Teenager im Tor: während früher bei den Fußball-Schlussmännern Erfahrung zählte, sind jetzt schon 16-Jährige Stammkeeper – wie Gianluigi Donnarumma beim AC Mailand oder Alban Lafont beim FC Toulouse.

Mailand - Seiner Zeit war Gianluigi Donnarumma schon immer voraus. Überliefert ist vom Torwart aus der Hafenstadt Castellammare di Stabia am Golf von Neapel ja die schöne Geschichte, dass einst seine Mutter ständig die Geburtsurkunde mit zu den Jugendspielen schleppte, um die Gegner davon zu überzeugen, dass ihr Sprössling wirklich nicht zu alt sei. Donnarumma bewegte sich halt nie im Normbereich, was Wuchs und Entwicklung anging.

 

Irgendwie logisch, dass dieser Jungspund, obwohl noch lange nicht volljährig, nun bereits das Tor des ruhmreichen AC Mailand hütet. Sein Debüt feierte der 1,97 Meter große Schlussmann mit dem Milchbart vor zwei Monaten. Mit 16 Jahren und 242 Tagen. Nie gab es einen jüngeren Torwart in Italiens höchster Spielklasse.

Leistung zählt, nicht das Alter

„Mit 16 Jahren ganz oben mitzuspielen ist schon eine Ausnahme, die aber wiederum einmal mehr die enorme Entwicklung in der Torwartausbildung zeigt“, sagt Klaus Thomforde, der Torwarttrainer der deutschen U 21. „Alle Trainingsinhalte haben sich alterstechnisch noch einmal nach vorne geschoben.“ Die frühere Weisheit, dass die Nummer eins reifen müsse wie guter Wein, ist längst außer Kraft gesetzt.

„Ich schaue auf die Leistung, nicht auf das Alter“, erklärte Milans Trainer Sinisa Mihajlovic seine spektakuläre Personalentscheidung, als der Spanier Diego Lopez (34) über andauernde Kniebeschwerden klagte. Anstatt den Alttorwart Christian Abbiati (38) zu reaktivieren, setzte der Coach lieber auf Donnarumma. Der Tormann, der in Anlehnung an seinen Jahrgang die 99 auf dem Rücken trägt, hat seinen Job zuletzt mit erstaunlicher Gelassenheit erledigt. „Er könnte unser Torwart für die nächsten 20 Jahre sein“, sagt der Linksverteidiger Luca Antonelli.

Gianluigi Buffon dient als Vorbild

Donnarummas Vorbild ist passenderweise Gianluigi Buffon (37), die Institution unter Italiens Ballfängern. Längst wird darüber spekuliert, ob der Nachwuchsmann direkt die alterslos erscheinende Legende bei der Squadra Azzurra beerben könnte. Der viermalige Welttorhüter debütierte als 19-Jähriger in der Nationalmannschaft – was damals als Weltsensation galt.

Mittlerweile braucht es ein deutlich jüngeres Alter, um für Aufsehen zu sorgen. So wie im Falle von Alban Lafont, der sich analog zu Donnarumma in der französischen Ligue 1 beim FC Toulouse einen Stammplatz eroberte. Anfang Dezember wurde das in Burkina Faso geborene Talent mit 16 Jahren, zehn Monaten und fünf Tagen zur neuen Nummer eins ernannt – und gewann gleich zweimal zu Null.

Die Torwart-Jugendwelle hat auch Deutschland erfasst, wo beim Drittliga-Spitzenreiter Dynamo Dresden der Novize Markus Schubert neue Bestmarken brach: Mit seinen 17 Jahren, fünf Monaten und 16 Tagen löste er den bisherigen Rekordhalter Bernd Leno (damals VfB, jetzt Bayer Leverkusen) als jüngsten Torhüter dieser Spielklasse ab. Der Verjüngungsprozess werde weitergehen, glaubt Thomforde, weil in den Nachwuchsleistungszentren noch strukturierter gearbeitet werde: „Was vor fünf, sechs Jahren im U-16-Bereich noch mit Mängeln behaftet war, machen die U-14- oder U-15-Torhüter heute viel besser.“

Gleichwohl warnt Thomforde auch vor Gefahren der Überforderung. „Die Torhüterposition bringt viel Verantwortung mit sich. Deshalb muss man sich auch die Frage stellen: Hat der Junge schon die gefestigte Persönlichkeit, um auch mit Misserfolgen umgehen zu können?“ Diesen Beweis müssen die neuen Hoffnungsträger zwischen den Pfosten tatsächlich erst noch erbringen.