Bei der Fußball-Europameisterschaft ist der Wahl-Fellbacher Suat Kocagöz Fan der Türkei und von Deutschland.

Fellbach - Nach der 0:3-Auftaktniederlage bei der Fußball-Europameisterschaft gegen Italien war Suat Kocagöz noch guten Mutes. „Wir holen gegen Wales und die Schweiz noch vier Punkte und ziehen ins Achtelfinale ein“, sagte der Türke, der 1976 aus Aydin, einer Großstadtgemeinde im Westen der Türkei, nach Deutschland gekommen war und der seit 1998 in Fellbach lebt. Dass dem nicht so sein wird, ist nach dem 0:2 seiner Landsleute am Mittwoch gegen Wales klar. „Ich denke, wir sind raus“, sagt der 59-Jährige. Genau wie in der ersten Partie habe die Mannschaft um den Trainer Senol Günes den Offensivfußball missen lassen und wie mit angezogener Handbremse gespielt. Dabei hatte die türkische Auswahl in den vergangenen zwei Jahren eine gute Entwicklung genommen und etwa Vergleiche mit dem französischen und dem niederländischen Team gewonnen. „Viele haben deshalb gedacht, dass auch gegen Italien etwas möglich ist“, sagt Suat Kocagöz, dessen drei Kinder alle einen türkischen und einen deutschen Vornamen haben: Kaya-Lennhardt, 24, Yonca Kora, 22, und Sinan Ben, 17.

 

Mit dem möglichen frühen Ausscheiden der Türkei bricht für den selbstständigen Maler- und Stuckateurmeister freilich keine Welt zusammen – schließlich schlägt sein Herz auch für Deutschland. Und die Jungs von Jogi Löw zählt er mit England, Frankreich und Belgien nach wie vor zu den Favoriten auf die EM-Krone.

Das Spiel gegen Italien hat Suat Kocagöz in der Kneipe d’r Knaudl angeschaut

Das erste Spiel der türkischen Vertretung hatte Suat Kocagöz ursprünglich live in Rom erleben wollen – mit einem italienischen Freund. „Ich mag die Stadionatmosphäre“, sagt er. Doch wegen Corona habe das nicht geklappt. Deshalb hat der Dauerkarteninhaber des VfB Stuttgart die Partie in der Fellbacher Kneipe d’r Knaudl angeschaut – mit Freunden „aller möglichen Nationen“. Das Spiel gegen Wales hat er mit seinen Kindern und seiner deutschen Ehefrau Kirsten, die aus Köln stammt und als Grafikerin früher für den dortigen 1. FC auch am Fanmagazin mitgearbeitet hat, daheim verfolgt.

Zwar hält der Wahl-Fellbacher viel vom türkischen Nationaltrainer – Senol Günes hat das Team während seiner ersten Amtszeit von 2000 bis 2004 bei der Weltmeisterschaft 2002 auf den dritten Platz geführt. „Mit einem deutschen Trainer wären wir aber weiter vorn dabei.“ So hätten Jupp Derwall, Karl-Heinz Feldkamp oder Christoph Daum als Vereinstrainer den türkischen Fußball vorangebracht.

Fußball gehört irgendwie zum Leben dazu

Dass die EM trotz der Corona-Pandemie stattfindet, ist für Suat Kocagöz in Ordnung. „Fußball gehört doch irgendwie zum Leben dazu. Ich denke, in jedem Haushalt gibt es einen Fußballinteressierten“, sagt er. In seinem Haushalt sind es mehrere, die am Sonntag mitfiebern, wenn die türkische Mannschaft um 18 Uhr gegen die Schweizer antritt. Nur mit einem Sieg könnte sich erstere den dritten Gruppenplatz sichern. Ob der dann fürs Weiterkommen reicht, muss sich zeigen.