Deutschlands Fußball-Auswahl ist um Fannähe bemüht und trainiert erstmals seit 2014 wieder öffentlich. 5000 Fans in Berlin sind glücklich, im November soll es eine Wiederholung geben.

Sport: Marco Seliger (sem)

Berlin - Als die Sonne langsam unterging am Dienstagabend und es herbstlich kalt wurde im Berliner Westen, da wollte die Nationalelf wieder so etwas wie Wärme schaffen. Volksnähe war angesagt im Amateurstadion von Hertha BSC ein paar Steinwürfe vom Olympiastadion entfernt. Es gab Bratwurst und Bier für die Anhänger, die die Werbebanden nach dem Verzehr eifrig als Trommeln benutzten. 5000 Karten verschenkte der DFB, die Hälfte davon an den Berliner Fußballverband. Öffentliches Training der Nationalelf also, das erste seit September 2014 (!). Ja is’ denn heut’ scho’ Volksfest?

 

Kreischende Verehrerschar

Jung war das Publikum, viele Kinder waren da, weshalb Joachim Löw während der Einheit für die meisten nur der „Joooooooooogiiiiiiiiiiiii“ war. Der Bundestrainer jedenfalls winkte während des Trainings mehrfach milde lächelnd zurück in die junge, kreischende Verehrerschar. Das alles wurde dann auch live und in Farbe ins Netz gestellt. Der Verbandssender dfb.de übertrug die Einheit. Komplett. Schöne, heile Welt aus Berlin – die neuen Bilder der Nationalelf sind eine Lehre aus dem WM-Sommer, als man sowohl im Vorbereitungs-Trainingslager in Südtirol als auch beim Turnier die Türen zusperrte.

Entrückt von der Basis, abgehoben, das war das Bild, das Löw und seine Jungs vor ein paar Monaten abgaben. Jetzt, im Herbst wollte der Tross wieder den ersten Schritt hin zum Volke machen. „Es ist schön, die Tore wieder aufzumachen, die Begegnung mit den Fans zu haben“, sagte Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff auf der kleinen Tribüne, als die Spieler in seinem Rücken die ersten Passübungen absolvierten: „ Das Wichtigste ist, dass die Kinder die Spieler aus der Nähe sehen“. Besagte Spieler waren, na klar, instruiert, sie wussten, auf was es ankam an diesem Abend. Und so kam es, dass Timo Werner und Kollegen bei einer Unterbrechung nicht nach der Trinkflasche fragten, sondern nach den von den Betreuern mitgebrachten Filzstiften. Jeder bekam generalstabsmäßig geplant einen in die Hand, und los ging es zu den jungen Anhängern. Schreiben, Selfies machen, Nähe herstellen. Auftrag erfüllt. Nach der Einheit zog dann der ganze Trupp los und schrieb unter Flutlicht Autogramme.

Bierhoff kündigt Wiederholung an

Das öffentliche Training soll keine einmalige Angelegenheit bleiben. Bierhoff kündigte für den November eine Wiederholung an. Am 15. November trifft die DFB-Auswahl in Leipzig auf Russland, vier Tage später folgt das Rückspiel in der Nations League gegen die Niederlande in Gelsenkirchen. „Es war eine Erkenntnis, dass wir die Begegnung mit den Fans schaffen müssen, auch wenn es hier leider nur 5000 sind. Das ist auf 80 Millionen gerechnet ja nicht viel“, sagte Bierhoff noch.

Nicht dabei waren beim Training am Dienstag Leon Goretzka und Torhüter Kevin Trapp, die verletzt sind und auch nicht spielen werden. Für sie hat Löw den Münchner Serge Gnabry und Torhüter Bernd Leno vom FC Arsenal nachnominiert.