Fußball-Regionenliga Frauen Wie eine Spielerin des VfL Herrenberg II auf dem Platz zur Lebensretterin wurde

Nach dem Abschluss ihres Freiwilligen Sozialen Jahres arbeitet Maja Klemme ab Oktober hauptamtlich und in Vollzeit beim Deutschen Roten Kreuz. Foto: DRK

Notfall auf dem Fußballplatz – Herzstillstand bei einer Gegenspielerin. Maja Klemme vom VfL Herrenberg II hilft bei der Wiederbelebung. Gelernt hat sie das im FSJ beim Roten Kreuz.

„An sich ist es ja mein Job“, sagt Maja Klemme bescheiden. Als große Heldin, das stellt sie gleich am Anfang des Gesprächs klar, möchte sie keinesfalls dargestellt werden. Auch wenn es viele sicherlich so sehen – sie tut es nicht. Die Fußballerin vom VfL Herrenberg II als Lebensretterin zu bezeichnen, ist aber nach dem, was am vergangenen Wochenende geschehen ist, im wortwörtlichen Sinne absolut korrekt.

 

Es läuft gerade die zweite Halbzeit auf dem Kunstrasen im Volksbankstadion, als eine Kickerin der Gäste einen Ball auf die Brust bekommt. „Es passiert ja öfter, dass man da erstmal keine Luft kriegt“, weiß Maja Klemme. „Aber dann ist es dahingehend gekippt, dass die Atmung nicht zurückkam.“ In der ersten Aufregung wollen mehrere Leute sofort helfen, was sich bald auf einen kleineren Kreis beschränkt, der weiß, was zu tun ist. „Eine Spielerin vom Gegner arbeitet im Krankenhaus“, erzählt Maja Klemme, „mit ihr zusammen habe ich die Reanimation übernommen.“

Sofort Defibrillator geholt, Herzdruckmassage hätte wohl nicht gereicht

Andere öffnen sofort das Tor für den Notarzt, die Mannschaften ziehen sich zurück, um nicht zu stören, jemand holt umgehend den Defibrillator aus der Kabine. „Es ist so wichtig, dass man den griffbereit hat und auch weiß, wo er zu finden ist. Denn es geht um Minuten, in denen das Herz schnell wieder in den Rhythmus kommen muss“, betont Maja Klemme. Eine Herzdruckmassage, so ihre Einschätzung, hätte in diesem Fall zur Wiederbelebung vermutlich nicht ausgereicht.

Dieses ganze Wissen verdankt sie ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr beim Deutschen Roten Kreuz. Nach dem Abi am Andreae-Gymnasium 2024 absolvierte sie dafür zunächst einen vierwöchigen Rettungshelferkurs. Auf dem Lehrplan standen Notfallmedizin und strukturierte Patientenversorgung. „Man lernt da viel über den menschlichen Körper“, nickt die 19-Jährige. Seither ist sie nahezu täglich mit dem Krankentransportwagen unterwegs, hat inzwischen auch die Qualifikation zum Rettungssanitäter absolviert und den Führerschein für Fahrzeuge über dreieinhalb Tonnen in der Tasche. Ab Oktober arbeitet sie hauptamtlich in Vollzeit beim DRK.

Schon seit dem Grundschulalter auf der Jagd nach dem runden Leder: Fußball ist für Maja Klemme eine tolle Möglichkeit, den Kopf vom Alltag freizubekommen. Foto: privat

Die Reanimation auf dem Fußballplatz war nun – nach unzähligen Übungen an der Puppe während des FSJ – die erste der Kuppingerin an einem Menschen. „Wir haben zunächst geschaut, ob es wirklich nötig ist“, erläutert sie die Vorgehensweise. „Da geht einem schon selbst die Pumpe“, räumt sie ein und fügt hinzu: „Als wir dann voll drin waren, habe ich nicht mehr groß nachgedacht. Da spielt sich ein Algorithmus im Kopf ab, man funktioniert einfach.“

Auch von der Feuerwehr sind schnell Helfer vor Ort, die Sauerstoff zum Beatmen dabei haben. Beim Eintreffen des Rettungswagens geht es bei der Betroffenen zum Glück schon bergauf, Kreislauf und Atmung stabilisieren sich, sie ist ansprechbar. „Trotz der hektischen Situation lief alles irgendwann sehr koordiniert ab. Da haben mehrere Personen einen guten Job gemacht“, berichtet Maja Klemme, die betont, wie wichtig es ist, informiert zu sein.

Notfall? Herzstillstand? Viel beim Deutschen Roten Kreuz gelernt

Wie erkennt man einen Herzstillstand? Was ist im Notfall zu tun? „Ein FSJ ist da nur zu empfehlen“, hofft sie, dass möglichst viele junge Frauen und Männer diesen Weg gehen. „Man sammelt nicht nur Berufs-, sondern auch Lebenserfahrung.“ Vor ihrem Jahr beim Roten Kreuz hatte sie lediglich mal einen Erste-Hilfe-Kurs besucht, kannte von dort die Basics in Sachen Wiederbelebung. „In meiner Zeit beim DRK habe ich dann noch sehr viel Neues gelernt.“

Genau das sei sicherlich mitentscheidend gewesen, dass die 19-Jährige nun so besonnen reagieren konnte. Davon ist sie überzeugt. „Ich wäre ohne das alles sicherlich viel weniger geordnet und mit anderen Gedanken rangegangen.“ Das wiederholte Üben für den Ernstfall habe ihr die nötige Ruhe gegeben. „In dem Moment, als es dazu kam, war ich in meinem Element. Da habe ich das getan, was ich verinnerlicht hatte.“

Lebensretter-App fürs Smartphone

Region der Lebensretter:
In der App „Region der Lebensretter“ können sich alle Menschen registrieren, die Wiederbelebung gelernt haben. Um dies zu tun, benötigen sie den Nachweis über eine Qualifikation.

Ersthelfer:
Wer in der App registriert ist, kann von der Rettungsleitstelle als Ersthelfer alarmiert werden, um schnellstmöglich eine Reanimation einzuleiten. In einigen Fällen sind die registrierten User nämlich möglicherweise schneller zur Stelle als der reguläre Rettungsdienst.

Koordinierung:
Die App trackt in regelmäßigen Abständen die Standorte der angemeldeten Benutzer und weiß dadurch, wer am nächsten am Einsatzort weilt. Über die Leitstelle werden durch sie auch Aufgaben zugeteilt und damit die Ersthelfer vor Ort sinnvoll koordiniert.

Weitere Themen