Die Proficlubs können nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aufatmen, sollten sich aber nicht zu sicher sein. Der Fall Bosman wurde auch erst vor dem Europäischen Gerichtshof entschieden. Ein Kommentar von Peter Stolterfoht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Erfurt - Das Bundesarbeitsgericht hat noch einmal ganz genau hingeschaut und klar erkannt, dass sich die Vertragssituation des Stürmers Robert Lewandowski nicht mit der einer Angestellten im Bayern-Fanshop vergleichen lässt. Schließlich liegt der jährliche Gehaltunterschied in diesem Fall bei vielen Millionen Euro. Die ausschlaggebende „Eigenart der Leistung“ besteht juristisch aber darin, dass ein Profisportler nur in einem gewissen Zeitraum den sportlichen Erwartungen an ihn gerecht werden kann. Und aus diesem Grund sind befristete Verträge in diesem Bereich auch weiterhin zulässig.

 

Wäre das Bundesarbeitsgericht zu einem anderen Urteil gekommen, hätte es völlig weltfremd entschieden. Und es hätte den deutschen Profisport in seiner jetzigen Form aus den Angeln gehoben. Ein unbefristeter Vertrag hieße nämlich, dass Robert Lewandowski nicht nur jetzt Millionen im Jahr verdient, sondern bis zum Beginn seiner Rente Anspruch auf ein solches Gehalt gehabt hätte. Eine absurde Vorstellung. Die Position der Clubs gegenüber ihren hoch bezahlten Stars wäre weiter geschwächt worden. Die Vereine hätten, wenn der Klage des früheren Mainzers Torhüters Heinz Müller stattgegeben worden wäre, nicht nur die Spieler bis ins hohe Alter beschäftigen, sondern auch hinnehmen müssen, dass sich ein Spieler nach Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist ablösefrei aus dem Staub machen kann.

Die Clubs sind an der finanziellen Katastrophe vorbeikommen. Sie sollten sich aber nicht zu sicher fühlen. Schließlich war es erst der Europäische Gerichtshof, der das Bosman-Urteil 1995 gesprochen hat. Seitdem dürfen Profisportler nach Ende der Vertragslaufzeit ihren Club ablösefrei verlassen. Vor dem EuGH könnte der Fall „Heinz gegen Mainz“ auch irgendwann landen. Darauf sollte sich die Deutsche Fußball-Liga vorbereiten. Bis jetzt verfuhr die Dachorganisation der Proficlubs nach dem Motto: wird schon gut gehen. Sinnvoller wäre es, juristische Leitplanken aufzubauen, beispielsweise mit einem Tarifvertrag, wie vom Verband der Vertragsfußballer gefordert. „Wer autonom sein will, muss selbst gestalten“, rät auch der Stuttgarter Sportrechtler Peter Heink in einem Aufsatz zu diesem Thema. In einer Vereinbarung könnte auch das Thema Altersversorgung eine Rolle spielen. Denn im Profifußball gibt es neben Millionären auch Sozialfälle.