Was im eigentlich ziemlich spannenden Saisonfinale der Fußball-Kreisliga B, Staffel VII, Stuttgart/Böblingen passiert, ist ein Armutszeugnis für diverse Spieler und Mannschaften. Titel und Vizemeisterschaft wären eigentlich am letzten Spieltag am morgigen Samstag entschieden worden. Doch die Gegner der Kandidaten für die oberen Plätze in der Tabelle hatten wohl keine Lust darauf, eine Rolle als Statisten in diesem packenden Stück einzunehmen. Und so hat die SpVgg Holzgerlingen II ohne antreten zu müssen Rang eins erobert, während K.F.I.B Sindelfingen direkt dahinter ins Ziel einläuft und die Aufstiegsrelegation sicher hat.
Nur um das klarzustellen: Diejenigen, die hier von den Absagen profitieren, können nichts für diese peinliche Farce. Ihnen ist absolut kein Vorwurf zu machen, denn sie hätten ihren Triumph lieber auf dem Rasen sichergestellt. Es ist schwer davon auszugehen, dass sie die jeweiligen drei Punkte auch aus eigener Kraft mit deutlichen Siegen eingefahren hätten. Dass sie nun diesen Gesamterfolg verbuchen dürfen, ist darüber hinaus keinesfalls unverdient, denn sie haben ihn sich über eine lange Runde 24/25 hinweg mit Leistung erarbeitet. Ihr Jubel ist berechtigt. Die Feierlichkeiten sollten nicht getrübt werden.
Wer sich und seine Einstellung zum Sport hinterfragen müsste, es aber aller Voraussicht nach nicht tun wird, sind vielmehr diejenigen, die überhaupt erst für diese Posse gesorgt haben: der SV Oberjesingen II – der Mitte Mai schon einmal zu einer Partie gegen ein Topteam nicht antrat und dann erst vor fünf Tagen mit 16 Mann im Kader gegen das Schlusslicht auflaufen konnte –, der VfL Oberjettingen II und Radnik Sindelfingen.
„Der SV Oberjesingen II hat sich tausendmal bei uns entschuldigt, dass er absagt“, betont Trainer Dennis Gallinat von der SpVgg Holzgerlingen II, der aber auch weiß: „Der Stellenwert des Amateurfußballs ist nicht mehr so wie vor zehn Jahren.“ Am Ende sei es „total nervig“, wie nun alles abgelaufen ist. „Auf dem Platz den Titel zu holen, ist emotional etwas ganz anderes“, nickt der Coach. „Da sind alle zusammen, und es kommt noch das Adrenalin dazu. Das fühlt sich noch viel mehr nach Meisterschaft an.“
Andererseits hätte er es auch als unfair empfunden, wenn seine Truppe die einzige gewesen wäre, die wirklich ran muss. „Das hätte natürlich extrem Druck aufgebaut. Da wären alle anderen Vereine mit ihrem Tross zu uns gekommen und hätten Alarm gemacht“, vermutet Dennis Gallinat. Enttäuscht ist er darüber, dass diejenigen, die die Zweite vom Schönbuchrand verlassen, kein Abschiedsspiel vor heimischem Publikum bekommen. Auch aus diesem Grund wird es kurzfristig einen internen Einlagekick direkt vor der Wimpelübergabe geben, die auf 14 Uhr anberaumt ist.
Spricht man mit Bezirksspielleiter Ulrich Probst, dann hört man seinen Frust über die Ereignisse deutlich heraus. „Ich sage dazu nichts mehr, es bringt nichts“, schüttelt er den Kopf. „Es ist ein Drama.“ Zumal ihm bewusst ist, dass es keine Möglichkeiten gibt, diesem wettbewerbsverzerrenden Verhalten irgendwie Einhalt zu gebieten.
Punktabzug? Das würde den SV Oberjesingen II (Viertletzter mit 16 Zählern), den VfL Oberjettingen II (Vorletzter mit elf Zählern) oder auch Croatia Sindelfingen (Drittletzter mit zwölf Punkten), das kürzlich ebenfalls einer Truppe aus dem Topquartett den Dreier schenkte, wohl kaum jucken. Absteigen aus der untersten Klasse können sie schließlich nicht, viel weiter hinten im Klassement landen ebenso wenig. Ausschluss aus dem Spielbetrieb für 25/26? Geht auch nicht, da der WFV in gewisser Weise ein Monopolverband ist. Wer nicht unter seinem Dach kickt, könnte dies auch sonst nirgends tun. Geldstrafe? Würde im Endeffekt die Falschen treffen.
Verlorener direkter Vergleich kostet KSC Sindelfingen Platz zwei
In die Röhre schauen derweil die spielfreie, auf den vierten Platz abgerutschte SpVgg Weil im Schönbuch und der KSC Sindelfingen, der zwar auch kampflos bei Radnik Sindelfingen gewonnen hat, aber auf Ausrutscher der Konkurrenz angewiesen gewesen wäre. So schließt er aufgrund des verlorenen direkten Vergleichs gegenüber K.F.I.B. Sindelfingen als Dritter ab. „Schade, dass es so gekommen ist. Auch viele unserer Zuschauer haben sich darüber geärgert“, hadert Vorstand Nurullah Türe ebenso mit der Tatsache, dass bei Punktgleichheit nicht das Torverhältnis zählt. „Wir sind aber trotz allem stolz auf die Jungs.“
Gewisse Klubs können das nicht von sich behaupten.
Kreisliga B, Staffel VII, Stuttgart/Böblingen
Abschlusstabelle:
1. SpVgg Holzgerlingen II (52 Punkte, 92:32 Tore), 2. K.F.I.B. Sindelfingen (51 Punkte, 75:29 Tore), 3. KSC Sindelfingen (51 Punkte, 76:29 Tore), 4. SpVgg Weil im Schönbuch (50 Punkte, 85:30 Tore)...