Huub Stevens glaubt, dass die verpasste Qualifikation der niederländischen Nationalmannschaft für die EM kein Zufall ist. Für den früheren Trainer des VfB Stuttgart liegt der Fehler im System. Es werde zuviel von „schönem Fußball“ gesprochen und dabei die Defensive vernachlässigt, sagte der 61-Jährige der StZ.

StuttgartHuub Stevens (61) glaubt, dass die verpasste EM-Qualifikation der niederländischen Nationalmannschaft kein Zufall ist. Für den früheren VfB-Trainer liegt der Fehler im System.

 
Herr Stevens, einen lustigen Abend werden Sie am Dienstag wohl eher nicht erlebt haben, weil die Niederlande nach einer 2:3-Niederlage gegen Tschechien die Teilnahme an der Fußball-EM 2016 verpassten?
Meinen Sie, dass ich deshalb sehr traurig gewesen bin?
Ja.
Sie haben recht. Ich habe das Spiel im Fernsehen verfolgt. Dass unsere Mannschaft in Frankreich nicht dabei ist, ist nicht nur schlecht für den Fußball, sondern auch für die ganzen Geschäfte bei diesem Turnier um den Fußball herum. Denken Sie nur an unsere vielen Fans, die viel Geld ausgegeben hätten, um die Spiele zu besuchen – nicht nur für die Eintrittskarten.
Jetzt müssen die niederländischen Schlachtenbummler zu Hause bleiben.
Überraschend kommt das für mich nicht, denn dass dieser Fall eintritt, hätte man ahnen können.
Sind Sie plötzlich auch noch Hellseher oder wie meinen Sie das?
Durch den dritten Platz bei der WM 2014 haben bei uns viele den Blick für die Wirklichkeit verloren. Wir sind übermütig und leichtsinnig geworden. Das hat man gespürt. Alle haben geglaubt, dass die Qualifikation für die EM ein Selbstläufer wird, nach dem Motto: das schaffen wir schon mit links. Aber eine solche Einstellung ist immer tödlich im Fußball.
Lag es nur an der Einstellung, dass das Team ausgeschieden ist, oder spielten auch noch andere Faktoren eine Rolle?
Die Probleme sind hausgemacht, da ist vieles zusammengekommen. Ein Beispiel ist die Frage, wie wir bei der WM denn überhaupt Dritter geworden sind.
Wie lautet die Antwort?
Vor allem doch dadurch, dass unser damaliger Trainer Louis van Gaal entgegen der traditionellen holländischen Schule und entgegen vieler Widerstände in der Heimat auf ein Defensivkonzept umgestellt hat. Aber davon wollte anschließend keiner mehr etwas wissen.