel gegen den Zweiten SC Stammheim zusammenfassen. „Die Rückrunde war völlig in Ordnung, in der Hinrunde haben manche Sachen einfach nicht gepasst“, sagt Michael Mohsakowski, der seit vergangener Woche Uhlbacher Ex-Spielleiter ist. Er hätte sein Amt im kommenden Januar bei der Abteilungsversammlung eh an Florian Bechstein übergeben, habe das nun aber schon früher gemacht. „Ich halte es für sinnvoll, dass der neue Mann schon zum Saisonbeginn im Einsatz ist“, sagt Mohsakowski.
Tim Fröschle erzielte in seinem letzten Spiel für Uhlbach die Führung, Stammheims scheidender Torjäger Rudolf Buxmann (zum TSV Heimerdingen) glich mit seinem 20. Saisontreffer aus. Noch mehr als ihm hatten die Gäste ihren Punktgewinn aber dem starken Keeper Giuseppe Petteruti zu verdanken. Während Uhlbach zudem den Angreifer Mert Sönmez zum Landesligisten TV Oeffingen ziehen lassen muss, hält in Stammheim die Suche nach einem neuen Trainer an. Jedoch: Nun geht der Fokus des Vizemeisters erst einmal auf den Relegationsstart am Mittwoch (18 Uhr) in Ebersbach gegen den VfL Kirchheim.
Endstation Sommerpause – das gilt bis jetzt nur für 13 der 15 bisherigen Stuttgarter Bezirksliga-Teams. Für eben die Stammheimer sowie die SG Untertürkheim setzt sich der Nervenkitzel noch etwas fort.
Die Statistik zum Spieltag
Sportvg Feuerbach – Spvgg Cannstatt 2:2. Tore: 1:0 Karsli (30.), 1:1 Al Hariri (45.+2), 2:1 Moissidis (81.), 2:2 Al Hariri (90.+2). Besonderes: –
GFV Ermis Metanastis Stuttgart – SG Untertürkheim 0:5. Tore: 0:1 Tweneboa (26.), 0:2 Hinz (33.), 0:3 Steinbach (70.), 0:4 Steinbach (84.), 0:5 Tweneboa (90.). Besonderes: –
MTV Stuttgart – TSV Rohr 4:0. Tore: 1:0 Lukic (2.), 2:0 Graham (10.), 3:0 Odesh (17.), 4:0 Lukic (42.). Besonderes: –
TSV Musberg – OFK Beograd Stuttgart 3:0. Tore: 1:0 Lukas Zug (65., Foulelfmeter), 2:0 Pinheiro Martins (74.), 3:0 Minhas (77.). Besonderes: Beograd nur mit zehn Spielern angetreten
TSV Plattenhardt II – SGM ABV/TSV 07 Stuttgart 0:1. Tore: 0:1 Omoregie (65.). Besonderes: –
SV Vaihingen – Türkspor Stuttgart 9:3. Tore: 0:1 Avdic (5.), 0:2 Gümüssu (15., Foulelfmeter), 0:3 Gümüssu (22.), 1:3 Schilling (40.), 2:3 Danckert (45.), 3:3 Schilling (72.), 4:3 Schiffner (74.), 5:3 Di Nunno (76.), 6:3 Heringhaus (78.), 7:3 Schiffner (80.), 8:3 Burz (85.), 9:3 Danckert (88.). Besonderes: –
TSV Uhlbach – SC Stammheim 1:1. Tore: 1:0 Tim Fröschle (11.), 1:1 Buxmann (12.). Besonderes: –
Die nächsten Spiele
Beginn der Saison 2023/2024 am Wochenende 1. bis 3. September. Neu dabei: SV Bonlanden, TSV Plattenhardt, TSV Bernhausen (alle Absteiger aus der Landesliga); TSV Münster, SV Sillenbuch (beide Aufsteiger aus der Kreisliga A).