Wenn man das einzige Mädchen in der Familie ist und zwei Brüder hat, bleibt es meist nicht aus, früher oder später mit Fußball konfrontiert zu werden. Nicole Sdunek kann ein Lied davon singen. Damit ihr älterer Bruder im heimischen Garten an seiner Schusstechnik feilen konnte, musste sie ins Tor stehen und den Torwart mimen. Selbst Fußballerin ist die heute 43-Jährige aber deshalb nicht geworden. „Wer seine Jugendzeit in Bittenfeld verbringt, der landet früher oder später bei den Handballern“, sagt die gebürtige Backnangerin und grinst.
Dass es Vorbehalte gab, konnte Nicole Sdunek nachvollziehen
Mittlerweile ist die zweifache Mutter – Tochter Milena ist 24, Sohn Milo wird am Dienstag zwölf Jahre alt – nicht nur beim Handball-Erstligisten TVB Stuttgart über die Maßen engagiert, sondern auch bei den Fußballern des SV Fellbach, deren Abteilung sie seit dem Sommer als Nachfolgerin von Mathias Fischer leitet. Dass es zu Beginn Vorbehalte gab, weil sie vom Hauptsponsor Wohninvest mehr oder weniger ins Amt gehievt wurde und eben keine SVF-Gene hat, „konnte ich absolut verstehen und auch nachvollziehen“. Schließlich komme sie auch aus einem Verein, der wie der SVF sehr traditionelle Strukturen hat. „Die Zeit wird aber zeigen, wer ich wirklich bin“, sagt Nicole Sdunek, die ohnehin nie das Gefühl hatte, dass die Vorbehalte gegen sie persönlich gerichtet waren. Und vielleicht sei es ja nicht Fluch, sondern Segen, sagt sie, dass sie vom Hauptsponsor komme, weil der sie für die Zeit, die sie für die Fellbacher Fußballer aufbringt, teilweise sogar freistellt. „Das ist wirklich ein Luxus“, sagt Nicole Sdunek. Gleichwohl, und das betont sie, trenne sie klar zwischen ihrer Arbeit bei der Wohninvest-Tochter Brainhouse247, einem Co-Working Space, das in Kürze den ersten Standort in Laatzen bei Hannover eröffnet, und dem Engagement als Abteilungsleiterin. Als solche trete sie voll und ganz für die Interessen der Mitglieder ein – zurzeit bis zu zehn Stunden in der Woche.
Sortieren und Priorisieren von Aufgaben
Aktuell ist Nicole Sdunek, die Fan des VfB Stuttgart ist und auch regelmäßig im Stadion vorbeischaut, vor allem mit dem Sortieren und Priorisieren von Aufgaben beschäftigt. Die größte Baustelle, sagt sie, sei der Rasen im Max-Graser-Stadion, über dessen Zustand schon lange geklagt wird. Erste Gespräche mit der Stadt habe sie bereits geführt – und ist guter Dinge, dass sich bald etwas ändern wird. Auch den Raum unterm Stadiondach neben der Spieltagsbewirtung hat sie bereits in Augenschein genommen – und ein Aufpäppeln anberaumt. „Da könnte unter anderem nach jedem Heimspiel eine Pressekonferenz stattfinden“, sagt sie. Gut möglich, dass die erste schon beim nächsten Heimspiel am Freitag, 22. September, gegen den TSV Oberensingen stattfindet. Das ist ein durchaus ambitionierter Zeitplan.
Am 30. Geburtstag heimlich geheiratet
Aber wer Nicole Sdunek, deren Mutter aus Montenegro stammt, schon länger kennt, weiß um ihr Engagement und auch, dass sie immer für eine Überraschung gut ist. Ein kleiner Rückblick: Am 22. Januar 2010 hat sie gemeinsam mit dem damaligen Bittenfelder Torwart Daniel Sdunek (heute Torwarttrainer) Geburtstag gefeiert. Beide kannten sich gerade ein halbes Jahr, beide wurden an diesem Tag 30 Jahre alt. Dass sie am Vormittag auch noch heimlich geheiratet hatten, wollten die Geburtstagsgäste am Abend freilich erst nicht glauben. „War aber so“, sagt Nicole Sdunek und lacht.
Die Heimspiele sollen künftig ein Event sein
Was es beim nächsten SVF-Heimspiel indes auf jeden Fall geben wird, ist eine Aperol-Bar. „Ich möchte aus den Heimspieltagen ein Event machen“, sagt Nicole Sdunek. So wie Mario Marinic, der Trainer der Verbandsliga-Fußballer, aus dem Max-Graser-Stadion eine „Heimspielfestung“ machen möchte.
Zweifellos, sagt die neue Chefin, werde in der Abteilung von einigen Engagierten schon tolle Arbeit geleistet. Aber überall sei noch Luft nach oben da und gebe es Stellschrauben, an denen gedreht werden müsse. „Die Abteilung ist an einem Punkt, an dem Neues bewirkt werden kann“, sagt sie, wohlwissend, dass es auch eine große Aufgabe sei, „da Bewegung reinzubringen.“
Viel Erfahrung bei den Bittenfelder Handballern gesammelt
Ihre eigene Motivation zieht Nicole Sdunek, die vor ihrem beruflichen Wechsel zu Wohninvest im Januar 2022 15 Jahre lang bei einem Maschinenbauunternehmen in Esslingen die Projektleitung für Messen und Events inne hatte, auch aus ihren Erfahrungen mit den Bittenfelder Handballern. „Wenn man gemeinsam etwas anpackt und danach das Resultat sieht, begeistert mich das einfach“, sagt sie. Obendrein, sagt die 43-Jährige, sei das Ehrenamt schon immer wichtig für sie gewesen. Vor allem im Sportverein, dessen Existenz und gutes Funktionieren wichtig für die Gesellschaft, insbesondere aber für die Kinder und Jugendlichen ist. „Freizeit ist inzwischen ein sehr hohes Gut.“
Oliver Hirschmann ist eine große Stütze
Was die Nachwuchsarbeit bei den Fellbacher Fußballern anbelangt, ist die in ihrer Freizeit leidenschaftliche Brettspielerin froh, dass sie in Oliver Hirschmann einen Stellvertreter hat, der die Leute kennt und in der Jugendabteilung als Spielerpapa und Trainer verwurzelt ist. „Ich brauche seinen Rat, er ist mir eine große Stütze“, sagt Nicole Sdunek, die im Übrigen einzige Abteilungsleiterin im Fußballbezirk Rems/Murr ist.
Bereut hat sie ihre Entscheidung, das Amt anzutreten, bislang nicht. Im Gegenteil. „Alle sind lieb zu mir und ich werde mit offenen Armen auf dem Fußballplatz empfangen.“