Fußball – Nachspiel Glücks- und andere Gefühle

Das nächste Tor. Beim TSV Deizisau läuft es 40 Minuten lang wie am Schnürchen – und in der Saison läuft es mittlerweile auch. Foto: Michael Treutner

Der jüngste Spieltag der Amateurfußballer zeigt, dass es manchmal den zweiten Blick braucht, um eine Partie zu bewerten.

Sport lebt von den Emotionen, von positiven wie negativen. Deshalb kann man sich etwa vorstellen, wie die Stimmung beim Fußball-Verbandsligisten FC Esslingen war nach der 0:6-Klatsche im Derby gegen den TSV Oberensingen – oder beim Bezirksligisten FV Plochingen nach dem 2:0-Befreiungsschlag-Sieg gegen Türkspor Nürtingen – oder bei der TSG Esslingen und dem VfB Reichenbach nach dem späten 1:0-Siegtreffer der Esslinger im Spitzenspiel der Kreisliga A in Reichenbach – oder . . .

 

Verbandsliga

Beim FC Esslingen herrscht so richtig Ernüchterung. Beim 3:2-Sieg bei den SF Dorfmerkingen war noch Tobias Hofmann auf der Bank gesessen, anschließend wurde ihm seine – zuvor schon beschlossene – Beurlaubung mitgeteilt. Dominik Eitel übernahm und startete mit einer 0:6-Klatsche im Derby gegen den TSV Oberensingen. Schlimmer geht es kaum und Eitel sprach von einer „unfassbar schlechten Leistung“. Hoffnung gibt, dass Eitel weiß, wie man eine schwierige Situation meistern kann. Denn in einer solchen hatte er die Mannschaft im Verlauf der vergangenen Saison schon einmal übernommen – und sie zum Klassenverbleib geführt. Leichter als damals ist die Aufgabe jetzt aber nicht, am Samstag bei der TSG Hofherrnweiler-Unterrombach sollte das auf dem letzten Platz stehende FCE-Team jedenfalls ein anderes Gesicht zeigen als gegen Oberensingen.

Landesliga

So richtig glücklich klang Sascha Madeo, der Spielleiter des FV Neuhausen, trotz des 6:3-Sieges gegen den MTV Stuttgart nicht. Dazu war die Partie zu nervenaufreibend. „Das Spiel stand auf Messers Schneide“, erklärte er, dass es lange nicht so klar war, wie es das Ergebnis glauben lassen könnte. Denn nach dem 3:3-Zwischenstand und der 4:3-Führung schraubten die Neuhausener das Ergebnis erst in der Schlussphase in die Höhe. Tabellarisch ist nach dem fünften Saisonsieg auf Platz acht alles gut.

Beim TSV Köngen sieht es da noch besser aus – der Aufsteiger ist weiterhin Tabellenführer. Glücklich waren sie in Köngen nach dem knappen und erst durch einen Treffer von Co-Spielertrainer Yannik Kögler in der 85. Minute klargemachten 3:2-Sieg beim TSGV Waldstetten aber trotzdem nicht. Denn Dennis Vrljicak und Nick Widmann verletzten sich während der Partie, Widmann am Knie vermutlich schwer.

Bezirksliga

Man könnte meinen, dass beim TSV Denkendorf Glücksgefühle vorherrschen, weil sich die Mannschaft beim 0:2-Rückstand im Spiel beim TSV Oberboihingen bereits auf der Verliererstraße befand, ehe sie das Lenkrad herumgerissen bekam und noch einen Punkt einfuhr. Aber ganz so klingt der spielende Co-Trainer Georgios Natsis in seiner Analyse nicht. „Natürlich nehmen wir den Punkt gerne mit, nachdem wir zurückgelegen waren“, erklärt er, „aber wir sind auch ein bisschen frustriert, weil mehr drin war. Wir haben das Spiel über 90 Minuten dominiert und die Gegentore durch die einzigen beiden Chancen der Oberbohinger bekommen. Daher haben wir eher zwei Punkte verloren.“ Die Gegentreffer sind ohnehin das Thema in Denkendorf: „19 nach acht Spielen sind zu viel“, findet Natsis.

