Eines ist sicher: Am nötigen Einsatzwillen hat es nicht gefehlt, auch nicht beim neuen Trainerteam. So schritt Marijo Marinovic am Ende tatkräftig voran. Beim obligatorischen Auslaufen fungierte der Coach kurzerhand selbst als Tempomacher. Im Joggingstil geleitete er seine Kicker Runden drehend über den Rasen, flankiert von einem Gruß in Richtung des auf ein Interview wartenden Pressemanns: Einen Moment Geduld bitte noch!
Das Problem: Einsatzwillen allein ist noch kein Erfolgsgarant – wie die vorangegangenen gut 90 Spielminuten am Samstag gezeigt haben. Ja, spürbar um Besserung bemüht, das waren sie, die Oberliga-Fußballer von Calcio Leinfelden-Echterdingen. Aber: in Spiel eins nach dem Rücktritt des bisherigen Gespanns um den Langzeit-Amtsinhaber Francesco Di Frisco auch mit unverändertem Ergebnis. Ein 0:3 beim VfR Aalen bedeutete für den Aufsteiger die fünfte Niederlage in Serie, verbunden mit einem Verharren auf dem vorletzten Tabellenplatz. „Wir hatten gehofft, einen Großen ärgern zu können“, sagte Ioannis Tsapakidis, musste jedoch erkennen: „In der aktuellen Verfassung hat es dafür nicht gereicht.“
Der Sportdirektor Tsapakidis und der zurückgekehrte Ex-Co-Trainer Marinovic – das sind wie berichtet die beiden, die bei den Echterdingern nun zumindest bis zur Winterpause an der Seitenlinie die Verantwortung tragen. Von dort aus setzten sie ihre angekündigte Kurskorrektur um. Sprich: weniger risikobehaftetes Angriffshurra, dafür erst einmal die Schotten dicht machen. Eigentlich ja ein Widerspruch zur Calcio-DNA, wie auch Tsapakidis weiß. Und manch ein Nörgler mag jetzt schon grummeln: schwere Kost. Und: Kann diese Mannschaft einen solchen Fußball überhaupt?
Die erste Antwort ist: Über weite Strecken funktionierte das Vorhaben durchaus, auch wenn es das Endresultat nicht vermuten lässt. Bei gegnerischem Ballbesitz gar mit einer Sechserkette in der hintersten Linie ließen die Echterdinger wenig zu. Ihr Verdienst, dass der hoch favorisierte Kontrahent zwischendurch mit Ideenlosigkeit nach Lösungen suchte. „Die Einstellung war da. Bis zum zweiten Gegentor haben die Jungs das super gemacht“, konstatiert Tsapakidis.
Wattebällchen statt Nadelstichen
Die zwei großen Abers indes: in drei Situationen dann halt nicht, in welchen die Kugel jeweils prompt im eigenen Kasten zappelte. Und auch offensiv, bei aller bewussten Dosierung, ging der Plan nicht auf. Offensichtlich wurde, dass es an der Balance noch zu arbeiten gilt. Statt die beabsichtigten Nadelstiche zu setzen, warfen die Gäste gefühlt mit Wattebällchen. Oder, um es mit Tsapakidis zu sagen: „Im letzten Angriffsdrittel haben wir zu schlampig und nervös agiert.“ Bezeichnend die Zahl der eigenen Torchancen. Als Berichterstatter blickte man beim Abpfiff auf einen leeren Zettel. Sie lautete: null.
Positiv zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang höchstens der Jüngste auf dem Platz: Der zum Startelf-Debütanten beförderte Tasos Leonidis zeigte immerhin einige mutige Ansätze. Außer ihm standen drei weitere Spieler neu in der Anfangsformation (Otto, Ribeiro, Werner), während ein Lukas Zweigle die aktuelle Kadernominierung als für ihn bedenkliches Signal werten darf: Für den Routinier, in der vergangenen Aufstiegssaison noch der Kapitän, reichte es nicht einmal ins Aufgebot. „Ein Denkzettel aus Leistungsgründen“, wie Tsapakidis sagt.
Konterkariert war die Marschroute, möglichst lang die Null zu halten, schon nach sechs Spielminuten. Nach einem Steckpass des unzureichend attackierten Stefan Wächter hatte dessen Teamkollege Benjamin Kindsvater früh freie Bahn zum 0:1 aus Calcio-Sicht. Nach der Pause dann erhöhten Wächter selbst sowie der eingewechselte Sasa Maksimovic zur Entscheidung (70./87.), beim 0:2 mit einer gewissen Echterdinger Ohnmacht. Was will man bei einem solchen Treffer machen? Ein Traumschuss von der Strafraum-Grenze aus, mit Karacho in den Winkel. Das ist dann halt auch schlicht die individuelle Klasse eines Gegners, dessen Verein und Calcio bis vor nicht allzu langer Zeit noch fünf Spielklassen getrennt haben. Vor neun Jahren waren die einen noch Zweit- und die anderen Landesligist.
„Wir wussten, dass es hier schwierig wird“, sagte Marinovic, nachdem er sein Laufprogramm beendet hatte. Die Punkte müsse man gegen andere holen. Die bange Frage „gegen wen?“ ist dabei im Zuge des positiven Denkens erst einmal in den Hintergrund gestellt. Unter den noch vier verbleibenden Gegnern des Kalenderjahrs befinden sich der Zweite und Erste der Tabelle, Balingen und Großaspach. Und auch die Heimaufgabe am nächsten Sonntag (14.30 Uhr) gegen den FSV Hollenbach ist nicht ohne.
Calcio-„Spieler des Spiels“
Jonathan-Martin Swieter. Um es vorwegzunehmen: Geglänzt hat auf Echterdinger Seite keiner. Swieter verrichtete immerhin einen soliden Job. Als Arbeitsbiene im Mittelfeld verkörperte vor allem er die gewandelten primären Anforderungen: Er rackerte, warf sich in die Zweikämpfe und wartete mit einem großen Laufpensum auf. (Nominierungen: 3)
VfR Aalen: Wick – Rapp, Schaupp, Dembele, Odabas (90.+3 Guerriero), Hannam – Torres Farias, Maier, Wächter (71. Döringer) – Kienle (89. Tabatabai), Kindsvater (22. Kenniche, 87. Maksimovic).
Calcio Leinfelden-Echterdingen: Otto – Paterno, Zagaria, Unger, Ribeiro (75. Peric) – Parharidis – Werner (82. Micko), Daler (75. Djermanovic), Swieter, Leonidis – Kukic (89. Visoka).