„Tore schießen ist das Schwerste am Fußball“, hatte Ex-Trainer und Defensivkünstler Huub Stevens in Hoffenheim immer wieder gesagt. Sein Nachfolger Julian Nagelsmannn lässt den Abstiegskandidaten stürmen - mit Erfolg.

Sinsheim - Mit einem Lausbuben-Lächeln hat Trainer-Novize Julian Nagelsmann auf seinen ersten Sieg am 22. Spieltag in der Bundesliga reagiert. Der 28-Jährige brachte 1899 Hoffenheim mit begeisterndem Offensivfußball und einem 3:2 (1:1)-Erfolg gegen den FSV Mainz 05 die Hoffnung auf den Klassenverbleib zurück.

 

Nach der gelungenen Heimpremiere des Newcomers liegen die Kraichgauer nur noch zwei Punkte hinter Werder Bremen und dem Relegationsplatz. „Das war ein Anfang, absolut“, meinte der überglückliche Nagelsmann. „Die Tabelle sieht jetzt ein bisschen schöner aus. Wir sind immer noch auf dem 17. Platz, aber da wollen wir bald wegkommen.“

Vor 24 019 Zuschauern in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena hatte zunächst Jhon Cordoba (11. Minute) für die Gäste getroffen. Nadiem Amiri (13.) und zweimal Mark Uth (68./76.) brachten die angriffslustigen Kraichgauer mit 3:1 in Führung, ehe Jairo Samperio (78.) noch verkürzte. „Jeder kann sich zu 100 Prozent mit dieser Spielweise identifizieren“, sagte Nationalspieler Kevin Volland. „Hoffenheim steht für offensives Spiel, das haben wir heute gezeigt.“

Für die Rheinhessen war es nach zuvor drei Siegen in Serie dagegen ein Rückschlag im Kampf um die Europa-League-Plätze. Es habe die Mannschaft gewonnen, „die den Sieg mehr wollte“, meinte Trainer Martin Schmidt.

Nicht-Angriffs-Befehl aufgehoben?

Sein Kollege Nagelsmann hatte am vergangenen Wochenende beim 1:1 in Bremen seine Premiere als jüngster Chefcoach der Erstliga-Historie gefeiert. Die Hoffenheimer stürmten im Vergleich zur Amtszeit von Huub Stevens („Die Null muss stehen“) so elan- und fantasievoll, als hätte Nagelsmann einen Nicht-Angriffs-Befehl aufgehoben.

Die TSG hatte vor dem so wichtigen Spiel die Kampagne „Alle gegen Einen - Alle gegen den Abstieg“ ausgerufen - und legte wild entschlossen los. Der Rückschlag erfolgte aber schnell: Bei einem Konter entwischte der kolumbianische Stürmer Cordoba seinem Bewacher Fabian Schär und tunnelte Torhüter Oliver Baumann. Doch nur zwei Minuten glich Jungstar Amiri auf Zuspiel von Eduardo Vargas aus.

Schmidt hatte die Mainzer Abwehr umstellen müssen: Für den am Knie verletzten Stefan Bell und den gesperrten Giulio Donati kamen Alexander Hack und Daniel Brosinski. Die Hintermannschaft des FSV hatte bei dem munteren Schlagabtausch kaum Zeit, sich zu finden.

Handschrift des neuen Cheftrainers unverkennbar

Nach einer halben Stunde hätte Nagelsmann beinahe erneut gejubelt: Schiedsrichter Günter Perl pfiff die Hoffenheimer zurück, nachdem Keeper Loris Karius mit seinem Mitspieler Leon Balogun und Vargas kollidierte. Beim Schuss von Uth weit außerhalb des Strafraums kullerte der Ball ins Netz, aber der Referee gab den Treffer nicht.

Die Handschrift des neuen Cheftrainers war unverkennbar, für Konter blieb seine Mannschaft jedoch anfällig. In der 40. Minute musste Baumann in höchster Not gegen Christian Clemens retten.

Nach der Pause schienen sich die Mainzer zunächst besser auf den offensiven Gegner eingestellt zu haben. Dann aber schlug der bisherige Bankdrücker Uth zweimal zu. Glück hatte Hoffenheim, als Niklas Süle nach einem Schuss von Fabian Frei auf der Linie rettete. Nach dem Anschlusstreffer durch Samperio hatten die Hoffenheimer noch bange Minuten zu überstehen. „Ich hab’ 7000 Mal auf die Armbanduhr geschaut, wann die drei Minuten endlich um sind“, sagte Nagelsmann zur Nachspielzeit.