Nach dem umstrittenen Elfmeterpfiff im Pokal-Halbfinale meint unser Redakteur Jochen Klingovsky: Dem deutschen Profifußball fehlt es an herausragenden Unparteiischen.

Bremen - Natürlich melden sie sich jetzt wieder lautstark zu Wort, die Kritiker des Videobeweises. Sie fühlen sich in ihrer Meinung bestätigt, weil der FC Bayern dank eines fragwürdigen Elfmeters ins Pokalfinale eingezogen ist – und der Assistent im Kölner Keller nicht eingegriffen hat. Dies allerdings war durchaus vertretbar. Denn der Strafstoßpfiff von Daniel Siebert ist zwar umstritten gewesen, aber auch keine klare Fehlentscheidung, nach der zwingend hätte interveniert werden müssen. Weshalb dieses hochemotionale Spiel in Bremen nicht dazu taugt, den Videobeweis grundsätzlich in Frage zu stellen. Er bleibt, was er schon vorher war: nicht perfekt, aber allemal ein sehr taugliches Mittel, um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen.

 

Der Umbruch verläuft holprig

Das Halbfinale zwischen Werder und dem FCB machte stattdessen ein anderes Problem des deutschen Profifußballs deutlich: Es mangelt an herausragenden Schiedsrichtern. An anerkannten Autoritäten, die auch Duelle, in denen besonders viel auf dem Spiel steht, souverän leiten. In Deniz Aytekin, Manuel Gräfe und Felix Brych gibt es aktuell nur drei Persönlichkeiten, denen der Einteiler bedenkenlos jede Partie zuweisen kann. Dahinter gibt es ein enormes Gefälle, das die Bundesliga jahrelang nicht kannte. Zwar stehen aktuell zehn deutsche Unparteiische auf der Fifa-Liste, ein Qualitäts-Problem aber gibt es trotzdem – weil der Umbruch nach dem Abschied von Knut Kircher, Wolfgang Stark oder Peter Gagelmann ziemlich holprig verläuft.

Logisch, dass jüngere Schiedsrichter nur besser werden können, wenn sie Erfahrungen in wichtigen Spielen sammeln. Umso bedauerlicher, wenn dies so schief geht wie in Bremen. Daniel Siebert (34) war trotz seiner 21 internationalen Einsätze und seiner 89 Bundesliga-Spiele nicht pfiffig genug, die Szene, die zum Elfmeter geführt hatte, auf dem Bildschirm zu überprüfen. Dass er sich selbstherrlich weigerte, diesen wertvollen Joker zu spielen, ist völlig unverständlich. Und die Kritik an seiner Entscheidung folglich absolut nachvollziehbar.

jochen.klingovsky@stzn.de