Ein Trainer-Glücksgriff, ein verschworener Haufen plus „Mister Zuverlässig“ machten die Bezirksliga-Meisterschaft inklusive Mega-Vorsprung klar. Beim MTV Stuttgart strebt man bereits nach Höherem.
Wenn es nach Luca Luchetta, dem Spielleiter des MTV Stuttgart geht, dann hat der Gewinn des Meistertitels in der Fußball-Bezirksliga nicht am 4. September 2022 mit dem 2:0-Heimsieg gegen die Sportvg Feuerbach begonnen. Das entscheidende Ereignis fand aus seiner Sicht schon zwei Jahre zuvor statt, als nämlich der Abteilungsleiter Jochen Hug den gerade einmal 29 Jahre alten Björn Lorer zum Spielertrainer der ersten Männermannschaft machte.
Zwar wurde die erste Spielzeit in der Corona-Pandemie frühzeitig abgebrochen, dort wurde allerdings die Grundlage für das gelegt, was der junge Coach in den vergangenen beiden Spielzeiten aus der im Mittelfeld der Liga mit Tendenz zum Abstiegskampf dümpelnden Truppe vom Kräherwald herausgeholt hat. Nach zweimal Rang elf (2018 bis 2020) führte Lorer das Team zunächst auf Rang vier und krönte das Ganze dann in den vergangenen zehn Monaten mit einem sensationellen Lauf zum Titelgewinn – mit einem Vorsprung von 14 Zählern auf den Verfolger SC Stammheim. „Er hat ein sensationelles Repertoire an Trainingsgestaltung, taktischer Einstellung der Mannschaft, Fachwissen und Menschenführung“, sagt Luchetta, wohl wissend, dass sein Coach bereits ein Interesse bei höherklassigen Clubs aus der Region geweckt hat.
Fürs Erste ist es den Verantwortlichen des größten Sportvereins der Landeshauptstadt freilich gelungen, den Meistermacher für eine weitere Spielzeit zu sichern. Ein wichtiges Pfund dabei war natürlich der erstmalige Aufstieg in die Landesliga, aber auch die Tatsache, dass Trainer und Mannschaft ein verschworener Haufen sind, bei dem jeder für den anderen durchs Feuer gehen würde. „Gleich die ersten beiden Spiele gegen Feuerbach und bei Ermis haben so viel Selbstvertrauen gegeben, dass es im Anschluss fast von alleine gelaufen ist“, sagt Luchetta. Mit diesem Start war es freilich längst nicht getan, der neue Meister gewann danach noch 14 weitere Punktspiele und stellte bis zum dritten Spieltag im Jahr 2023 (3:3 in Feuerbach) einen neuen Rekord für die Liga auf. Die alte Bestmarke lag bei elf Siegen in Folge zum Saisonstart, aufgestellt neun Jahre zuvor von Calcio Leinfelden-Echterdingen.
Kaum möglich gewesen wäre die furiose erste Saisonhälfte, hätte nicht „Mister Zuverlässig“ wieder einmal das getan, was er am Besten kann, nämlich ins gegnerische Tor treffen: Exakt 320 Mal hat der Torjäger vom Dienst, Raphael Hahn, seit der MTV 2011 in die Bezirksliga aufgestiegen ist, eingenetzt. Seinen persönlichen Rekord von 44 Saisontreffern hat der 35-Jährige, der sich bereits zum fünften Mal die Torjägerkanone in Stuttgarts höchster Spielklasse gesichert hat, zwar nicht überboten, aber immerhin 37-mal eingeschossen. Hinzu kommen noch 20 Vorlagen für Erfolge der Mitspieler. „Natürlich ist er seit Jahren unsere Lebensversicherung in der Offensive, aber diesmal hatte er auch enorm viel Unterstützung“, sagt Luchetta und meint damit unter anderem die beiden Youngster Emin Dougarmagi (20 Jahre, 16 Tore) und den frisch aus der A-Jugend gekommenen Till Flach (19 Jahre, 14 Tore).
Insgesamt erzielten die Kanoniere des Meisters in 28 Saisonspielen satte 127 Treffer – ein weiterer Rekord in der 44-jährigen Geschichte der Liga. Die Bestmarke stand bislang bei 126 Toren, aufgestellt in der Spielzeit 2015/16 von NAFI Stuttgart. „Das ist eine tolle Bilanz, aber noch stolzer bin ich darauf, wie gut wir in der Defensive gestanden sind“, sagt Luchetta und meint die 26 Gegentore, die das Lorer-Ensemble nur kassiert hat.
Am Dienstag dieser Woche hat der Aufsteiger die Vorbereitung auf die Landesliga aufgenommen und erstmals seit neun Jahren wird dabei der Kapitän Fadi Odesh nicht dabei sein, der sich beruflich für drei Jahre nach Alabama in die USA verabschiedet hat. Trotz dieses Verlusts sieht der Spielleiter, der in Mertcan Özocak (Sportvg Feuerbach) und Lion Janzen (A-Junioren SGV Freiberg) zwei Neuzugänge rekrutiert hat, die Mannschaft für die neue Herausforderung gut aufgestellt. „Wir wollen uns da jetzt zwei, drei Jahre etablieren, was schwer genug wird. Danach können wir dann vielleicht an den nächsten Schritt in Richtung Verbandsliga denken. Im Jugendbereich haben wir für die nächsten Jahre einen großen Pool an heranwachsenden Talenten“, sagt Luchetta.
Die höchsten Siege
9:1 gegen OFK Beograd Stuttgart (A), 7:0 gegen TSV Plattenhardt II (A), 7:0 gegen SG Untertürkheim (A), 7:1 gegen Türkspor Stuttgart (H), 7:1 gegen TSV Uhlbach (A), 7:1 gegen Spvgg Cannstatt (A)
Die höchsten Niederlagen
1:3 gegen TSV Musberg (A)
Die besten Torschützen
Raphael Hahn (37 Tore), Emin Dougarmagi (17), Till Flach (14), Vanja Lukic (14), Fadi Odesh (9)
Die Dauerbrenner
Carl-Anders Zimmermann (26 Spiele), Emin Dougarmagi (25), Joel-Noah Graham (24), Raphael Hahn (24), Philipp Weippert (24)
