Der Fußball fasziniert auch in Fellbach und in Kernen: Wir wollen in dieser Serie Akteure vorstellen, die besondere Momente und besondere Erfolge erlebt haben. Heute: Rolf Brazel, 67, der mit der Spvgg Rommelshausen fast in die Verbandsliga aufgestiegen wäre.

Rommelshausen - An das Datum kann sich Rolf Brazel noch ganz genau erinnern. „Das war der 29. Mai 1983“, sagt der einstige Torjäger, ohne auch nur eine Hundertstelsekunde überlegen zu müssen. An jenem Sonntag standen sich die Fußballer der Spvgg Rommelshausen und der TSG Backnang im Saint-Rambert-Stadion gegenüber. Der Zweite der Landesliga, Staffel 1, empfing den Spitzenreiter. Es ging um nichts weniger als um den Aufstieg in die Verbandsliga. Spruchbänder, Omnibusse, Verkehrschaos – mehr als 4000 Zuschauer waren gekommen. Nein, so etwas hatte Rommelshausen noch nicht erlebt. „Das war das absolute Highlight meiner Laufbahn“, sagt Rolf Brazel, ein Urgestein der „Römer“ Fußballer.

 

Den Gästen hätte in diesem echten Endspiel schon ein Unentschieden für den Aufstieg gereicht, die Gastgeber hätten einen Sieg gebraucht. Am Ende stand es 3:0 für die TSG Backnang. „Wir hatten einen schlechten Tag erwischt, die Backnanger waren klar besser“, sagt Rolf Brazel, der in dem Spiel einmal mehr mit Reinhold Reichert als Spielertrainer fungierte, nachdem der Spvgg-Coach Herbert Bährle die Abteilungsleitung übernommen hatte. Rolf Brazel, der im kommenden Monat 68 Jahre alt wird, macht heute noch kein Geheimnis daraus, dass diese Niederlage äußerst bitter war. „Wir wollten unbedingt in die Verbandsliga hoch, das war unser großes Ziel“, sagt er.

Auch Buffy Ettmayer war Trainer der Spvgg Rommelshausen

Auch als Johann („Buffy“) Ettmayer, der Anfang der 1970er Jahre beim VfB Stuttgart gespielt hatte und dort trotz seines Schwergewichtes (85 Kilogramm bei 1,72 Meter Körpergröße) wegen seiner knallharten Schüsse gefürchtet war, bei den „Römern“ von 1984 bis 1987 als Trainer verantwortlich zeichnete, sollte der Sprung nach oben nicht gelingen. Dabei spielte der auch wortgewaltige Österreicher („Der spuilt bloß Mörderpäss’“) immer mal wieder mit – und wenn er 20 Meter vor dem Tor freie Schussbahn hatte, hatten die Tormänner Grund zur Sorge.

Elf Jahre war Rolf Brazel 1964 alt, als er mit seinem Kumpel Wolfgang Puster, der bei besagtem Endspiel als zweiter Torwart auf der Bank saß, das erste Mal ins Fußballtraining marschierte. „Ich habe von Anfang an im Sturm gespielt“, sagt Rolf Brazel. Und dabei hat er so manches Tor erzielt. „Ich hatte einen guten Schuss und war sehr schnell“, sagt er. Nur was die Ballbehandlung anbelangte, hätte es noch viel Luft nach oben gegeben. Klaus Raff und Reinhold Reichert, die seinerzeit auf den Flügeln spielten, versorgten ihn stets mit Flankenbällen. Und mit Klaus Zinser, später auch beim TV Oeffingen und beim SV Fellbach aktiv, hatte er auch einen guten Sturmpartner an seiner Seite.

Rolf Brazels Vorbilder hießen Emmerich, Libuda und Overath

Rolf Brazels Vorbilder waren Lothar Emmerich, Reinhard („Stan“) Libuda (beide spielten in den 1960er Jahren bei Borussia Dortmund) sowie Wolfgang Overath, der 409 Spiele für den 1. FC Köln bestritt und 1974 mit der Nationalmannschaft Weltmeister wurde. Die beiden Erstgenannten hätten eine ähnliche Spielweise wie Rolf Brazel selbst gehabt; Wolfgang Overath sei von seiner Spieltechnik her zu beneiden gewesen. Und obwohl Rolf Brazel viele Jahre eine Dauerkarte beim VfB Stuttgart hatte, Borussia Dortmund und der 1. FC Köln sind bis heute seine Lieblingsvereine geblieben.

Was die Spvgg Rommelshausen zu Rolf Brazels Zeiten ausgezeichnet hat, war „die absolute Kameradschaft“. Deshalb hat der Angreifer den Verein auch nie verlassen, obwohl er in ganz jungen Jahren von der TSG Backnang stark umworben wurde. „Dass ich damals nicht gegangen bin, war vielleicht mein größter fußballerischer Fehler“, sagt er heute. Aber auch mit ihrer Jugendarbeit trumpfte die Spvgg auf. Sie sei der Grundstock für die Aufstiege von der B-Klasse bis hinauf in die Landesliga 1978/1979 gewesen. „In meinem Jahrgang waren wir zu sechst, die in die erste Mannschaft aufrückten“, sagt Rolf Brazel. Vereinszugehörigkeit hatte damals noch einen ganz anderen Stellenwert als heute.

Fußballspiel und Familientreffen am Sonntag

Überhaupt kam so ein sonntäglicher Kick nicht selten einem Familientreffen gleich. Die Spielerfrauen und -freundinnen seien stets dabei gewesen. Es habe ihnen gefallen, die Kinder springen zu lassen und gemeinsam Kaffee zu trinken. „Ich hatte eine wunderschöne Zeit bei der Spvgg“, sagt Rolf Brazel, für den es in seinen besten Jahren sowieso nichts anderes als Fußball gab. Doch irgendwann war auch seine erfolgreiche Zeit („Meine Tore habe ich nie gezählt“) in der ersten Mannschaft vorbei. Nach der Saison 1985/1986 erklärte er seinen Abschied. „Zwei Jahre später habe ich aber wieder regelmäßig ausgeholfen“, sagt der gelernte Maschinenschlosser, der 42 Jahre bei der Firma Bosch und zuletzt bei der Firma Schnaithmann in Remshalden gearbeitet hat.

Später hat er dann noch bei den Senioren sein Können aufblitzen lassen. Erst beim SC Korb und von 1998 an beim TV Stetten, „weil es in ,Rom’ keine gute Mannschaft gab und ich schon noch auf einem guten Niveau spielen wollte“, sagt er. Sein wirklich allerletztes Spiel hat der Vater zweier Töchter und Opa von fünf Enkelkindern 2010 bei einem Jubiläumsspiel mit einer Traditionsmannschaft anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Fußballabteilung des TSV Stuttgart-Münster bestritten. Damals war er 57 Jahre alt. „In dem Spiel habe ich gemerkt, dass meine Koordination nicht mehr ganz dem Fußball entspricht“, sagt er.

Ein weiteres Spiel, das dem Torjäger außer eingangs erwähntem „Endspiel“ in guter Erinnerung geblieben ist, war jenes gegen den VfB Stuttgart bei der Einweihung des Saint-Rambert-Stadions. Zwar mussten sich die „Römer“ mit 2:12 geschlagen geben, Rolf Brazel erzielte aber beide Tore. „Ich habe gleich das 1:0 erzielt. Die Zuschauer standen kopf“, sagt er. An das genaue Datum kann er sich indes nicht mehr erinnern. „War ja auch nicht so wichtig wie das Spiel gegen die TSG Backnang“, sagt er und lacht.