Gerade andersherum lief es für den TSV Berkheim. Die Mannschaft führte beim TSV Jesingen lange mit 1:0, kassierte in Unterzahl erst in der Nachspielzeit den Gegentreffer zum 1:1-Endstand, verpasste so den zweiten Saisonsieg und bleibt Vorletzter. „Das war schon bitter. Die Jungs haben es echt gut wegverteidigt und dann bekommst du noch das Tor, es hat sich im ersten Moment wie eine Niederlage angefühlt“, sagte Abteilungsleiter Uwe Willinger. Dann fügte er aber gleich hinzu: „Wir nehmen den Punkt mit. Wir wussten, dass die Saison nicht leicht werden würde. Wir machen es wie in der vergangenen Runde und hauen in jedem Spiel alles rein.“ Und da klappte es dann ja auch mit dem Klassenverbleib.

Über jeweils einen 2:0-Sieg freuten sie sich beim TSV RSK Esslingen und beim F V Plochingen . Vor allem für die Plochinger war der Erfolg gegen Türkspor Nürtingen Balsam auf die Seele, denn nach dem zumindest ergebnismäßig grottigen Saisonstart war es der zweite Sieg in Folge, wodurch auch der Blick auf die Tabelle wieder mehr Freude bereitet. Das gilt für den Achten TSV RSK eh. „Wir haben von Anfang an Druck gemacht und spielerisch überzeugt“, sagte Spielleiter Thomas Schuler, sah aber auch Gegner TSV Weilheim stark. „Dosenöffner“ war ein Handelfmeter in der 65. Minute, „den man geben kann“, wie Schuler vielsagend beschrieb – und den Routinier Tilman Weißenborn gewohnt cool versenkte.

Kreisliga A

Dominic Hornisch, der Pressewart der TSG Esslingen, stand auch einen Tag danach noch voll unter dem Eindruck des beim 1:0-Sieg beim VfB Reichenbach Erlebten. „Wahrscheinlich gibt es im Fußball kaum emotionaleres als ein Treffer, der spät in der Nachspielzeit zum Sieg führt. Wenn dieser Treffer noch den Sieg im Topspiel und den Sprung auf Tabellenplatz eins bedeutet, brechen natürlich alle Dämme“, sagte er. Und dann war es auch noch so ein schönes Tor „durch eine herrliche Direktabnahme von Angelo Caggiano in der 92. Minute“. Davor war das Spiel von beiderseitigem Respekt geprägt und war sehr ausgeglichen. „Der Treffer ins Glück kam spät, aufgrund der besseren Chancen nicht unverdient, es hätte sich aber auch niemand über ein 0:0 beschweren dürfen“, fasste Hornisch zusammen. Und wie sahen es die Reichenbacher? „Wir spielen in letzter Zeit nicht mehr so ergebnisorientiert, sondern schön und gemütlich“, sagte Abteilungsleiter Ioannis Fotarellis, „von außen betrachtet hat die letzte Entschlossenheit gefehlt. Die TSG war nicht besser, aber williger.“

Auf dem Weg nach oben befindet sich der TSV Deizisau, dessen 5:2 gegen den bisherigen Tabellenführer TV Unterboihingen der fünfte Sieg in Folge war. Einen „überragenden Auftritt vor allem in den ersten 40 Minuten mit richtig sauber rausgespielten Toren“, sah nicht nur Deizisaus Spielleiter Thomas Stiehl und freut sich zudem: „Wir können auch ohne Trainer erfolgreich sein.“ Ohne fachkundige Betreuung war die Mannschaft aber nicht. Felix Luz war beruflich verhindert und freute sich „über die Kunde vom Sieg“ (Stiehl), aber sein Assistent Nico Hägele „macht das richtig gut“.

