Mit der Zusage von Luis Miguel Rodrigues beendet der Filderstädter Verein TSV Bernhausen seine Torhütersuche spektakulär.

Lokalsport : Franz Stettmer (frs)

Bernhausen - Stillstand? Zunehmende Lockdown-Tristesse? Fußballerische Saure-Gurken-Zeit? Das mag in der Kickerszene gerade vielenorts gelten – beim TSV Bernhausen spätestens seit Freitag nicht mehr. Da hat der Bezirksligist etwas perfekt gemacht, das zumindest am Fleinsbach paukenschlagähnlich aus jedem etwaigen coronabedingten Dämmerschlaf reißen muss: Der gesuchte neue Torhüter für die nächste Saison ist gefunden – und es ist in Luis Miguel Rodrigues kein Geringerer als ein ehemaliger Nationalspieler. Der 31-Jährige wechselt vom Verbandsligisten VfB Neckarrems auf die Filder.

 

„Mein Wunschtransfer. Damit ist die wichtigste Personalie geklärt“, sagt ein merklich zufriedener Trainer Christopher Eisenhardt. Auch er weiß: es ist ein Coup, mit dem sein Verein die eigenen Ambitionen spektakulär unterstreicht. Schon vor der abgebrochenen aktuellen Saison hatte der vormals Tabellenletzte aufhorchen lassen: damals mit der Verpflichtung von Eisenhardt selbst sowie einiger höherklassig erprobter Spieler wie Michel Forzano, Mahir Ege und Aris Charalampidis. Rodrigues stellt nun die namhafte Zugabe dar. Gelohnt hat sich in dieser Personalie Eisenhardts Beharrlichkeit. Schon auf seiner vorigen Station beim TV Echterdingen hatte er um die Dienste dieses Schlussmanns geworben, sich seinerzeit aber eine Absage eingehandelt, weil Rodrigues bei seinem Club noch einen laufenden Vertrag hatte. Jetzt stellte sich die Situation anders dar. Diese Gelegenheit haben die Bernhausener genutzt.

Karrierebeginn beim VfB Stuttgart

Ersetzen wird Rodrigues von Juli an den im Winter ausgestiegenen Serdar Kurt (als Spielertrainer zum KTSV Hößlinswart). Bis dahin sind alle, die befürchtet hatten, diese Lücke werde kaum zu schließen sein, schon einmal eines Besseren belehrt. „Enorme Qualität“ sieht Eisenhardt im Neuen. Dies drückt sich denn auch in dessen fußballerischer Vita aus. Schon seine Ausbildung genoss Rodrigues auf hohem Niveau, nämlich beim VfB Stuttgart und den Stuttgarter Kickers, wo er in der Jugend-Bundesliga spielte. Als Aktiver war er danach in der Oberliga ebenfalls bei den Blauen und beim SSV Reutlingen engagiert, ehe er in den vergangenen achteinhalb Jahren in Neckarrems zwischen den Pfosten stand. Nicht zu vergessen dieses eine ganz besondere Highlight seiner Karriere: Als A-Junior bestritt der gebürtige Stuttgarter tatsächlich ein Länderspiel für sein Heimatland Portugal.

Warum es bei dem einen geblieben ist? Warum es mit der Profilaufbahn nicht geklappt hat? „Einmal eine rückblickend vielleicht falsche Entscheidung, einmal Pech“, sagt Rodrigues, zuckt mit den Schultern und lacht. Gerade einmal 17 Jahre alt war er, als er ein Angebot von Boavista Porto hatte. Portugal, erste Liga. Doch ohne Familie und ohne Freunde in ein ihm mehr oder weniger fremdes Land, aus dem zwar seine Eltern stammen, das er selber jedoch bis heute nur von Urlaubsaufenthalten kennt? Dieser Schritt schien ihm zu gewagt. Und später dann, als zu noch guten Kickers-Zeiten die zweite große Chance auf der Karriereleiter gegeben schien, bremste ihn ein Schienbeinbruch aus.

„Zeit für eine Veränderung“

Rodrigues sieht es ohne Wehmut, wie überhaupt er ziemlich geerdet scheint. Statt mit Fußball bestreitet er seinen Lebensunterhalt heute als Stadtbahnfahrer. Bernhausen wurde für ihn nach eigener Aussage aus mehreren Gründen attraktiv. Erstens, weil ihm „die Entwicklung in Neckarrems nicht mehr so gefallen hat“, wie er sagt. Eine dortige nochmalige Verlängerung seines Kontrakts schlug er deshalb in der vergangenen Woche endgültig aus. Es sei „Zeit für eine Veränderung“. Zweitens, weil die Suche nach einer größeren Wohnung ihn und seine Familie von Luginsland nach Esslingen geführt hat, was ja nicht allzu weit von Filderstadt entfernt ist. Drittens: weil ihm der Aufwand bei anderen Interessenten, beispielsweise aus der Oberliga, als inzwischen zweifacher Familienvater (zwei Söhne im Alter von drei Jahren und acht Monaten) schlicht zu groß geworden wäre. Und viertens und nicht zuletzt: „Das Konzept in Bernhausen finde ich gut“, sagt Rodrigues.

Es verheißt, dass es auf Sicht nicht bei der Bezirksliga bleiben soll. „Personelle Nachhaltigkeit. Ansehnlichen Fußball spielen. Sukzessive verbessern – und dann in der Tabelle in den nächsten zwei, drei Jahren vorne angreifen“, umreißt der Coach Eisenhardt die Ziele. Da passt der Name Rodrigues perfekt. Letzterer sagt: „Ich komme mit Ambitionen.“ Das verbindet offenkundig beide Seiten.