Die Sicherheitsmaßnahmen am Berliner Olympiastadion werden extrem sein. Alle hoffen auf ein österliches Fußballfest. Löw fordert von seinen Spielern ein starkes EM-Signal.

Berlin - Joachim Löw will Leistung sehen. Im Prestigeduell mit Englands rasenden Konterspezialisten sollen seine Weltmeister die kommenden großen Prüfungen in Meisterschaft und Europapokal für 90 Minuten total ausblenden und mit einem gelungenen Probelauf Vorfreude auf den EM-Sommer wecken. Im besonders gesicherten Berliner Olympiastadion soll am Samstagabend (20.45 Uhr/ZDF) ein Fußballfest stattfinden - mit einer titelfähigen deutschen Mannschaft. „Es ist eine tolle Bühne für die Spieler, die sich uns Trainern nachhaltig empfehlen können“, sagte Löw zu seiner Erwartungshaltung.

 

„Ich glaube schon, dass die beiden Spiele gegen England und Italien wichtige Erkenntnisse liefern, die wir dann in der Vorbereitung auf die EM in die Feinjustierung einarbeiten können“, erläuterte der Weltmeister-Coach am Karfreitag. Die Art der Präsentation hat dabei für ihn Priorität: „Ich stelle nicht das Ergebnis über alles andere.“ Ganz oben rangiert der Wunsch nach einem friedlichen Fußballabend. „Wir leben im Moment in einer potenziellen Gefahrenlage im Leben“, bemerkte der Bundestrainer zum Terror in Europa.

Zwei DFB-Akteure dürfen sich schon vor dem Anpfiff als erste Gewinner 2016 fühlen: Mario Gomez steht nach seinem Aufschwung bei Besiktas Istanbul auch in der Nationalmannschaft wieder hoch im Kurs und darf gegen die Engländer im Sturm beginnen. „Er hat sich das in den Trainingseinheiten verdient“, sagte Löw. Der Torjäger strahle auf dem Platz wieder „spürbar mehr Selbstbewusstsein“ aus, lobte er den 30 Jahre alten Angreifer, der in 61 Länderspielen 25 Tore erzielte.

Hector entspricht den Erwartungen

Jonas Hector ist sogar schon einen Schritt weiter. Der 25 Jahre alte Kölner ist als linker Verteidiger „im Moment gesetzt“, nicht nur gegen England, sondern für die EM-Elf, wie Löw verkündete: „So wie er trainiert und spielt, entspricht er meinen Erwartungen.“

Bayern-Bankdrücker Mario Götze versprach der Bundestrainer einen 90-Minuten-Einsatz am Dienstag beim Heimspiel in München gegen die Italiener. „Diese Spielpraxis muss ich ihm jetzt geben“, sagte der Bundestrainer, der mit dem 23 Jahre alten Götze in Berlin auch ein „längeres Gespräch“ über dessen Zukunft führte. „Ein Wechsel war ein zentrales Thema“, verriet Löw. Götzes Vertrag in München endet 2017.

Die Gegenwart aber heißt England. „Wenn wir schon da sind, wollen wir auch gewinnen“, verkündete Toni Kroos lässig zum Matchplan. Ein Erfolgserlebnis sei vor allem „wichtig für das eigene Gefühl“, ergänzte Weltmeister-Kollege Mats Hummels: „Wobei ich auch sagen muss, dass die EM nicht im Frühjahr gewonnen wird.“

Der große Name des Gegners wirkt motivierend, speziell auf den in der Premier League aktiven Mesut Özil. „Die Engländer können schon kicken“, sagte der Spielmacher vom FC Arsenal über die Kollegen von der Insel. „Wir wollen den Fans was bieten, dominieren und gewinnen“, kündigte der rechtzeitig fit gewordene Özil forsch an.

Kniffliges Aufstellungs-Puzzle

Löw steht vor einem kniffligen Aufstellungs-Puzzle. Er möchte die Belastung in den beiden Länderspielen klug aufteilen. Vielspieler wie Müller, Özil, Kroos, Hummels oder Marco Reus will er nicht verschleißen. Zugleich sollen sich EM-Wackelkandidaten, aber auch ein Neuling wie Jonathan Tah, für eines der 23 EM-Tickets empfehlen können.

„Die zwei Spiele gegen gute Gegner sind für den Trainer eine gute Möglichkeit, noch mal was zu sehen auf den Positionen, wo er Zweifel hat“, bemerkte der für die EM-Elf gesetzte Kroos. Dem Star von Real Madrid kommt nach der erneuten Knieverletzung von Kapitän Bastian Schweinsteiger eine Schlüsselrolle im Mittelfeld zu. „Das werden nicht die ersten Spiele ohne Basti. Wir werden das auffangen“, meinte Kroos gelassen. Schweinsteigers EM-Rolle ist aktuell völlig offen.

In allen Mannschaftsteilen muss Löw Baustellen schließen. Ein rechter Verteidiger wird weiter gesucht. Matthias Ginter, Sebastian Rudy, Emre Can und den noch verletzten Weltmeister Benedikt Höwedes zählte Löw als Lösungen namentlich auf. Im Mittelfeld benötigt er Optionen zu Schweinsteiger. In der Offensive setzt er neben Thomas Müller, Götze und Rückkehrer Gomez besonders auf den Dortmunder Reus. „Ich hoffe, dass er in erster Linie gesund bleibt, den Rhythmus beibehält und dann mit uns in die Vorbereitung geht. Er hat die Fähigkeit, Spiele zu entscheiden, er hat die Kaltschnäuzigkeit im Abschluss und gute Laufwege. Er ist ein sehr wertvoller Spieler.“

Wieder erstarkt in den letzten Jahren

Die Engländer, die auch einige prominente Akteure wie Kapitän Wayne Rooney, Torwart Joe Hart und Jungstar Raheem Sterling ersetzen müssen, stuft Löw als echten Prüfstein ein. „Wir treffen auf einen Gegner, der wieder erstarkt ist in den letzten Jahren.“

Löw stellte seine Abwehrspieler um Mats Hummels am Freitag in einer Sitzung speziell auf die Konterstärke der Engländer ein. Vor einem Spieler warnte er dabei besonders: Jamie Vardy von Leicester City. „Es ist spektakulär, wie er spielt. Vardy ist ein extrem gefährlicher Stürmer. Dort, wo es einer Abwehr am meisten wehtut, geht er hin.“