Am Sonntag wird über die künftige TV-Geld-Verteilung in der ersten und zweiten Liga entschieden. Wir erklären, um was es geht und warum der VfB schlechte Karten hat.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Frankfurt - Christian Seifert, der Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL) wünscht sich „Anstand und Solidarität“. Doch das klingt mit Blick auf die bevorstehende Abstimmung des DFL-Präsidiums an diesem Sonntag nach Wunschtraum. Zu unterschiedlich sind die Interessen, zu aussichtslos scheint eine alle zufriedenstellende Lösung. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um die künftige Verteilung der TV-Millionen.

 

Um was geht es?

Wer bekommt ab der kommenden Saison 2021/22 wie viel von den TV-Geldern ab? So lautet die Frage, mit der sich das neunköpfige DFL-Präsidium an diesem Sonntag befasst. Einen gemeinsamen Nenner zu finden kommt der Quadratur des Kreises gleich. Denn die Interessenslagen zwischen Topclubs wie dem FC Bayern München und kleinen Lichtern der zweiten Liga wie den Würzburger Kickers sind gänzlich verschieden. Insgesamt 1,1 Milliarden Euro aus der nationalen Vermarktung plus 200 Millionen aus internationalen Erlösen sprudeln bis zur Saison 2024/25 jährlich für die 36 Vereine der ersten und zweiten Liga aus dem Füllhorn.

Wie wird das Geld bisher verteilt?

Anders als bis zur Saison 1998/99, als die Gelder nach dem Gießkannenprinzip auf alle Clubs gleichmäßig verteilt wurden, spielten zuletzt fast ausschließlich sportliche Gesichtspunkte eine Rolle. Je nach Rechenart bis zu 98 Prozent. Entscheidend ist die Fünf-Jahres-Wertung, also das tabellarische Abschneiden der Clubs in den vergangenen fünf Spielzeiten. Der FC Bayern München kassiert als Meister für diese Saison 105,4 Millionen Euro, der VfB Stuttgart 45,7 Millionen. Am unteren Ende der Geldrangliste liegt Zweitliga-Aufsteiger Würzburger Kickers mit 7,5 Millionen Euro. Der Verteiler-Schlüssel zwischen erster und zweiter Liga beträgt 80:20.

Was streben die Aufständischen an?

Sie fordern eine gleichmäßigere Verteilung. „Es muss unser gemeinsames Interesse sein, dass die Fans einen Wettbewerb sehen, bei dem sie nicht schon vorher wissen, wie er ausgeht“, sagt etwa Thomas Hitzlsperger. Der Vorstandsvorsitzende des VfB ist Teil einer Reform-Bewegung, der neben dem VfB auch Mainz 05, der FC Augsburg, Arminia Bielefeld sowie zehn Zweitligisten angehören. Sie haben im Oktober ein Positionspapier an die DFL auf den Weg gebracht und sich damit den Zorn von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge zugezogen. Kern ihres Reformvorschlags ist ein gleichmäßig verteilter Sockelbetrag von 50 Prozent. Auch gesundes Wirtschaften à la SC Freiburg soll belohnt werden, außerdem möchten sie die Attraktivität der Clubs gemessen an Zuschauerzahlen und Einschaltquoten berücksichtigen. Am Ende soll der Meister nur noch doppelt so viel wie der Tabellenletzte erhalten. Aktuell ist es nahezu das Vierfache.

Wie argumentieren die Besitzstandswahrer?

Nach dem alten FDP-Motto „Leistung muss sich lohnen“. Die Topclubs der Liga verweisen auf die größere Reichweite durch mehr Sendezeit. Tatsächlich ist der FC Bayern häufiger im Fernsehen zu sehen als Arminia Bielefeld oder der VfB. Weshalb Rummenigge findet, dass es in Deutschland „eine sehr solidarische, ausgewogene Verteilung der TV-Gelder gibt“. Er sieht keinen Grund, am bisherigen Verteilerschlüssel etwas zu ändern und hat das Gros der Erstligisten hinter sich. Sie haben sich mit ihren TV-Millionen im Kampf um Champions- und Europaleague-Plätze gut eingerichtet.

Wer entscheidet am Sonntag?

Die neun Mitglieder des DFL-Präsidiums legen sich auf einen künftigen Verteilerschlüssel fest. Neben Christian Seifert und DFL-Stellvertreter Peter Peters ist das Gremium mit jeweils einem Vertreter des Deutschen Fußball Bundes, des FC Bayern, des 1.FC Köln, SC Freiburg, Holstein Kiel, FC St. Pauli und Darmstadt 98 besetzt. Am Montag werden die 36 Clubs auf einer Mitgliederversammlung über die Beschlussvorlage des Präsidiums abstimmen.

Was ist zu erwarten?

Die Revolution wird ausbleiben – alles andere wäre eine dicke Überraschung. Die DFL ist seit jeher bestrebt, die internationale Wettbewerbsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Eine nationale Schwächung der Topclubs würde diesem Bestreben entgegenstehen. Zwar wünscht man sich auch in der DFL wieder mehr Spannung im Meisterkampf. Diese lasse sich aber am ehesten dadurch erreichen, indem andere Spitzenclubs wie RB Leipzig, Bayer Leverkusen oder Borussia Mönchengladbach weiter finanziell stark ausgestattet werden. Deshalb soll höchstens an kleinen Stellschrauben gedreht werden. Am größten sind die Chancen auf Veränderung noch bei der Nachwuchsarbeit, die künftig stärker gewichtet werden soll.

Wie relevant sind die Fernsehgelder wirklich?

Tatsächlich zementieren die Einnahmen aus den TV-Übertragungen den sportlichen Wettbewerb. So war die Abschlusstabelle der Fußball-Bundesliga in den vergangenen Jahren mit wenigen Ausnahmen ein Abbild der Fernsehgeld-Tabelle. Auf der anderen Seite machen die Topclubs vor allem mit ihren internationalen Auftritten Kasse. So nahm der FC Bayern in der vergangenen Saison durch die Champions League 135 Millionen Euro ein. Ein paar Millionen weniger aus dem Fernsehtopf würde den Vorsprung auf Vereine wie den VfB also kaum verringern.

In unserer Bildergalerie sehen Sie, welcher Club wie viel Geld kassiert.