Spieler Felix Gentner vom TV Nellingen ist schon voller Vorfreude auf das kommende Duell mit den Deizisauern. Nach zwei Siegen in Folge wird die Mannschaft selbstbewusst auftreten. Beim 1:0 gegen den FV Neuhausen II zeigten die Nellinger vor allem, dass sie verteidigen können. Das Tor des Tages fiel früh, „danach haben uns die Neuhausener über fast 90 Minuten vor Herausforderungen gestellt. Aber wir standen hinten echt sauber, es war ein Arbeitssieg“, war Gentner mit seinen Kameraden und sich zufrieden: „Wir können stolz drauf sein.“

Das einstige Sorgenkind VfB Oberesslingen/Zell hat nun vier Mal in Folge nicht verloren und dabei drei Siege geholt. Mit dem 3:2 beim ASV Aichwald hat der VfBOEZ wiederum die Sorgen beim auf den Abstiegsrang abgerutschten ASV vergrößert. Zumindest zeigten die Aichwalder Moral und erzielten nach dem 0:3-Rückstand in der Schlussphase noch zwei Tore – Platz 14 entspricht aber so überhaupt nicht ihrem Anspruch.

Dass nicht nur die Emotionen vom Blickwinkel abhängen, sondern auch die Bewertungen einzelner Situationen, konnte man beim 4:4 zwischen der SG Eintracht Sirnau und dem SC Altbach beobachten. Beim Ausgleich durch die SGE sahen die Altbacher eine Abseitsstellung, die Sirnauer nicht. Kurz zuvor hatten die Sirnauer einen Elfmeter gefordert, die Altbacher erkannten keinesfalls ein Foul. „Es war ein ganz normaler Sonntag also“, kommentierte das Sirnaus Pressewart Martin Schmid lächelnd. Ansonsten war er mit dem Punkt zufrieden, denn „ein 1:4 dreht man nicht jeden Sonntag“. Er bemängelte die Abwehrpatzer in der ersten Hälfte, lobte aber die Moral. Altbachs Abteilungsleiter Robin Prokein war dagegen enttäuscht. „Wir haben ein Spiel aus der Hand gegeben, das eigentlich entschieden war. Zur Halbzeit 4:1 in Führung, spielerisch überlegen und am Ende steht nur ein 4:4 auf der Anzeigetafel. Dieser Punktverlust ist bitter und es fühlt sich wie eine Niederlage an“, sagte er.

Kreisliga B

Gut war auch die Stimmung bei der SG Eintracht Sirnau II. „Nach vier Spielen ohne Sieg haben wir endlich wieder dreifach gepunktet. Der Sieg war auch in der Höhe absolut verdient und wir haben ein anderes Gesicht als vor allem in der Vorwoche gezeigt“, sagte Trainer Patrick Funk zum satten 7:0 gegen den SC Altbach II. Dessen Funktionär Prokein war not amused: „So wollen wir uns nicht präsentieren. Das Spiel wird aufgearbeitet und es wird klar angesprochen, was schiefgelaufen ist. Wichtig ist jetzt, dass wir als Mannschaft zusammenstehen und im nächsten Spiel eine Reaktion zeigen. Ich bin überzeugt, die Jungs haben die Qualität, um das Ergebnis zu vergessen und sich neu zu fokussieren.“

Noch besser als in Sirnau ist die Gefühlslage beim TSV RSK Esslingen II. „Der TSV RSK II grüßt von der Spitze“, freute sich Spielleiter Schuler, lobte nach dem 2:1-Sieg aber auch die Gegenspieler vom TV Nellingen II, „die ab der 3. Minute in Unterzahl waren und stark gespielt haben.“ Von einem „enttäuschenden 3:3“ spricht dagegen sein Kollege Stiehl vom TSV Deizisau II nach dem Spiel gegen den TSV Berkheim II, weil die Mannschaft drei Mal führte und doch nicht gewann.

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