Der DFB sucht ab sofort nach einem Nachfolger für Bundestrainer Joachim Löw. Man will sich Zeit lassen mit der Entscheidung – dabei sendet ein Kandidat schon klare Signale.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - In aufgeregten Zeiten können ja auch Versprecher schnell mal zum Indiz werden. Was also hatte es zu bedeuten, dass Oliver Bierhoff, der Direktor Nationalmannschaften beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) am Donnerstagmittag meinte, „Marcus Löw“ habe „noch einen Vertrag bis 2024“? Wird Marcus Sorg, der bisherige Assistent, womöglich Nachfolger von Joachim Löw, der als Bundestrainer nach der EM im Juli abtritt?

 

Davon ist eher nicht auszugehen, auch wenn Bierhoff die „Kompetenz und Stärke“ des Co-Trainers der Nationalmannschaft lobte, der einst die Stuttgarter Kickers und den SC Freiburg betreute. Die Plätze auf dem Karussell der Kandidaten besetzen längst andere. Zum Beispiel Ralf Rangnick.

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Der Backnanger wird nicht nur stets genannt, seit klar ist, dass der DFB nach 15 Jahren einen neuen Bundestrainer suchen muss. Er sendet auch selbst eindeutige Signale. Zum Beispiel am Mittwochabend in einem TV-Studio. „Es ist eine Stelle, die keinen Trainer in Deutschland kalt lässt“, sagte der 62-Jährige, der in der Bundesliga den VfB Stuttgart, Hannover 96, 1899 Hoffenheim, Schalke 04 und RB Leipzig coachte. Einen Anruf, ergänzte er, würde er „selbstverständlich entgegennehmen und es mir anhören.“ Jürgen Klopp, der zuvor signalisiert hatte, nicht zur Verfügung zu stehen, heizte das Thema an, in dem er vor der Partie seines FC Liverpool gegen RB Leipzig meinte: „Das fände ich echt spannend.“

Kein Zeitdruck

Das finden auch andere, weil man sich nur schwer vorstellen kann, wie Rangnick, der Projekte gerne von A bis Z gestaltet, mit den mächtigen DFB-Strategen wie Oliver Bierhoff zusammenarbeiten würde. Fritz Keller, der DFB-Präsident, schloss am Donnerstag aber erst einmal gar keine Personalie aus: „Alles ist möglich. Es gibt keine Denkverbote.“ Und keinen Zeitdruck.

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Die Entscheidung sei „wichtig, aber nicht dringend“, ergänzte Oliver Bierhoff, der laut Keller „den Auftrag erhalten“ hat, einen Vorschlag zu erarbeiten, über den der Präsidialausschuss des Verbandes (Keller, Rainer Koch, Peter Peters, Stephan Osnabrügge, Friedrich Curtius) berät und über den das DFB-Präsidium letztlich entscheidet. Ein Alleingang vom einen oder vom anderen ist damit ausgeschlossen. Nach der EM finden im September erstmals wieder Länderspiele statt, ein Entschluss noch vor der EM ist aber wahrscheinlich.

Bierhoff betonte, dass auch er offen an die Suche herangehe: „Wir denken jetzt nicht: Ist der bequem oder unbequem? Die Frage ist: Was verspricht Erfolg?“ Jener Erfolg, den der DFB mit seiner Aushängemannschaft bei der WM 2022 im Katar und erst recht bei der EM 2024 im eigenen Land haben will. Diesen Rahmen dürfte der Vertrag des neuen Bundestrainers haben.

Auch Hansi Flick ist ein heißer Kandidat

Bierhoff nannte zunächst nur eine Einschränkung, indem er betonte, er könne sich einen ausländischen Trainer für das DFB-Team nur schwer vorstellen. Neben Rangnick ist daher vor allem Hansi Flick ein heißer Kandidat. Der 56-Jährige war als Chefcoach lange ein unbeschriebenes Blatt, ehe er den FC Bayern in den vergangenen Monaten zu sechs Titeln coachte. Beim DFB erarbeitete er sich als Löw-Assistent (2006 bis zum WM-Titel 2014) große Wertschätzung. Auch Stefan Kuntz, derzeit geschätzter U-21-Trainer des Verbandes, wird gehandelt. „Was Kandidaten sagen oder wie ich sie sehe – dazu sage ich nichts“, mauerte Bierhoff.

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Nur eines ist sicher: Marcus Löw wird es nicht. Und auch nicht ein gewisser Markus Löw, also der mit ‚k’ im Vornamen. Der arbeitet zwar beim DFB – allerdings auch künftig nicht als Bundestrainer, sondern weiterhin im Management der Nationalelf.