Fatih Yenisen vom Bezirksligisten TSV Münchingen steht mit 28 Treffern an der Spitze der Torjägerliste – obwohl er nicht jede Einheit mitmacht.

Könnte man Wetten darauf abschließen, wer nach dieser Saison in der Fußball-Bezirksliga Enz-Murr die Torjägerkanone in Empfang nehmen darf, würden die Quoten für Fatih Yenisen sehr wahrscheinlich extrem niedrig sein. Der Mittelstürmer des TSV Münchingen führt vor der Partie seines Clubs an diesem Sonntag (14.30 Uhr) beim TSV Benningen die Rangliste mit 28 Treffern mit deutlichem Abstand an – Tim Scheuermann (TSV Phönix Lomersheim) und Patrick Sirch (GSV Pleidelsheim) auf Rang zwei folgen mit jeweils der Ausbeute von 14 Treffern. Bruder Ahmet Yenisen, Trainer des TSV Münchingen, wundert die Quote seines Toptorjägers nicht: „Er hat einfach eine Riesen-Erfahrung und eine unglaubliche Ruhe am Ball“, stellt er heraus.

 

Der 39-Jährige blickt auf gut zwei Jahrzehnte als aktiver Fußballer zurück. Schon mit 19 Jahren stand der gebürtige Tauberbischofsheimer als Verteidiger beim FV Lauda seinen Mann. Als Linksfuß wurde er zumeist auf der linken Abwehrseite eingesetzt, er konnte aber auch in der Innenverteidigung spielen. Bis zu seinem 25. Lebensjahr war er für den 1. FC Pforzheim, den SGV Freiberg und den TSV Crailsheim in der Oberliga aktiv. Dann wagte der gelernte Defensivakteur den Sprung in den bezahlten Fußball: Er wechselte zum türkischen Zweitligisten Kirsehirspor. „Ich bin in der Oberliga beobachtet worden und bekam ein entsprechendes Angebot“, erinnert sich Fatih Yenisen.

Zwei Jahre lang spielte er in der zweiten türkischen Liga, ein drittes Jahr blieb ihm verwehrt, weil er den obligatorischen Gesundheitscheck damals nicht bestand. „Das war schon ein kleiner Rückschlag“, bekennt der 39-Jährige, der daraufhin über den Kontakt mit Rainer Adrion zur SpVgg 07 Ludwigsburg in die Verbandsliga wechselte. Nach zwei Jahren folgte ein weiterer Wechsel zum Verbandsliga-Konkurrenten Sportfreunde Schwäbisch Hall, ehe er 2012 seine Karriere bei TKSZ Ludwigsburg erstmals ausklingen ließ und sich auf seinen Beruf als Logistik-Prozessmanager konzentrierte.

Rücktritt vom Rücktritt

2016 schlüpfte er nochmals ins Trikot von TKSZ und wechselte nach einem kurzen Intermezzo bei FV Dersim Spor Ludwigsburg 2017 zum TSV Münchingen, wo sein drei Jahre älterer Bruder ein Jahr zuvor als Trainer eingestiegen war. Dieser setzte den gelernten Defensivakteur immer weiter vorne ein: In der vergangenen Saison auf der Spielmacherposition und der Außenbahn, wo er trotz einer mehrmonatigen Verletzung auf 13 Treffer kam. In dieser Spielzeit bekleidet der mittlerweile 39-Jährige erstmals das Sturmzentrum, und verbreitet in den gegnerischen Abwehrreihen Angst und Schrecken.

„In der Bezirksliga kann ich dank meiner Cleverness und Spielintelligenz gut mithalten, für die Verbandsliga würde es von der Dynamik und Power her nicht mehr reichen“, vermutet Fatih Yenisen. Dabei kann der Routinier wegen seiner Arbeitszeiten und diverser Fortbildungen gar nicht regelmäßig am Trainingsbetrieb teilnehmen. „Ich jogge zweimal pro Woche acht bis zehn Kilometer und versuche, beim Abschlusstraining dabei zu sein“, erklärt er. Fußball spielen will er noch, so lange sein Körper mitmacht. „Spielertrainer wäre nichts für mich. Trainer will ich erst werden, wenn ich selbst nicht mehr spielen kann“, stellt er klar.

Ex-Kollege Martin Lanig brachte es zum Profi

Im Grunde ist er mit seiner Karriere sehr zufrieden. „Ich habe mich durchgebissen. Beim 1. FC Pforzheim musste ich mich als 20-Jähriger gegen zwei andere Linksfüßer durchsetzen, die vom KSC und aus Freiberg gekommen waren“, weiß er. Ein wenig bedauert er, nicht den Sprung in den bezahlten Fußball in Deutschland geschafft zu haben – wie sein Ex-Mitspieler Martin Lanig vom FV Lauda, der später beim VfB Stuttgart, dem 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt spielte. „Vielleicht hätte ich in jungen Jahren die eine oder andere Entscheidung anders treffen sollen“, sagt Yenisen.